Bochum. Still und heimlich war Volkswagen-Chef Herbert Diess im Ruhrgebiet. In Bochum hat er die VW-Tochter Infotainment besucht – und war beeindruckt.
Wenn der Chef kommt, dann wird sich fein gemacht und noch mal Staub gewischt. Das war auch vor einigen Tagen so auf dem Campus der Ruhr-Uni Bochum. Herbert Diess, Vorstands-Chef von VW, war zu Besuch bei Volkswagen Infotainment (VWIF), einer der Softwareschmieden des weltgrößten Autokonzerns.
Ingenieure stellen dem VW-Boss ihre Projekte vor
„Natürlich waren wir alle ein bisschen aufgeregt“, gesteht VWIF-Geschäftsführer Tobias Nadjib. Den ersten Impuls, den Konzern-Boss und weitere Vorstandsmitglieder der VWIF-Muttergesellschaft Cariad mit Powerpoint-Präsentationen zur rasanten Entwicklung des Tochterunternehmens zu beeindrucken, habe der Gastgeber aber schnell vergessen. „Unsere Ingenieure haben stattdessen vorgestellt, woran sie arbeiten und daraus haben sich lebhafte und inspirierende Diskussionen entwickelt“, so Nadjib.
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Konzern-Chef Diess lobt Bochumer Belegschaft
Der Gast, Diplom-Ingenieur und seit April 2018 Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, zeigte sich beeindruckt von der mittlerweile 800-köpfigen Belegschaft, an deren Spitze der frühere BlackBerry-Bochum-Chef Bernhard Krausse als Technischer Geschäftsführer und Tobias Nadjib als Kaufmännischer Geschäftsführer stehen.
„Das Team hat auf mich einen sehr kompetenten und engagierten Eindruck gemacht. Die Erfahrungen in der Telekommunikation zuerst bei Nokia und dann bei Blackberry, ergänzt durch Software-und Elektronik-Kenntnisse rund um das Auto und viele junge Talente aus den umliegenden Universitäten, das ist ein sehr wettbewerbsfähiger Mix“, so Diess nach seinem ansonsten verschwiegenen Besuch an der Universitätsstraße. Keine Presse, keine Aufmerksamkeit. Ein Arbeitstreffen in der VW-Welt außerhalb von Wolfsburg.
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VWIF will seine Start-up-Mentalität beibehalten
Ablesbar ist die positive Entwicklung von Volkswagen Infotainment auch an den wirtschaftlichen Rahmendaten. Das Unternehmen hatte 2019 einen Jahresumsatz von 108,1 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg um 25,4 Prozent. Etwa 550 Mitarbeiter waren zu diesem Zeitpunkt für VWIF tätig, mittlerweile liegt die Beschäftigtenzahl über 800. Ein Grund, warum demnächst der Bau einer große Firmenzentrale auf Mark 51/7 beginnt. Der Umzug ist für Anfang 2024 vorgesehen.
So sehr das Unternehmen in Zukunft auch weiter wachsen mag. „Für uns ist es sehr wichtig, uns trotz der Zugehörigkeit zu einem Konzern die Identität eines Start-Ups zu erhalten“, heißt es bei der VW-Tochter. Anpassungsfähigkeit, Geschwindigkeit und eine ausgeprägte Zielorientierung seien unerlässlich, um in der IT-Branche zu bestehen. Bei einem Auto benötigen Hersteller etwa vier Jahre von der Ideengebung bis zur Produktionsreife. Bei einer Software ist in dieser Zeit schon mindestens das erste Update fällig.