Mülheim. Donum Vitae Mülheim/Oberhausen begann 2001 als Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte. Heute leisten die Beraterinnen aber noch viel mehr.

Der Verein Donum Vitae war in den ersten Jahren nach seiner Gründung (2001) fast ausschließlich für Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung zuständig. Zwei Beraterinnen kümmerten sich hauptsächlich um schwangere Frauen, die sich in Notsituationen befanden und über einen Schwangerschaftsabbruch nachdachten. Mittlerweile sind viele weitere Aufgaben hinzugekommen.

Auch interessant

„60 Prozent unserer Beratungen drehen sich weiterhin um das Thema Mutterschaft und Schwangerschaftsabbruch. Die Frauen können von uns den notwendigen Beratungsschein bekommen, falls sie sich wirklich für einen Abbruch entscheiden sollten“, berichtet Bettina Bubbat-van Hasseln, Leiterin der Beratungsstelle an der Schloßstraße und der Dépendance in Oberhausen-Sterkrade.

Fallzahlen sind deutlich gestiegen

Die Beratung ist ergebnisoffen und kostenlos, die meisten Klientinnen sind um die 30 Jahre alt. Sie erwägen aus verschiedenen Gründen eine Abtreibung. „Trennung, Arbeitslosigkeit, befristeter Arbeitsvertrag, Überforderung durch zu viele Kinder, Wohnungssituation. Heute ist es vor allem für alleinstehende Mütter sehr schwer, bezahlbaren Wohnungsraum zu finden“, so Bubbat-van Hasseln.

Bearbeitete das Team in 2001 noch 69 Fälle und führte 105 Gespräche, so sind es heute pro Jahr 320 bis 350 Fälle mit mehr als 800 Gesprächen. Die Zahl der Mitarbeiterinnen hat sich allerdings nur wenig erhöht, Waren es anfangs zwei halbe Beraterinnenstellen, so sind es heute drei halbe Stellen. Der Job der Verwaltungskraft ist von einer halben auf eine ganze Stelle aufgestockt worden.

Mit wenigen Leuten viele Themen abdecken

„Mit wenigen Leuten decken wir viele Themen ab“, sagt die Beratungsstellenleiterin. Die Mitarbeiterinnen sind seit langem zur sexualpädagogischen Bildung in verschiedenen weiterführenden Schulen und Jugendzentren unterwegs. Da geht es um Themen wie Verhütung, Liebe, sexuelle Selbstbestimmung oder Pornographie - in den letzten Jahren aber auch vermehrt um sexuelle Gewalt, Cybermobbing oder Sexting. Die drei Fachfrauen bilden sich selbst regelmäßig zu Themen der Jugendsexualität weiter.

In den letzten 20 Jahren hat Donum Vitae aber auch Kooperationen aufgebaut - bietet etwa seit 2007 Beratung nach pränatalen Untersuchungen im Evangelischen Krankenhaus in Oberhausen an. „Es kamen recht schnell viele Frauen und Paare zu unserer Sprechstunde“, berichtet Ulla Höhne, Vereinsvorsitzende. 2009 habe sich das Beratungsspektrum erneut erweitert - um das Thema „Trauerbegleitung nach dem Verlust eines Kindes während der Schwangerschaft oder Geburt“. Auch dieser Bereich sei stark nachgefragt.

Unterstützung bei „Vertraulicher Geburt“

Beide Standorte haben sich mit der Zeit vergrößert. In Mülheim zog man 2014 in die 3. Etage in der Schloßstraße 8, bekam mehr Platz für Beratung und Verwaltung sowie einen Gruppenraum hinzu. In zwei weitere Fachgebiete arbeiteten sich die drei Beraterinnen (Sozialwissenschaftlerin, Sozialpsychologin und Sozialpädagogin) ein. Sie unterstützen Schwangere, die eine „Vertrauliche Geburt“ wünschen. „Die Frauen legen sich ein Pseudonym zu, das sie bei Arztbesuchen und bei der Entbindung nutzen - und das über uns beim Bundesamt für Familie hinterlegt wird. Wird das Kind nach der Geburt zur Adoption freigegeben, kann es mit 16 Jahren erfahren, wer seine leibliche Mutter ist. Das Arzthonorar sowie Beratungskosten werden übrigens durch den Bund getragen“, erläutert Bettina Bubbat-van Hasseln.

In 2018 zertifizierte sich eine Mitarbeiterin auch im Bereich „Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch“. „Wenn es nicht klappt mit der Schwangerschaft, ist die psychische Belastung für Paare oft sehr groß. Wir können ihnen zur Seite stehen und sie dabei unterstützen, andere Pläne für ihr Leben zu fassen“, so die Beratungsstellenleiterin. Dieses Angebot sei gleich gut angenommen worden und bis heute sehr nachgefragt.

Verein kommt aus der katholischen Laienbewegung

Donum Vitae ist ein gemeinnütziger Verein, der sich 1999 aus der katholischen Laienbewegung entwickelt hat – nach dem Ausstieg der katholischen Bischöfe aus dem gesetzlichen Beratungssystem.Der Verein ist bundesweit an mehr als 200 Orten vertreten. Er berät vertraulich, kostenlos und ergebnisoffen. Im Vergleich zu Caritas und SkF kann er Beratungsscheine ausstellen, die für einen Abbruch Pflicht sind. Die Mülheimer(/Oberhausener Beratungsstelle wird zu 80 Prozent vom Land finanziert, die restlichen 20 Prozent müssen durch städtische Zuschüsse oder Vereinsmittel (Spenden, Mitgliedsbeiträge) zusammen kommen.

Trotz der Pandemie sei es gelungen, die Präsenzberatung dank eines sehr guten Hygienekonzeptes fortzuführen. Einbrüche bei den Fall- bzw. Beratungszahlen habe es nur begrenzt gegeben. Die Nachfrage nach Hilfe ist weiterhin groß. „Wir könnten mehr Personal gebrauchen, auch einen Mann im Team hätten wir gerne“, sagt Bettina Bubbat-van Hasseln. Ein Wunsch, der aktuell nicht in Erfüllung geht.