Bochum. Von 2023 an fährt die Bahn direkt von Bochum nach Haltern am See. Stündlich. Jahrzehntelang hatten Städte, Parteien und Bürger darum gekämpft.
Jahrzehntelang war sie ein Thema, jetzt wird sie auch wirklich umgesetzt: die direkte Bahnverbindung von Bochum über Recklinghausen bis nach Haltern am See. Anfang 2023 soll der Regionalexpress, der möglicherweise die Ziffer 41 erhält, den Betrieb stündlichen aufnehmen.
Land stellt zusätzlich 20 Millionen Euro zur Verfügung
„Wir sind natürlich hocherfreut über diese Nachricht“, sagt Lothar Ebbers von Pro Bahn NRW. Allerdings sei vorerst nur die erste Hürde genommen: „nämlich die der Finanzierung“, so der Sprecher des Fahrgastverbandes. 20 Millionen Euro zusätzlich stellt das Land NRW den drei Verkehrsverbünden künftig jährlich zur Verfügung. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) will dafür u.a. die von vielen Seiten lange geforderte Direktverbindung zwischen Bochum und Haltern am See realisieren. Und weil es schnell gehen soll, wird dafür ausschließlich die schon zur Verfügung stehende Infrastruktur genutzt. Müsste noch etwas gebaut werden, „würden noch Jahre ins Land gehen“, so der Verbandssprecher. Das Bestellentgeld für die Strecke beinhalte die Trassenmiete, ein Anteil an der Instandhaltung der Infrastruktur und eine Gewinnmarge des Betreibers.
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Wer die Linie betreiben wird, ist noch ungeklärt. Dem Vernehmen nach war ursprünglich Abellio dafür ins Auge gefasst, zumal das Privatunternehmen auf einem Teil der Route den RE 46 betreibt. Angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage von Abellio könnte es aber wohl auf einen anderen Betreiber hinauslaufen. Ob dieser europaweit gesucht werden muss oder nicht, wird u.a. darüber entscheiden, wie lange die Umsetzung jetzt noch dauert.
Zwei Streckenabschnitte sind eingleisig
Immerhin: „Fahrzeuge und Wagen für die Strecke stehen bereit“, weiß Pro Bahn-Sprecher Ebbers. Dennoch könne die Linie nicht schon im kommenden Jahr bedient werden. Denn: „Gerade laufen die Feinabstimmungen für den Fahrplan 2022. Vor 2023 wird das nichts.“ Und auch dann könne es zu Beginn noch zu Einschränkungen kommen, die durch Ausweichverbindungen des Fernverkehrs durch den Umbau des Hauptbahnhofs Dortmund verursacht werden.
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Alternative zum Auto
Knapp 9300 Personen pendeln täglich von Bochum nach Recklinghausen, so die Angaben des Pendleratlas’. Gut 3500 Personen kommen jeden Tag aus Recklinghausen nach Bochum.
Für Pendler wäre eine direkte Zugverbindung von Haltern am See nach Bochum eine willkommene Alternative zum Auto. Wegen des sechsspurigen Ausbaus der A43 wird es auf dem Abschnitt zunächst zwischen Recklinghausen-Hochlarmark und Bochum-Riemke und später dann auch bis zum Autobahnkreuz Bochum zu großen Verkehrsbehinderungen kommen.
Insgesamt 21 Brückenbauwerke müssen auf dem ersten Abschnitt abgerissen und neu gebaut werden, die meisten davon auf den 4,2 Kilometern, die der Ausbauabschnitt auf der A43. Straßen.NRW baut aber auch Teile der A42 rund um das Herner Kreuz aus und das Kreuz selbst um. Bis 2030 werden die Arbeiten alleine im Bereich Herne voraussichtlich dauern.
Ohnehin ist die Fahrplangestaltung nicht ganz einfach. Denn: Auf zwei eingleisigen Streckenabschnitten muss sich der neue Regionalexpress den einzigen Schienenstrang teilen: mit der Abellio-Bahn auf dem Bochumer Stadtgebiet und mit dem Güterverkehr im Bereich Recklinghausen/Herne.
19 Minuten von Bochum nach Recklinghausen
Geplant ist folgende Route: Von Bochum Hauptbahnhof über Bochum West geht es ohne Halt über Hofstede und Riemke in Richtung Herne und dann von Herne-Rottbruch auf einem eingleisigen, von Güterzügen befahrenen Abschnitt nach Recklinghausen-Süd, zum Hauptbahnhof Recklinghausen und schließlich nach Haltern am See. Erst dort kann der Zug – anders als am Hauptbahnhof Recklinghausen – über ein Parallelgleis im Bahnhofsbereich wieder zurückfahren. „Man könnte sagen das ist die A 43 auf Schienen“, sagt Pro-Bahn-Sprecher Lothar Ebbers. Über weite Strecken fährt der Zug parallel zur Autobahn.
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Dass es eine große Nachfrage nach dieser direkten Verbindung gibt, steht nicht nur für den Fahrgastverband außer Frage. Sie sei nicht nur eine deutlich schnellere Alternative zu bestehenden ÖPNV-Angeboten wie der Abellio-Bahn, die einen Umsteige-Halt in Wanne-Eickel hat, und zur S 20/U 35-Verbindung, „sondern auch eine echte Alternative zum Auto“. 19 Minuten soll die Fahrt zwischen Bochum und Recklinghausen dauern, so eine Untersuchung des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) aus dem Jahr 2019.
CDU möchte Fortsetzung der Linie bis nach Witten
Auch Bochums CDU-Verkehrspolitiker Dirk Schmidt ist hocherfreut über die Nachricht. Weitere Details werde der VRR am 23. September im Ausschuss für Innovation und Finanzen vorstellen. Dann möchten er und seine Kollegen in der CDU-Fraktion des VRR auch Auskunft darüber haben, warum die Verbindung nicht sogar bis nach Witten fortgesetzt wird. „Das wird zunächst einmal nicht passieren“, so VRR-Sprecher Dino Niemann auf Anfrage der WAZ.
Die CDU-Fraktion im VRR verweist, so Schmidt, auf eine Forderung des RVR-Ruhrparlaments aus dem Vorjahr nach einer Bahnverbindung von Witten über Bochum nach Recklinghausen. Teile der Strecke werden derzeit nur für den Güterverkehr genutzt. „Nach Auffassung von Experten ließe sich die Strecke kostengünstig für den Personenverkehr reaktivieren“, so Frank Heidenreich, CDU-Fraktionschef im VRR.