Gelsenkirchen-Altstadt. Wer glaubt, die Zahl der Straftaten ist während der Corona-Krise überall zurückgegangen, täuscht sich. Beispiel: Der Gelsenkirchener Hauptbahnhof.
Die Pandemiejahre waren zweifelsfrei außergewöhnlich: Geschäfte mussten zwangsweise schließen, Massenveranstaltungen waren nicht erlaubt und viele Menschen verbrachten mehr Zeit in ihren eigenen vier Wänden als gewöhnlich - und es ihnen lieb war. Das historisch niedrige Straftatenaufkommen im Jahr 2021 war also auch eine Folge von Corona. 2022 wurden in Gelsenkirchen wieder deutlich mehr Straftaten dokumentiert laut Kriminalstatistik.
Zumindest für die Landespolizei trifft diese Aussage zu – bei der Bundespolizei geben die Fallzahlen aus 2020 und 2021 eine ganz andere Entwicklung wieder.
Straftaten am Gelsenkirchener Hauptbahnhof: Steigerung um 138 Prozent
Insgesamt verzeichnete die Bundespolizei im Jahr 2020 in ihrem Zuständigkeitsbereich der Stadt Gelsenkirchen 330 Straftaten. Im Folgejahr 2021 sind 784 Straftaten registriert worden. Das ist eine Zunahme um 138 Prozent. Für 2022 erwartet die Bundespolizei eine weitere Steigerung, grob gerechnet „um etwa ein Drittel“, wie Sprecherin Anne Rohde sagt.
Dazu muss man wissen: Das Bundesinnenministerium gibt die Kriminalitätsstatistik der Bundespolizei für das Jahr 2022 erst im Herbst dieses Jahres heraus, also rund ein halbes Jahr später als die Landespolizei. Diesen Rhythmus gibt es seit langem. Und: In den vergangenen Jahren waren gar keine Daten für den Standort Hauptbahnhof Gelsenkirchen zu bekommen. Anfragen liefen ins Leere, egal wer gerade im Chefsessel des Ministeriums gesessen hat oder noch sitzt – Horst Seehofer (2018-2021, CSU) oder Nancy Faeser (seit 2021, SPD).
400 Drogen-Straftaten am Gelsenkirchener Hauptbahnhof – Zunahme um 420 Prozent
Auffällig in der Statistik ist die hohe Zahl (400) der Drogendelikte, die die Bundespolizei in Gelsenkirchen registriert hat. Demnach ist der Hauptbahnhof ein Drehkreuz für jene, die Rauschmittel verkaufen oder kaufen sowie konsumieren und den Bahnhof nutzen, um einen Dealer zu erreichen oder wieder nach Hause zu kommen.
Ins Auge fallen auch die Waffenverstöße (19) und Angriffe auf Vollzugsbeamte (20). Mehrfach ist in den vergangenen Jahren am Gelsenkirchener Hauptbahnhof eine sogenannte Waffenverbotszone eingerichtet worden, die es den Bundesbeamten erlaubt hat, eingehendere Kontrollen der Pendlerströme vorzunehmen. Vor allem junge Männer standen dabei im Fokus. Die Zahlen gehen auch auf diese Kontrollaktionen zurück.
Nach Jahren der Mangelverwaltung in Gelsenkirchen – teilweise war die Wache der Bundespolizei mangels Personal unbesetzt – sind die Kapazitäten an Einsatzkräften aufgestockt worden, damit hat sich auch die polizeiliche Präsenz im Hauptbahnhof erhöht. Einhergehend mit dem wiedererstarkten Reiseverkehr nach der Corona-Pandemie war das zusätzlich noch „maßgebend für den Anstieg der festgestellten Straftaten“, erklärt Anne Rohde.