Oberhausen. In Oberhausen atmet die SPD auf: Nach einer langen Serie von Wahlschlappen kann sie erstmals wieder feiern. Auch kleine Parteien freuen sich.
Fast ein ganzes Jahrzehnt lang taumelten die einst so erfolgsverwöhnten Sozialdemokraten in Oberhausen von einer Frust-Wahl zur nächsten, bei dieser Bundestagswahl war es erstmals seit der Landtagswahl 2012 anders: Die SPD dominiert wieder die Wahlresultate im Stadtgebiet und im Wahlkreis.
Der 50-jährige IT-Fachmann und hiesige SPD-Vorsitzende Dirk Vöpel gewinnt zum dritten Mal die Mehrheit in Oberhausen/Dinslaken – und seine SPD ist in Oberhausen wieder mit sattem Vorsprung stärkste Partei. Bei der Kommunalwahl vor einem Jahr hatte die CDU erstmals seit über 60 Jahren die SPD im Stadtgebiet mit 32,8 Prozent zu 31,7 Prozent überrundet.
Dass diesmal jedoch die SPD weit vorne liegen würde, zeichnete sich bereits bei der Stimmungslage an den Wahlständen der SPD vor Ort ab: Die CDU musste sich deutliche Kritik zum Wahlkampf und Verhalten ihres Kanzlerkandidaten Armin Laschet anhören, der SPD schlug dagegen erstmals wieder nach langen Jahren bitterböser Beschimpfung über die Agenda-2010-Sozialkürzungen so etwas wie Wohlwollen entgegen. „Der Wahlkampf hat Spaß gemacht“, sagt deshalb diesmal Vöpel. „Wir sind mit den Menschen richtig gut ins Gespräch gekommen und diese positive Stimmung hat sich jetzt in einem guten Wahlergebnis gezeigt.“
Die CDU dagegen hat zumindest einen Schuldigen ihres kräftigen Rückschlags entdeckt – die Medien. „Wir haben Wahlkampf gegen die Medien machen müssen“, urteilt der Oberhausener CDU-Parteichef Wilhelm Hausmann. „Wir haben zwar auch genug eigene Fehler gemacht, aber die Medien haben sich auf Kleinigkeiten gestürzt, statt über Inhalte zu berichten.“ Hauptursache der insgesamt mageren Wahlresultate der einstigen Volksparteien CDU und SPD sei aber die große Koalition gewesen. „Da kann keiner sein Profil schärfen, alles ist aufgeweicht.“ Dabei hatte die CDU-Spitze noch Mitte August gehofft, den Wahlkreis in Oberhausen/Dinslaken mehrheitlich holen zu können. Ob CDU-Direktkandidatin Marie-Luise Dött gleichwohl in den Bundestag einziehen kann, nämlich über die Parteiliste (Platz 23), stand am Abend noch nicht fest.
Die einstigen Volksparteien verloren 2017 stark an Stimmen in Oberhausen
Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren hatten beide einstigen Volksparteien bereits deutlich an Stimmen in Oberhausen eingebüßt – über acht Prozentpunkte die SPD auf damals 33,4 Prozent, 3,6 Prozentpunkte die Christdemokraten auf 26,0 Prozent. Dass beide Volksparteien zusammengenommen insgesamt verlieren – dieser Trend setzt sich auch dieses Mal fort, die Stimmen der Oberhausener Wähler verteilen sich auf immer mehr Parteien, wobei Grüne und FDP näher an die einstigen Volksparteien heranrücken: 27 Parteien standen diesmal auf dem langen Wahlzettel; einige erzielen Achtungserfolge, darunter die Satirepartei „Die PARTEI“ mit Hajo Sommers an der Spitze mit 1,6 Prozent und die Tierschutzpartei mit 1,9 Prozent.
Die Oberhausener Grünen können an ihren Erfolg bei der Kommunalwahl vor einem Jahr mit gut 14 Prozent nicht direkt anknüpfen. Im Vergleich zum grottenschlechten Bundestagswahlresultat vor vier Jahren (5,2 Prozent) verzeichnen sie aber das dickste Plus – und das historisch beste Bundeswahlergebnis in der Stadt. Die Grünen waren im Übrigen die einzige Partei, die es schaffte, ihre bundesweite Politprominenz mit Robert Habeck nach Oberhausen zu locken.
AfD-Resultat niedriger als vor vier Jahren
FDP-Bundestagsabgeordneter und Parteichef Roman Müller-Böhm ist zwar künftig nicht mehr für Oberhausen im Bundestag vertreten, doch seine Partei holt in Oberhausen ein recht gutes Resultat. Schon 2017 schnitt die FDP hier in der so wenig wirtschaftsliberal geprägten Stadt mit einem hervorragenden Ergebnis von 9,5 Prozent ab.
Die AfD ergatterte vor vier Jahren mit über 13 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis in Oberhausen (Kommunalwahl 2020: (nur noch 7,6 Prozent). Die Rechtsausleger-Partei vereinte erneut viele Stimmen auf sich – deutlich mehr als vor einem Jahr, und nicht viel weniger als vor vier Jahren.