Oberhausen. Für die beiden Wettbewerbe der 68. Kurzfilmtage im digitalen Format haben die Kufita-Teams ihre Auswahl getroffen: 44 Neuheiten aus 31 Ländern.
Nach zwei coronabedingten reinen Online-Ausgaben werden die 68. Internationalen Kurzfilmtage wieder in den Oberhausener Kinos zu erleben sein – als Höhepunkt eines „hybriden“ Festivals. Doch zunächst widmeten sich die Festivalmacher den digitalen Formaten: 44 Filme aus 31 Ländern wurden für die beiden Online-Wettbewerbe ausgewählt. 34 Arbeiten stehen im internationalen Online-Wettbewerb, zehn im deutschen Online-Wettbewerb. In beiden Konkurrenzen dominieren Auseinandersetzungen mit aktuellen politischen Fragen und der Blick zurück auf die Geschichte.
Die 2021 etablierten Wettbewerbe werden vom 30. April bis 3. Mai 2022 nur online gezeigt. Vom 4. bis 9. Mai 2022 steigt dann der „Live“-Teil der Kurzfilmtage. Mit 34 Filmen aus 31 Ländern, darunter acht Weltpremieren, bietet der Internationale Online-Wettbewerb einen konzentrierten Blick auf den aktuellen Kurzfilm aus der ganzen Welt, von Argentinien bis China, von den USA bis Thailand. Beiträge unter anderem aus Gabun, Katar oder Myanmar erlauben Blicke auch auf unentdeckte Filmländer. Rund die Hälfte der Filme wurde von Frauen produziert.
Das Spiel mit klassischen Filmgenres findet sich in einer Reihe von Produktionen: „Can you still Feel the Butterflies?“ (Radek Brousil, Tschechien), „Max and the Freaks“ (Nathan Clement, Schweiz), „Punctured Sky“ (Jon Rafman, USA) oder „Her Story“ (Zhang Yui, China) experimentieren mit Elementen des Fantasy-Kinos, mit „Days of the New“ (Keith Deligero, Philippinen) findet sich ein dystopischer Krimi, „Sad Cowboy Platonic Love“ (Ciel Sourdeau, Schweiz) mischt Fantasy und Western-Elemente.
Bauschige Kunst und ein Fabrikbrand vor 111 Jahren
Thematisch steht bei zahlreichen Filmen die Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Fragen oder historischen Ereignissen im Mittelpunkt. So fragt „Walkway“ (Sudha Padmaja Francis) aus Indien nach den Rechten von Frauen im öffentlichen Raum; die thailändisch-britische Koproduktion „Notes from the Periphery“ (Tulapop Saenjaroen) untersucht am Beispiel des thailändischen Hafens Laem Chabang, wem der öffentliche Raum gehört. Eine ähnliche Frage stellt die brasilianisch-kubanische Produktion „Ava Mocoi, die Zwillinge“ (Luiza Calagian und Vinicius Toro) am Beispiel eines indigenen Guaraní-Dorfes und seines Kampfes um Kultur und Territorium angesichts sich ausbreitender Soja-Plantagen.
Ken Kobland arbeitet in „The Dress“ mit Hilfe einer textilen Kunst-Installation einen verheerenden Fabrikbrand des Jahres 1911 in New York auf. „Open Mountain“ (María Arias Rojas) erinnert an den vergessenen Aufstand einer Gruppe von Schuhmachern, der „Bolschewiken von Líbano Tolima“ 1929 in Kolumbien, während Meshy Koplevitch in ihrer dokumentarischen Animation „73“ auf den israelischen Jom-Kippur-Krieg zurückblickt.
Zehn Arbeiten sind für den deutschen Online-Wettbewerb ausgewählt, sieben davon von Regisseurinnen. Die Hälfte der Beiträge entstanden im Kontext von Film- und Kunsthochschulen. Auch in diesem Wettbewerb finden viele Arbeiten ungewöhnliche und eindringliche Ansätze für die Schilderung aktueller politischer Auseinandersetzungen oder historischer Ereignisse.
So analysiert Pavel Mozhar in „Handbuch“ auf eindringliche Weise universale Unterdrückungsmuster, die er am Beispiel von Belarus mittels Re-Enactments von Augenzeugenberichten freilegt.
Der Terrorangriff beim Bataclan-Konzert
Gleich zwei höchst unterschiedliche Filme widmen sich dem Uranbergbau in der DDR: Alex Gerbaulet und Mareike Bernien folgen in ihrem beeindruckenden „Sonne Unter Tage“ dem Kreislauf des Urans vom Abbau in der DDR über den Export in die UdSSR bis zur Rückkehr nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Sophie Hilberts „Strahlend grüne Wiese“ fragt mit dokumentarischen und Performance-Elementen nach den Auswirkungen auf die Menschen.
„You cannot trust the Colours“ von Katrin Winkler wirft einen kritischen Blick auf den Kolonialismus, Vanessa Gravenors experimenteller Spielfilm „Paper Swallows Rock“ erzählt eine sehr persönliche Geschichte in der Folge des Terrorangriffs 2015 auf den Pariser Konzertsaal Bataclan.
In den beiden Wettbewerben werden insgesamt Preise im Wert von 15.500 Euro verliehen. Alle Filmemacherinnen und Filmemacher werden zudem nach Oberhausen eingeladen. Die Preisverleihung erfolgt am Montag, 9. Mai, gemeinsam mit der Preisverleihung aller weiteren Wettbewerbe im Festivalkino.