Besser nicht fahren als unzuverlässig fahren. So die Überlegung der Verkehrsverbünde, die gerade mit Bahnfirmen verhandeln. Um welche Linien es geht.

Im Land fehlen rund 300 Lokführer, jede zehnte Stelle ist unbesetzt. Die Folgen bekommen die Bahnkunden an Rhein und Ruhr jeden Tag zu spüren. „Wegen kurzfristigem Personalmangel“ fallen viele Züge ebenso unvermittelt aus. Das soll sich jetzt ändern. Künftig fallen die Züge langfristig aus. Will sagen: Die drei Verkehrsverbünde im Land verhandeln mit den Nahverkehrsanbietern über einen ausgedünnten, aber verlässlicheren Fahrplan.

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Denn spontane Zugausfälle sind für alle ein Gräuel: Für Menschen, die eigentlich pünktlich von A nach B wollen, aber auch für die Firmen, die die Züge anbieten. Sie müssen für nicht gefahrene Züge eine Strafe zahlen. Diese soll nach NRZ-Informationen drastisch erhöht werden. Dafür aber wird im Vorfeld der Fahrplan so ausgedünnt, damit was dann noch übrig ist, tatsächlich gefahren werden kann.

Weniger ist mehr? Die RE-Linie 49 Wesel-Oberhausen-Essen-Wuppertal gehört traditionell zu den ausfallträchtigsten im Land. Wird sie in zwei Wochen vorerst komplett gestrichen?
Weniger ist mehr? Die RE-Linie 49 Wesel-Oberhausen-Essen-Wuppertal gehört traditionell zu den ausfallträchtigsten im Land. Wird sie in zwei Wochen vorerst komplett gestrichen? © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Welche Linien werden gestrichen? Das ist noch nicht endgültig entschieden. Als vergleichsweise sicher gilt der Verzicht auf zwei Linien, die ohnehin eher pro forma noch im Fahrplan stehen: Die RRX-Linie 11 zwischen Düsseldorf und Kassel fährt schon seit rund einem Jahr fast nur noch den Streckenteil Hamm-Kassel. National-Express hat bereits angekündigt, dass es beim abgespeckten Fahrplan mindestens bis zum Sommer 2025 bleibt. Gleiches gilt für einige Fahrten der Linie RE 4 zwischen Mönchengladbach und Düsseldorf. Beim RE7 (Rheine-Münster-Hamm-Wuppertal-Köln-Neuss-Krefeld) streicht man sämtliche Nachtfahrten. Die Züge bleiben zwischen 21 und 5 Uhr in den Depots.

Auf der Hauptachse des Ruhrgebietes zwischen Dortmund und Düsseldorf müssen es dann die beiden Linien RRX 1 und 6 richten. Wobei bei der Linie RE6 auch eine Verkürzung erwogen wird: Der Flughafen Köln/Bonn soll möglicherweise ebenfalls nicht mehr angefahren werden.

Streichkandidaten RE 11, S 28, S 68 und noch ein paar

Im Bereich des VRR gibt es im S-Bahn weitere Streichkandidaten: Zum einen die ebenfalls eher nur noch theoretisch fahrende S68 von Langenfeld über Düsseldorf nach Wuppertal-Vohwinkel. Auf der Linie S3 (Oberhausen-Mülheim-Essen-Hattingen) soll es zum Stundentakt kommen. Bei der S28 wird man, so ist zu hören, wegen Personal und Fahrzeugmangel, den erst vor wenigen Jahren wiedereröffneten Streckenteil Mettmann-Wuppertal streichen. Ebenso stehen die RE-Züge Solingen-Düsseldorf auch offiziell zur Disposition. Gefahren wird die im Fahrplan stehende Verbindung ohnehin schon seit Monaten nicht mehr.

wackelkandidat: Die RB 36 ist zwischen Oberhausen und Duisburg-Ruhrort unterwegs. Noch.
wackelkandidat: Die RB 36 ist zwischen Oberhausen und Duisburg-Ruhrort unterwegs. Noch. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Auch der Zugverkehr der RB36 zwischen Oberhausen und Duisburg-Ruhrort steht auf der Kippe. Gleiches gilt für die ebenfalls noch recht junge Linie RE 44 (Bottrop-Oberhausen-Duisburg-Moers). Ebenso ist zu befürchten, dass es der ausfallträchtigsten Linie RE49 Wesel-Oberhausen-Essen-Wuppertal an den Kragen geht.

Ebenso könnten die Zusatzzüge des RE42 zwischen Essen und Münster wegfallen. Hier hatte DB-Regio bereits Anfang November „kurzfristige Krankheitsfälle“ ab dem 28. Dezember angekündigt. Mittlerweile ist die Formulierung geändert worden, gleichwohl bleiben die Verbindungen gestrichen. Die endgültige Streichliste soll in wenigen Tagen in den Gremien der Verkehrsverbünde verabschiedet werden und dann bereits zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember wirksam werden.

Die drei Verkehrsverbünde (Nahverkehr Westfalen Lippe, Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, Go.Rheinland) wollen festschreiben, dass das so eingesparte Geld massiv in die Ausbildung investiert wird in der Hoffnung, dann in zwei Jahren, womöglich auch schon im nächsten Jahr, wieder ausreichend Personal für die Züge zur Verfügung zu haben. Denn der Verzicht auf Nahverkehrslinien ist mittelfristig zumindest auf Hauptstrecken durchaus riskant: Die so frei gewordenen Zeittrassen könnten Begehrlichkeiten beispielsweise bei privaten Fernverkehrsanbietern wie Flixtrain wecken.

Personallücken auch bei der Eurobahn und Vias

Wegen massiver Personallücken bei der Eurobahn gibt es schon seit April in Ostwestfalen auf vielen Linien ein ausgedünntes Angebot. Im Rheinland kämpft die S-Bahn Köln genauso mit Personalknappheit wie National-Express. Auch Vias Rail am Niederrhein hatte vor allem bei der Verbindung in die Niederlande mit dem RE 19 Düsseldorf-Wesel-Arnheim immer wieder mit Ausfällen zu kämpfen.

Die S3 bei Mülheim-Styrum: Die Züge sollen zwischen Oberhausen, Essen und Hattingen ab Mitte Dezember einen Stundentakt anbieten. Bislang fährt die Bahn alle 30 Minuten.
Die S3 bei Mülheim-Styrum: Die Züge sollen zwischen Oberhausen, Essen und Hattingen ab Mitte Dezember einen Stundentakt anbieten. Bislang fährt die Bahn alle 30 Minuten. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Gleichwohl kommt es zum Fahrplanwechsel hie und da zu Verbesserungen im Detail: Auf der Linie RE10 (Rhein-Niers-Express Düsseldorf-Krefeld-Kleve) wird der Halbstundentakt montags bis freitags um eine Stunde verlängert. Samstags wird auf der Linie RB 31 zwischen Moers und Duisburg drei Stunden länger ein Halb-Stunden-Takt angeboten (bis 19.43 Uhr). Auf der Linie Oberhausen-Gelsenkirchen-Dortmund wird rund um die Uhr gefahren mit den Linien RB32 und S2, wobei es nachts auch zu Umstiegen in Gelsenkirchen kommt.