Mülheim. Mülheims Grüne legen bei einer Entscheidung zur Zukunft des Flughafens Essen-Mülheim vor. An welche Bedingungen sie einen Weiterbetrieb knüpfen.

Nach jahrelangen Diskussionen um die Zukunft des Flugbetriebs am Flughafen Essen-Mülheim auch über 2034 hinaus kündigt sich langsam eine Entscheidung an. Mit einem Votum der Mitgliederversammlung haben die Grünen nun Fakten geschaffen. Ihre Antwortet lautet: „Ja, wenn. . .“

Mit nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung haben die Grünen am Montag ihre Leitlinien für die Flughafen-Entscheidung beschlossen. „Ich war selbst ein bisschen überrascht, dass wir da so klar rausgegangen sind“, sagt die Vorstandssprecherin des Kreisverbandes, Kathrin Rose. Schließlich sei das Thema in der Vergangenheit immer mehr emotionalisiert worden.

Flughafen: Warum Mülheims Grünen die Fragestellung umdrehten

Genau darin lag für die Grünen das Problem. „Es wurde immer nur auf die beiden Möglichkeiten heruntergebrochen – Flugbetrieb: Ja oder nein? Da wurde zunehmend ideologisch argumentiert“, findet Björn Maue, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Ratsfraktion.

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Die Fragestellung „Ja oder nein?“ ist in den Augen der Kreisvorsitzenden „auch gar nicht so sinnvoll, weil der Flughafen sichert ja auch den Naturschutz in gewisser Weise dadurch, dass zum Beispiel die Flächen nicht betretbar sind“, so Rose.

Flughafen Essen-Mülheim – Unsere weitere Berichterstattung

Daher haben die Grünen das Pferd von hinten aufgezäumt. „Unter welchen Bedingungen können wir uns vorstellen, dass der Flughafen weiter besteht?“, formuliert Timo Spors, Mitglied im Fraktionsvorstand, die neue Fragestellung. „Wenn alles, was wir uns vorstellen, erfüllt wird, dann sind wir die Letzten, die sich versperren“, verspricht er. „Wenn die Bedingungen erfüllt sind und trotzdem ein Flugbetrieb möglich ist, dann wäre es ja unlogisch, das kategorisch auszuschließen“, ergänzt Kathrin Rose.

Kathrin Rose, Vorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in Mülheim
Kathrin Rose, Vorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in Mülheim © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Welche Bedingungen Mülheims Grünen für die Flughafen-Zukunft stellen

Und was sind das für Bedingungen? Dass sich sämtliche Leitlinien aus dem Klima- und Umweltschutz ableiten, liegt bei den Grünen in der Natur der Sache. Daher habe die Wahrung von Kaltluftentstehung oberste Priorität. Zudem sollen die Freiflächen auch künftig nicht öffentlich betretbar sein. „Das ist der Raum, wo Artenschutz an erster Stelle zu stehen hat“, betont Maue.

Daher werde die Fläche auch nicht mit Photovoltaik „zugebaut“, wenngleich die Grünen Möglichkeiten für entsprechende Anlagen prüfen wollen. Ökologische und klimatologische Ausgleichsmaßnahmen innerhalb Mülheims für die CO2-Belastung durch einen möglichen weiteren Flugbetrieb sowie die Notwendigkeit, diesen ab spätestens 2035 klimaneutral durchzuführen, stehen ebenfalls auf der Wunschliste der Grünen.

Gewerbe auf den Raadter Höhen: Mit den Grünen gibt’s keine „große Lösung“

In Bezug auf die Diskussion um eine mögliche Gewerbeansiedlung steht die „große Lösung“ mit 27 Hektar für die Grünen „überhaupt nicht zur Debatte“, wie Maue betont. Partei und Fraktion wollen das Gebiet auf maximal 13 Hektar beschränken und die Versiegelung auf ein Minimum reduzieren.

Björn Maue, wirtschaftspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Mülheimer Stadtrat, möchte zeitnah eine Entscheidung in Sachen Flughafen-Zukunft herbeiführen.
Björn Maue, wirtschaftspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Mülheimer Stadtrat, möchte zeitnah eine Entscheidung in Sachen Flughafen-Zukunft herbeiführen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zwischen der Notwendigkeit, den Wirtschaftsstandort Mülheim zu entwickeln, und dem Bemühen, möglichst wenig Belastung durch Gewerbe zuzulassen, bleibt der wirtschaftspolitische Sprecher optimistisch: „Wir werden die Möglichkeit finden, dort Gewerbe anzusiedeln.“

Flughafen Essen-Mülheim: Grüne haben ÖPNV und Radinfrastruktur im Blick

In diesem Zuge müsse aber auch ein Fokus auf das ÖPNV-Angebot und die Radinfrastruktur gelegt werden. „Klimaneutralität schaffen wir nur, wenn wir bei jedem Neubaugebiet etwas Innovatives schaffen“, sagt Spors, seines Zeichens Vorsitzender des Mobilitätsausschusses.

Neben einer möglichen steigenden Verkehrsbelastung ist im Stadtteil Raadt nach wie vor der Lärmschutz ein großes Thema. „Bei einem Weiterbetrieb müssen potenziell realisierbare Maßnahmen für eine spürbare Reduzierung des Fluglärms für die Anwohnenden umgesetzt werden“, heißt es in den Leitlinien der Grünen dazu.

Wirtschaftlichkeit des Flughafens Essen-Mülheim steht auf dem Prüfstand

Daher wollen die Grünen auch die Einstufung als Landeplatz beibehalten. Einem größeren Ausbau eines Regionalflughafens schieben sie „ganz klar einen Riegel vor“, so Spors.

Ratsmitglied und Mobilitätsausschussvorsitzender Timo Spors stellte die Bedingungen vor, unter denen sich Mülheims Grüne einen Fortbetrieb des Flughafens Essen-Mülheim vorstellen können.
Ratsmitglied und Mobilitätsausschussvorsitzender Timo Spors stellte die Bedingungen vor, unter denen sich Mülheims Grüne einen Fortbetrieb des Flughafens Essen-Mülheim vorstellen können. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zu guter Letzt steht auch die Wirtschaftlichkeit des womöglich künftigen Flugbetriebes auf dem Prüfstand. „Wir müssen den Betrieb so schnell wie möglich ohne Verlust darstellen“, betont Spors. Laut Leitlinie wollen die Grünen über den Rat sogar ein konkretes Datum benennen.

Grüne wollen sich nun mit ihrem Koalitionspartner abstimmen – und mit Essen

Apropos Rat: Noch vor Ostern wollen die beiden Koalitionspartner besprechen, wo ihre gemeinsamen Leitlinien sind – auch in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fraktionen im Essener Stadtparlament. „Ich kann mir vorstellen, dass wir an einigen Punkten noch zusammenfinden müssen“, sagt Björn Maue in Richtung der CDU, ohne konkreter zu werden.

Optimistisch macht die Grünen allerdings die Tatsache, dass in den Gesprächen vor der Aufstellung der Leitlinien viele der rund um den Flughafen aktiven Gruppierungen bei zahlreichen Punkten einer Meinung gewesen seien – etwa beim Klimaschutz oder beim Verlustausgleich.

Eine endgültige Entscheidung soll kommen. „Man kann es immer weiter vor sich herschieben“, sagt Björn Mau, aber irgendwann schließt sich dieses Zeitfenster.“