Oberhausen. 157 Ausbildungsplätze konnten bisher in Oberhausen nicht besetzt werden. Wer bereit ist, seinen Berufswunsch zu überdenken, kann noch einsteigen.

Es gab schon schlechtere Jahre für den Oberhausener Ausbildungsmarkt – aber auch bessere. Wieder suchten mehr Schulabgänger eine Lehrstelle, als von den Firmen vor Ort angeboten wurden. Dennoch ziehen die Arbeitsagentur und ihre Partner eine positive Bilanz dieses zweiten Corona-Jahres. Denn viele Firmen mussten in der Corona-Zeit äußerst kreativ werden, um geeignete Jugendliche für sich zu gewinnen – und haben dies nach Ansicht der Unternehmer-Vertreter erreicht. Der DGB hält diese Bemühungen dagegen nicht für ausreichend.

Bis zum Stichtag 30. September hatten sich 1700 Jugendliche bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit gemeldet – 91 weniger als im letzten Jahr (minus 5,1 Prozent) und 160 weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019. Heute haben von den 1700 Lehrstellen-Interessenten über 210 keine passende betriebliche Ausbildung finden können. Zum Vergleich: 2020 gab es 260 Unversorgte, 2019 waren es 231. Die Zahl der Unversorgten sinkt also – Arbeitsagentur-Geschäftsführerin Gabriele Sowa spricht deshalb von „einer Erholung und Stabilisierung“. Und erinnert daran, dass auch jetzt noch Interessierte ins laufende Lehrjahr einsteigen können.

Zu wenig: 0,73 freie Stellen auf einen Bewerber

Die Oberhausener Unternehmen meldeten allerdings weniger offene Stellen als früher (1240) – ein Minus von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von diesen blieben 157 unbesetzt. Rein rechnerisch kamen im aktuellen Berichtsjahr nur 0,73 Ausbildungsstellen auf eine Bewerberin/einen Bewerber – in den Vorjahren beobachteten die Arbeitsmarktexperten ähnlich schlechte Quoten.

Hier zeigt sich nach Ansicht von DGB-Regionsgeschäftsführer Dieter Hillebrand eine festgefahrene Situation: „Seit Jahren geht die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen und Betriebe zurück.“ Die Akzeptanz für die Duale Ausbildung, also für die klassische betriebliche Lehre, verliere zudem bei jungen Menschen an Bedeutung, jeder versuche, an die Universität zu kommen.

Hilfe auf den letzten Drücker

Wer noch eine Ausbildungsstelle sucht, kann sich unter der Telefonnummer 0208-8506-112 an die Arbeitsagentur wenden. Unternehmen, die Unterstützung bei der Suche nach Azubis wünschen, erreichen den Arbeitgeber-Service unter der kostenfreien Nummer 0800-4555-520.

Franz Roggemann, IHK-Geschäftsführer der Aus- und Weiterbildung, nimmt dagegen die Betriebe in Schutz: „Die Unternehmen hatten bis in den Mai hinein mit Corona und den immer neuen Schutzverordnungen zu kämpfen.“ Da sei das Thema Ausbildung bei einigen in den Hintergrund geraten, besonders im Gaststättengewerbe. Auch Elisabeth Schulte vom Unternehmerverband verteidigt die Betriebe: Sie hätten viel in Ausbildung investiert, um auch in Corona-Zeiten Kontakt zu Schülern aufzunehmen. Ohnehin ballten sich derzeit die Probleme wie steigende Energiepreise und Materialknappheit.

„Hausgemachte“ Probleme sorgen für mangelndes Interesse

Dieter Hillebrand lässt dies alles nicht gelten. Es habe schon immer eine große Diskrepanz in Oberhausen zwischen Angebot und Nachfrage bei der Ausbildung gegeben und auch während der Lockdowns sei es im überwiegenden Teil der Betriebe weitergelaufen. Speziell die Unternehmer im Hotel- und Gaststättengewerbe sollten sich über mangelndes Interesse von Schulabgängern an ihrer Branche nicht wundern. Viele Probleme seien „hausgemacht“, die Arbeitsbedingungen seien schlecht, wirft Hillebrand ihnen vor.

Und was macht man gegen den Mangel an angebotenen Lehrstellen in den Betrieben? „Was wir brauchen, ist eine Ausbildungsgarantie“, ist Hillebrand überzeugt. Jeder Jugendliche, der keinen Platz findet, solle in staatlich finanzierten Zentren ein Jahr lang auf eine Duale Ausbildung vorbereitet werden. Es sei ein Unding, dass trotz Fachkräftemangels deutschlandweit zwanzig Prozent der Menschen unqualifiziert seien. Die traurigen Folgen einer fehlenden betrieblichen Ausbildungsbasis spürt Jobcenter-Leiter Uwe Weinand: 80 Prozent der arbeitslosen Klientel des Jobcenters verfügt über keinen Berufsabschluss – und hat dementsprechend wenig Chancen bei der Suche nach einer neuen Arbeit.