Oberhausen. Das Lehrer-Ausbildungszentrum muss bis Oktober die alten Räume verlassen, doch die neuen an der Marktstraße sind längst nicht fertig.

Eigentlich sollten an der Oberhausener Marktstraße schon seit fast einem Jahr Referendarinnen und Referendare auf den Schuldienst vorbereitet werden. Doch die neuen Räume des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung sehen noch alles andere als bezugsfertig aus. Und langsam wird es eng. Denn Ende September 2023 läuft der Mietvertrag für das bisherige Gebäude aus. Dann müssen die 300 Auszubildenden und 80 Fachkräfte dort ausziehen.

In NRW gibt es 33 Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL). Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer werden dort in Seminaren auf ihre Arbeit in der Schule vorbereitet. Das Oberhausener ZfsL bildet für die Schulformen Gymnasium/Gesamtschule sowie Sekundarstufe I aus. Bislang befindet sich das Zentrum „in der Peripherie“, wie Leiterin Simone-Tatjana Stehr es nennt, auf dem ehemaligen Babcock-Gelände an der Duisburger Straße. Was wohl auch der Grund ist, dass viele gar nicht wissen, dass es existiert, so der Eindruck Stehrs, die auch CDU-Ratsfraktionschefin ist. Das soll sich mit dem Umzug in die Oberhausener Innenstadt ändern.

ZfsL in Oberhausen: Umzugstermin zum fünften Mal verschoben

Dazu wird die Immobilie an der Marktstraße 51 bis 55 aufwendig und klimagerecht von Eigentümer Stephan Heine umgebaut. Doch der Umzugstermin wurde nun schon zum fünften Mal verschoben. Heine berichtet von vielen Unwägbarkeiten beim Bau. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Krise im Bauhandwerk, Lieferschwierigkeiten, Kostensteigerungen wegen der Inflation und Probleme mit der Statik – all das habe dazu geführt, dass sich der Umbau immer weiter verzögert hat. „Wir hätten eigentlich vor einem Jahr fertig sein sollen“, sagt Heine.

Beim CDU-Sommerprogramm führten ZfsL-Leiterin Simone-Tatjana Stehr (3. v. r.) und der Eigentümer der Immobilie Stephan Heine (4. v. r.) über die Baustelle. Hier: der Innenhof des zukünftigen Ausbildungszentrums.
Beim CDU-Sommerprogramm führten ZfsL-Leiterin Simone-Tatjana Stehr (3. v. r.) und der Eigentümer der Immobilie Stephan Heine (4. v. r.) über die Baustelle. Hier: der Innenhof des zukünftigen Ausbildungszentrums. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Der nächste Einzugstermin ist nun für September oder Oktober 2023 angesetzt. Ein Besuch der Baustelle lässt daran erhebliche Zweifel aufkommen. Das Gebäude sieht ähnlich aus wie noch vor einem halben Jahr. Es ist komplett eingerüstet. Wasser tropft von der Decke und hinterlässt Pfützen auf dem matschigen Boden. Kabel hängen von der Decke. Holzteile und Schutt liegen herum und dort, wo es nicht nass ist, ist es staubig. „Wie wollen Sie das bis Oktober schaffen?“, fragt eine Besucherin der Baustellenbesichtigung mit der CDU Oberhausen. „Es ist sportlich“, gibt auch Stephan Heine zu.

Leiterin: Es geht voran auf der Baustelle

Doch dass in den vergangenen Monaten nichts passiert ist, das sei nicht richtig. Simone-Tatjana Stehr zeigt auf Fenster, Kabel, das neu eingedeckte Dach. Auch die Wände sind zum Teil schon verputzt, die Infrastruktur für die Lüftungsanlage ist ebenfalls vorhanden. Eine weitere gute Nachricht: „Die gesamte Einrichtung ist fertig“, sagt die Leiterin des Ausbildungszentrums. Alle Möbel, Böden, Wandfarben und die Technik.

Die Rampe soll bald eine Lerntreppe werden. Noch ist sie davon aber weit entfernt.
Die Rampe soll bald eine Lerntreppe werden. Noch ist sie davon aber weit entfernt. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

In ihrer Fantasie sieht die Baustelle schon ganz anders aus. Stehr beschreibt, wie Auszubildende, Angestellte, Besucherinnen und Besucher das ZfsL bald über einen Eingang an der Marktstraße betreten können (Besucherinnen und Besucher müssen klingeln). Durch den Eingangsbereich geht es in den Innenhof, der einer grünen Oase gleichen soll, und von da aus weiter ins Hinterhaus. Dort befindet sich dann das „Herzstück der Lehrerausbildung“, schwärmt Stehr, die auch Beraterin für pädagogische Architektur ist.

So soll „das Herzstück“ des Zentrums mit der Lerntreppe (links) mal aussehen.
So soll „das Herzstück“ des Zentrums mit der Lerntreppe (links) mal aussehen. © Unbekannt | Schienbein+Pier Innenarchitekten

Zu sehen ist dort bislang eine Rampe, unter der sich die Tiefgarage befindet. Diese soll, wenn alles fertig ist, zu einer Lerntreppe werden, die als eine Art Auditorium auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Die Lerntreppe soll den Auszubildenden Raum zum Lernen, Lesen und Entspannen geben. Es werden zwei Schaukeln installiert sowie eine Mooswand, verrät Stehr. Ergänzt wird die Treppe durch einen Aufenthaltsbereich, eine Bibliothek und einen Versammlungsraum, der sich je nach Bedarf vergrößern und verkleinern lässt.

Ausbildungszentrum in Oberhausen könnte für Übergang digitale Mittel nutzen

Ohnehin wird sich das neue Ausbildungszentrum an modernen Formen des Lernens orientieren. Im zweiten Obergeschoss des Hinterhauses soll es daher keine klassischen Seminarräume geben, sondern Mobiliar, dass sich verschieben und verändern lässt. Auf dem Boden soll zum Beispiel ein Basketballfeld aufgebracht werden und es wird Sprossenwände geben. Dort lassen sich ganz einfach Tische und Regale anbringen, erläutert die ZfsL-Leiterin. Lehrende und Lernende können den Raum also ganz unterschiedlich und je nach Bedarf nutzen. Recht zentral soll ein sogenannter Greenscreen Videoaufnahmen möglich machen. Videos seien auch in der Lehrerausbildung immer wichtiger geworden, erklärt Stehr.

Flexible Einrichtung: auf dem Boden ein Basketballfeld, an den Wänden Sprossenwände und ein Videobereich mit Greenscreen.
Flexible Einrichtung: auf dem Boden ein Basketballfeld, an den Wänden Sprossenwände und ein Videobereich mit Greenscreen. © Unbekannt | Schienbein+Pier Innenarchitekten

Ein Gewinn für Oberhausen

Das Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung soll in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn für Oberhausen sein. Der moderne Bau könnte anderen Ausbildungszentren als Vorbild dienen. Er soll außerdem die gebeutelte Innenstadt aufwerten und Aufenthaltsqualität schaffen, hofft ZfsL-Leiterin Simone-Tatjana Stehr. „Ich würde mir wünschen, dass die Marktstraße wieder die Qualität bekommt, die sie mal hatte.“ Schön wäre auch, wenn die Referendarinnen und Referendare, die hier ausgebildet werden, nach den 18 Monaten in Oberhausen bleiben wollen, findet Stehr. Und: „Wir würden uns riesig freuen, wenn sich irgendwann herumspricht, dass es hier schön ist.“

Im Vorderhaus ist anderes geplant. Da wird es etwa einen 3D-Drucker und einen Raum mit festem, nicht verschiebbarem Mobiliar geben. Hier sollen Referendarinnen und Referendare konzentriert und in Ruhe arbeiten können. An den Wänden dieses Raumes könnte eine Tapete angebracht werden, die an ein Nähatelier erinnert. Das war hier nämlich vor vielen Jahren, als sich in dem Gebäude noch eine Verkaufshalle befand, mal untergebracht. Stehr: „Wir wollen der Geschichte des Gebäudes Rechnung tragen.“

Noch ist das alles aber nur mit viel Vorstellungskraft in dem Gebäude zu erkennen. Auch Simone-Tatjana Stehr hat Zweifel, dass hier ab Oktober tatsächlich angehende Lehrerinnen und Lehrer unterrichtet werden. „Eigentlich müsste mir das schlaflose Nächte bereiten“, sagt sie. Doch wenn Corona etwas Gutes mit sich gebracht hätte, dann sei es, dass das Ausbildungszentrum sehr gut im digitalen Lernen aufgestellt sei. Für den Übergang seien also auch digitale Formate denkbar, bleibt die Leiterin zuversichtlich.