Mülheim. Zarte Klänge unter brutaler Beton-Architektur einer Brücke: Zum Konzert-Event „Ruhr Soundfloat“ in Mülheim kamen die Zuhörer in Tretbooten.
Wohl denen, die für den späten Samstagnachmittag rechtzeitig ein Tretboot gechartert hatten. Denn für so einige verhallte der alte Hans-Albers-Wunsch „Nimm uns mit, Kapitän, auf die Reise, nimm uns mit in die weite, weite Welt“ unerhört. Als Kapitän firmierte in diesem Fall die ehrwürdige Gesellschaft für Neue Musik Ruhr e.V. (GNMR), die mit Unterstützung des Mülheimer Makroscope e.V. zum „Soundfloat“ auf die Ruhr eingeladen hatte.
Schwimmende Aufführung auf der Ruhr in Mülheim
Auf dem Programm stand eine schwimmende Aufführung von „ohne Titel (3) – für Violine, Saxophon, Radios, Lautsprecher & Lautsphäre“ des jungen Essener Komponisten Levin Zimmermann. Klingt spannend, war es auch.
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Dabei begann die Reise in die weite, weite Welt ganz unmusikalisch im Stadthafen mit einigem Gestrampel. Galt es doch zunächst, dem Saxophonisten Philipp Diederich und der Violinistin Mariana Hernández González sowie einem halben Dutzend Radios (die als Ghettoblaster zu bezeichnen ihre dezente Größe verbot) über die besonnten Wasser stromabwärts zu folgen.
Konzert zwischen Betonsäulen der Konrad-Adenauer-Brücke
Tja, getrommelt und gepfiffen – beschallt wurde man schließlich nicht von tapferen Seefahrern, sondern von zwei Landgängern, die sich die brutale Betonarchitektur zwischen zwei Säulen der Konrad-Adenauer-Brücke zur Bühne erkoren hatten. Ins Schwimmen gerieten sie folglich nicht bei ihren zarten musikalischen Aktionen, die von vorab aufgenommenen Klangfragmenten und gelegentlichen Kommentaren diverser Wasservögel begleitet wurden. Wozu das Bauwerk des ersten Bundeskanzlers als „Lautsphäre“ den eigenwilligen Hall- und Schallraum bot.
Ein poetisches Erlebnis für die wenigen Zuhörer auf dem Wasser, die sich von den delikaten Klanggespinsten erst einfach nur treiben ließen. Um dann vergnügt um die beiden Säulenheiligen zu kurven, was sowohl die klangliche wie auch die optische Perspektive hübsch variierte. Dass auch einige Menschen vom Ufer aus dem „Ruhr Soundfloat“ lauschten, war zwar nicht im Sinne des Erfinders, diesem aber sehr wohl recht. Schließlich ist es ein erklärtes Anliegen der GNMR, zeitgenössische Musik ebenso unkompliziert wie unkonventionell einem größeren, gern auch jungen Publikum näherzubringen.
Was hier derart überzeugend gelang, dass man prompt an ein altes Kinderlied denken musste: „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön.“ Selbst wenn sie nur unter eine nicht wirklich ansehnliche Brücke führt. Aber wie wusste schon Hans Albers: „Dort draußen, da liegt das Glück.“