Mülheim. Nach Kritik an der Mülheimer Notschlafstelle schaute sich die Grüne Politikerin Franziska Krumwiede-Steiner den Ort an. Was sie beeindruckt hat.

Sehr beeindruckt zeigt sich Franziska Krumwiede-Steiner von einem Besuch in der Mülheimer Notschlafstelle an der Kanalstraße. „Ich habe ein Stück Sozialromantik verloren und einen klareren Blick für die Realität gewonnen“, sagt die Grüne Fraktionsvorsitzende und Bundestagskandidatin. „Die Menschen dort können nicht in ein ,normiertes’ Leben integriert werden, aber sie brauchen ein Auffangnetz.“

Sozialarbeiter: Weniger Kontrolle in der Notschlafstelle bewirkt mehr Akzeptanz

Das werde von der Diakonie „würdig gestaltet“, überzeugte sich die Grüne: „Die Notschlafstelle ist ein bedrückender und gleichzeitig beruhigender Ort. Wer ganz unten ist, findet hier ein gemachtes Bett und eine Küche. Einen Street Worker, der den Menschen sieht und niemanden verurteilt.“

In der jüngsten Vergangenheit hatte es Kritik an der Notschlafstelle gegeben. Der Verein „Solidarität in Mülheim“ hatte dem Betreiber vorgeworfen, zu wenig Betreuung vorzuhalten. Alkoholisierte Menschen hätten sich dort angeschrien und aggressiv gestritten. Für Krumwiede-Steiner, die auch im Ausschuss für Arbeit und Soziales arbeitet, war das ein Anlass, sich vor Ort eine eigene Meinung zu bilden.

Dass es hier tatsächlich keine 24-Stunden-Betreuung gebe, sei aus Sicht der Sozialarbeiter vor Ort eher ein Vorteil, weil weniger Kontrolle für mehr Akzeptanz des niederschwelligen Angebots bei den Nutzern sorge.

Das Konzept der gesellschaftlichen Integration könnte stärker gefördert werden

Wo drückt dann der Schuh? Zum Beispiel in den sozialen Begegnungen zwischen Wohnungslosen und der Stadtgesellschaft, stellt Krumwiede-Steiner fest. Das bestätigt auch der Street Worker vor Ort.

Wo die Begegnung hingegen gut zu funktionieren scheint, ist die Teestube der Diakonie an der Auerstraße, „weil alle Akteure strukturiert und systematisch zusammenarbeiten“, meint Krumwiede-Steiner. In der Teestube engagieren sich zudem Wohnungslose auch nach der Beendigung von Maßnahmen ehrenamtlich.

Das zeige nicht nur die gute Bindung an den Ort, sondern auch die Wichtigkeit solcher Angebote jenseits des ersten Arbeitsmarktes, hebt Diakonie-Geschäftsführerin Birgit Hirsch-Palepu hervor. Das Engagement könnte allerdings konzeptionell noch stärker gefördert werden.

„Ausgrenzung führt zu Klassismus und ist Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, unterstützt Krumwiede-Steiner den Ansatz. Sie plant nun einen Besuch in Styrum und in der Einrichtung für Drogensüchtige in der Auerstraße.