Gelsenkirchen. Erfahrene Lehrer, die wegen des Lehrermangels auf Zeit zurückkehren, mit Anfängergehalt abzuspeisen, ist ein verheerendes Signal. Ein Kommentar.

Der Seiteneinstieg ins Lehramt soll leichter werden, gelobte die Schulministerin Dorothee Feller. Ihr Ministerium werde alles tun, um die Lehrerversorgung an den Schulen im Land zu verbessern. Wer die Geschichte von Hans-Dieter Grunert hört, mag das kaum glauben. Auch wenn an der Realschule Mühlenstraße tatsächlich alle offenen Stellen besetzt sind, so gibt es doch flächendeckend einen geradezu monströsen „Personalgewinnungsbedarf“. Das Signal, einen ausgebildeten Pädagogen mit 35 Jahren Erfahrung wie einen Anfänger zu entlohnen, ist verheerend.

Berufs-Rückkehrer wären perfekt als qualifizierte Überbrückung

WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies.
WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies. © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Fellers Ansatz, Seiteneinsteiger besser zu qualifizieren und zwei Jahre lang intensiver auf die wichtige Arbeit mit Kindern vorzubereiten, ist richtig. Pädagogik ist keine Nebensache, wenn es darum geht, Kinder und Heranwachsende fit fürs Leben zu machen. Aber bis die nun angesetzten zwei Jahre Vorbereitungszeit für Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung geschafft sind, wären gerade aus dem Ruhestand zurückkehrende Lehrkräfte eine perfekte Lösung. Je nach Alter und persönlichen Neigungen vielleicht nicht unbedingt im Digitalunterricht oder erst nach einer entsprechenden technischen Einführung. Aber Fachkenntnisse oder auch der nachweislich lernfördernde Sportunterricht können spürbare Entlastung bieten. [Lesen Sie dazu:Nur Anfänger-Gehalt für Ex-Lehrer mit 35 Jahren Berufserfahrung]

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Das Argument, dass pensionierte Lehrkräfte schließlich eine gute Pension bekommen, eine üppigere Entlohnung gar nicht benötigen, ist zwar nicht falsch. Aber es geht nicht nur ums Geld, wie in so vielen anderen extremen Mangelberufen auch. Es geht um Wertschätzung für eine wichtige Arbeit, für eine Unterbrechung des Ruhestands im Dienst der Gesellschaft. So wichtig und ehrenwert ehrenamtliches Engagement sein mag, professionelle Arbeit muss professionell gewürdigt werden.

Beim Doppel-Wumms, der an Unterstützungsgeldern gerade verteilt wird, dürfte eine grundsätzlich bessere Bezahlung von pädagogischen Profis wie Ex-Lehrkräften in der Zeit, bis genug pädagogischer Nachwuchs für alle Schulen ausgebildet ist, das Budget kaum sprengen. Von den immensen Folgekosten für mangels Lehrkräften schlecht ausgebildete junge Menschen ganz zu schweigen.