An Rhein und Ruhr. Im RRX-Netz ruckelt es gewaltig. Personalmangel führt jetzt erstmals zum Stopp weitgehenden Stopp einer Linie. Die Gründe.
Jetzt hat sich auch NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) in die vorläufige Einstellung einer RRX-Linie eingeschaltet: „Die Entscheidung ist ein Unding, und ich kann den Frust der Fahrgäste verstehen.“, sagte er der NRZ. Er gehe davon aus, dass die betroffenen Verkehrsverbünde mit National Express klären, wie sich die Auswirkungen des Personalmangels reduzieren lassen.
Trotz knappen Personals geht der VRR ab Januar mit zwei neuen Linien an den Start. Darunter Deutschlands einzige Streckenneueröffnung: Die Linie RE 41 von Bochum nach Recklinghausen startet. Und der RB 37 sorgt zwischen Krefeld und Neuss mit dem RE 7 für einen Halbstundentakt. Hier wird der Bahndienstleister TRI, sonst eher für Fußballsonderzüge gefragt, ältere Züge fahren. Er hat in der Vergangenheit nach der Pleite des Verkehrsunternehmens Abellio schon einmal Notverkehr in der Regionübernommen.
Angesichts dieser Entwicklungen mag es viele überraschen, aber Züge fahren in Deutschland eigentlich nach einem Fahrplan, ungeachtet der Realität an der Bahnsteigkante. Was neu ist: Bereits jetzt ist klar, dass der ab Sonntag geltende Plan vor allem im Rheinland schlicht nicht umgesetzt wird: Zwischen Essen und Düsseldorf fällt eine RRX-Linie wegen Personalmangels womöglich bis Mai aus. Der RE 2, der zumindest zwischen Essen und Düsseldorf für ein wenig Entlastung sorgen könnte, fehlt bis Ende April. Die Folge für Bahnkunden: Zwischen Essen und Duisburg halbiert sich bei den schnellen Regionalzügen die Sitzplatzkapazität über Monate.
Die neueste Hiobsbotschaft kommt ausgerechnet von jenem Unternehmen, das seit 2019 Zug um Zug für alle RRX-Linien im VRR verantwortlich zeichnet: National-Express. Ab dem 10. Dezember, so hatten sich die Nahverkehrsplaner das ausgemalt, wird als weitere Ausweitung des RRX-Projektes die Linie RE 11 von Düsseldorf über Duisburg, Essen und Dortmund nach Hamm im Stundentakt bis Kassel weitergeführt. Bis nach Hessen fuhr bislang nur etwa jeder zweite Zug.
Kein RE 11 zwischen Düsseldorf und Hamm
Nun verkündet Zugbetreiber National-Express: Daraus wird nichts. Stundentakt gibt es nur zwischen Hamm und Kassel, Ruhrgebiet und Rheinland schauen in die Röhre. Die Begründung: Es fehlt Personal. „Wir wollen vermeiden, dass unsere Fahrgäste morgens von einem Zugausfall überrascht werden. Mit dem vorgestellten Betriebskonzept gewinnen wir nun Spielraum, um kurzfristige Krankmeldungen besser auffangen zu können“, so Geschäftsführer Jan Reinicke.
Kein Fernverkehr zwischen Essen und Dortmund
National-Express begründet den Wegfall auf der Linie RE11 von Hamm über Essen und Duisburg nach Düsseldorf auch mit einer Baustelle zwischen Essen und Dortmund, die das Fahren dort eh unmöglich machen würde. Die Bahn hat auf Nachfrage bestätigt: Ab dem 5. Januar bis zum 23. Februar wird auf den Ferngleisen umfassend gebaut. Wie es danach weitergeht, ist offen.
Während man beim Verkehrsverbund Westfalen-Lippe schon von einem Ausfall bis Mai spricht, ist der hiesige VRR „in enger Abstimmung mit NX, um das Angebot zumindest punktuell kurzfristig nachfragegerechter anzupassen.“ Aus Kreisen des VRR war zu hören, dass mit dem Verkehrsunternehmen überlegt wird, wie das RRX-Netz mit weniger Personal, aber geringeren Auswirkungen für die Fahrgäste gefahren werden kann.
Ein Gedankenspiel: Den RE 11 zu Hauptverkehrszeiten auf der gesamten Strecke Düsseldorf-Essen-Hamm-Kassel fahren zu lassen, dafür aber im Nachtverkehr das Angebot bei RE 1 und RE 11 zwischen Düsseldorf und Hamm zurückzufahren, wo beide Linien ungefähr in halbstündigem Abstand verkehren.
Die Rückfahrt zum regulären Fahrplan verzögert sich auf unbestimmte Zeit, um im Bahnjargon zu bleiben: „Derzeit ist nicht ausgeschlossen, dass uns der RE11 Ausfall – oder eventuelle Alternativen – längere Zeit und bis auf Weiteres beschäftigen werden. Ein klares Ende ist aktuell nicht benannt“, so der VRR. Ähnlich ausweichend gibt sich der Betreiber National Express: Man behalte sich vor, „je nach Personalsituation, die Maßnahme zu verlängern“.
Was die geplante Baustelle zwischen Essen und Dortmund angeht: „Es wird weiter möglich sein, von Essen nach Bochum und Dortmund zu kommen“, versicherte eine Bahnsprecherin auf Nachfrage. Wie so oft werden die Linien von Essen Richtung Hagen und Sauerland in Bochum oder Witten enden. Die Details zum Notfahrplan und zu den Umleitungen würden „in den nächsten Wochen“ kommuniziert.
Zur Entschuldigung der Bahn sei gesagt: Für zumindest zwei Baustellen mit größeren Auswirkungen kann sie wenig: Es ist der sechsspurige Ausbau der A43, der neue Brücken und die damit verbundene Streckensperrung erforderlich macht und zu Einschränkungen auf der Route Essen - Münster führt.Auch bei einer weiteren großen Sperrung ist die Bahn unschuldig: In den Osterferien 2024 vom 23. März bis zum 7. April wird der zweite Teil der Autobahnbrücke im Kreuz Kaiserberg abgerissen.
Keine Züge zwischen Duisburg, Oberhausen, Essen
Die Folgen sind vom Oktober 2023 bekannt: Nichts geht mehr von Duisburg nord- und ostwärts Richtung Oberhausen, Mülheim und Essen. In den Sommerferien 2024 wird dann die neue Brücke eingebaut. Wann die Bahn deswegen gesperrt ist, ist noch offen.
Im Nachklang der Sperrung hatte sich derVRR im Nachklang darüber beklagt, dass die Bahn nicht genügend Kapazitäten für Ausweichstrecken freigegeben hatte. Man darf gespannt sein, ob es dieses Mal besser wird und beispielsweise eine RRX-Linie über Kettwig umgeleitet wird. Dass dies entgegen anders lautenden Angaben möglich ist, hatte sich vor zwei Wochen bei einer Baustelle zwischen Duisburg und Düsseldorf gezeigt. Derlei Umleitungen über alternative Bahnstrecken hat jetzt der VRR mit einer Resolution zum desolaten Baustellenmanagement der Bahn gefordert.
Keine Züge am rechten Niederrhein
Über zwei Wochen ohne Zugbetrieb können die Menschen am rechten Niederrhein zwischen Oberhausen und Emmerich künftig nur milde lächeln: Hier stehen für das kommende Fahrplanjahr Vollsperrungen vom 6. bis zum 19. Januar an sowie vom 14. Mai bis zum 14. Juni, ehe dann ab November 2024 satte anderthalb Jahre mit maximal eingleisigem Notverkehr drohen.
Wo bleibt das Positive? Hier kommt es: und befährt ein paar lange nicht genutzte Kilometer rings um Herne. Gut, nicht wie geplant am 10. Dezember, sondern mit vier Wochen Verspätung. Weil: es wird gebaut. Aber am 7. Januar soll es dann wirklich losgehen. Jedenfalls laut Fahrplan.