Mülheim. In einer neuen Satzung erkennt Mülheim die Funktion von Friedhöfen als schützenswertem Naturraum an. Doch welche Konsequenzen hat das?
Hart haben Betroffene um ihre Rechte und eine neue Friedhofssatzung in den vergangenen zwei Jahren mit der Verwaltung gestritten. Um Familiengräber, Gebühren und auch die ökologische Bedeutung. Und oft waren sie erfolgreich. Der Rat soll im Dezember eine neue Satzung beschließen, die die strittigen Themen fixieren soll. Stehen deshalb die Zeichen auf Grün?
Im Umweltausschuss, wo die neue Satzung vorberaten wurde, gab es zumindest noch Nachbesserungsbedarf in der Frage der ökologischen Bedeutung und der Friedhofsgebühren. Beides hängt zusammen, denn in Mülheim dienen Friedhofsgebühren dem Unterhalt und sind auch deshalb ungleich teuerer als in den Nachbarstädten. Sollte aber der Friedhof eben nicht nur der Bestattung dienen, sondern auch ein bedeutsamer Natur- und ebenso Naherholungsraum sein, müsste die Stadt sich deutlich stärker als bisher für den Unterhalt engagieren. Das würde die Kosten für die Nutzer senken.
Dass Gebühren sinken werden, gilt als gesichert, nur nicht, wie stark
Die Funktionen des Umwelt- und Naturschutzes wollten Grüne und CDU im Ausschuss unter Paragraf 2 verankert sehen – hier machte die Stadt deutliche Zugeständnisse. Der bald scheidende Umweltdezernent Peter Vermeulen kündigte an, dass – sollte dies im Rat auch so beschlossen werden – dies eine Senkung der Gebührensatzung zur Folge hätte.
Wie es sich für die Friedhofsnutzer auswirken wird, muss vom Rat noch gesondert festgelegt werden. Der Kämmerer würde sich über die Mehrkosten für die Stadt wohl nicht freuen, merkte der Umweltdezernent an.
Grünen kritisieren die Pflege der städtischen Flächen – „nicht vertragsgemäß“
Doch ebenso unklar ist, wie hoch für die Stadt die künftige Pflege des Öko-Raums „Friedhof“ ausfällt. Denn etwa in der Frage nach besonderen Schutzmaßnahmen für seltene oder gar geschützte Pflanzen blockte die Verwaltung im Umweltausschuss ab: Dies sei nicht in der Satzung zu beschließen. Den privaten Nutzern hingegen wollte die Stadt keine Vorschriften machen, wie sie die Gräber zu pflegen hätten.
Schwarz-Grün hatte hier missverständlich „Pflegestandards für Gewerbetreibende“ beantragt, die aber nicht für private Nutzer gelten sollten, sondern für Unternehmen, die von der Stadt für Friedhofs- und andere zu pflegende Flächen beauftragt werden. „Etliche Flächen sind in den vergangenen Jahren nicht vertragsgemäß bearbeitet worden“, präzisiert die Vorsitzende des Umweltausschusses, Brigitte Erd (Grüne), gegenüber der Zeitung.
Friedhofsinitiative bemängelt Vergabe der Pflegeaufträge und Personalabbau
Die dringende Notwendigkeit, solche Standards festzulegen, sieht auch Dietrich Rohde. Der Sprecher der Bürger-Friedhofsinitiative „Friedhof statt Streithof“ und Mitglied im Naturschutzbeirat sieht Mülheimer Friedhöfe schon seit langem in der Hand von Firmen, die sich fachlich mit seltenen Pflanzenarten und den Besonderheiten des Öko-Raums überhaupt nicht auskennen: „Die Stadt vergibt grundsätzlich an das billigste Angebot. Seltene Pflanzen, die zum Teil auf der roten Liste stehen, werden von Nicht-Fachleuten zerstört. Das ist eine Katastrophe.“
Rohde hatte auch deshalb bei der Verwaltung nach dem Personalschlüssel für die Friedhofsverwaltung gefragt. Er vermutet „massiven Personalabbau“ besonders bei den kostspieligen Friedhofsgärtnermeistern, die jedoch das benötigte Wissen für die fachgerechte Betreuung hätten. Eine Antwort hat er nicht erhalten.
Rohdes Kritik sieht im Friedhofspersonalabbau die hauptsächlichen Gründe begraben, dass die Verwaltung sich bislang „mit Zähnen und Klauen“ dagegen gewehrt habe, die Pflichten einer Friedhofsverwaltung festzuschreiben. Der Naturschutzbeirat wolle dennoch klare Kriterien aufstellen und vorschlagen, kündigte Rohde an. So wie der Denkmalschutz auf Friedhöfen festgeschrieben sei, müsse auch die Funktion des Naturschutzes und der Naherholung in ihren Konsequenzen und Aufgaben für die Verwaltung fixiert werden.
Stadt legt in der Satzung fest: Alte Nutzungsrechte in der Peripherie bleiben
In einem weiteren kritischen Punkt legte sich die Verwaltung aber fest: „In den Peripheriebereichen bleiben bestehende Nutzungsrechte und -zeiten von Grabstätten unverändert bestehen und können uneingeschränkt verlängert werden.“ In diesem Punkt hatte es noch 2019 massive Beschwerden von Bürgern gegeben, die eine künftige Bestattung in Familiengräbern im Randbereich durch das damalige Friedhofsentwicklungskonzept gefährdet sahen.
Dagegen aber werden – so der Satzungsvorschlag – „neue Nutzungsrechte an Grabstätten ausschließlich in den Kernbereichen der Friedhöfe vergeben“.