Oberhausen. Marie-Luise Dött sitzt seit 1998 für die CDU im Deutschen Bundestag. Der Wiedereinzug wird schwierig. Mit diesen Ideen will sie dennoch punkten.

Die Oberhausener CDU sieht sich im Aufwind. Nie zuvor, hört man sehr selbstbewusst aus Parteikreisen, sei die Chance so groß gewesen, der SPD bei einer Bundestagswahl ihr Direktmandat abzuluchsen wie in diesem Jahr. Ausgerechnet in Oberhausen. In der Stadt, die seit 1965 den jeweiligen SPD-Kandidaten oder die Kandidatin (1965 war es Luise Albertz) in den Bundestag wählt. „Das wäre der absolute Knaller“, sagt die CDU-Bundestagskandidatin Marie-Luise Dött zu den Gedankenspielen ihrer Partei.

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Wir treffen Dött an einem regnerischen Vormittag zum Spaziergang durch Lirich. Hier, im nördlichen Teil des Wahlbezirkes, hat die CDU bei der vergangenen Bundestagswahl 2017 am schlechtesten abgeschnitten. Gerade einmal 20,8 Prozent der Zweitstimmen konnten die Christdemokraten hier holen. Die AfD schaffte dagegen hier ihr stadtweit bestes Ergebnis: 18,4 Prozent.

CDU-Abgeordnete nennt Verhalten der AfD „verwerflich“

Diese Last liegt ihr beim Gang durch Lirich auf dem Herzen. Denn aus ihrer tief empfundenen Abneigung gegen die AfD hat sie nie einen Hehl gemacht. Und jetzt, am Ende der ersten Legislaturperiode mit der AfD im Deutschen Bundestag, sagt sie: „Es ist noch viel schlimmer als ich es mir vorgestellt habe. Es ist erdrückend.“ Mit den rechten Politikern sei keine Diskussion möglich, schon gar kein Kompromiss. Die AfD tue so, als ob sie den Menschen zuhört. Dabei nutze sie diese nur aus – als eine Art Sprungbrett, um an Wählerstimmen zu gelangen. „In Wahrheit nimmt die AfD die Menschen überhaupt nicht ernst. Und das ist verwerflich.“

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Doch wie überzeugt man die Menschen vor Ort davon? Wie gewinnt man Wählerstimmen zurück? „Indem man ihnen zeigt, dass man zuhört und dementsprechend auch handelt“, sagt Dött. Gerade eben erst habe sie mit einem Oberhausener Taxi-Unternehmer geredet, der sich über einen möglichen Mindestlohn von zwölf Euro beklagt habe. „Das kann der Mann nicht erwirtschaften, um es seinen Angestellten zu zahlen. Deshalb setzen wir uns für Kombilöhne statt des Mindestlohns ein.“ Heißt: staatliche Zuschüsse an geringverdienende Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, die insbesondere Menschen mit niedriger Qualifikation beschäftigen, ähnlich dem „Aufstocker-Modell“. „Gut bezahlbare Arbeitsplätze, das ist es, was die Menschen brauchen, gerade in den sozial schwächer gestellten Stadtteilen.“

Menschen in Oberhausen sehr „kiezverbunden“

Gerade in Oberhausen könne ihre Politik zudem punkten, da sie Heimatverbundenheit wahren beziehungsweise neu schaffen möchte. „Der Oberhausener ist sehr kiezverbunden, würde man in Berlin sagen“, meint die Bundestagsabgeordnete. „Die Menschen hier identifizieren sich mit ihren Quartieren.“ Daher liege ihr die Entwicklung in den Stadtteilen besonders am Herzen.

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„Wir müssen die Menschen aber auch wieder in die Innenstadt bringen“, meint Dött. Nur wie? „Wir verhelfen dem Einzelhandel zu Laufkundschaft, indem wir mehr Gastronomie ansiedeln zum Beispiel.“ Mehr Schulen und Kindergärten müssten in die Innenstadt, auch Arztzentren. Gewerbe müsse sich ohne große Hürden in Innenstadtnähe ansiedeln können. „Wenn wir mehr Menschen in die Innenstädte bekommen, dann achten diese Menschen auch viel mehr aufeinander und auf ihre Umgebung.“ Niemand wolle Müll in Kindergartennähe.

Kann man denn im fernen Berlin überhaupt Einfluss nehmen auf die Innenstadtentwicklung der Oberhausener Ortsteile? Sicherlich nicht so sehr wie eine Kommunalpolitikerin, gibt Dött zu. „Aber Oberhausen ist immer im Hinterkopf.“ Bei der Förderung der Gasometer-Sanierung etwa oder der Entwicklung der Sportkirche in Osterfeld. „Das ist ein wahnsinnig wichtiges Projekt, das der Integration im Stadtteil immens guttun wird.“

Corona verlangt den Menschen immer mehr ab

Der Wahlkampf gewinnt zunehmend an Fahrt, die Wahlplakate hängen, Parteien bauen ihre Wahlstände auf. Es ist nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr der zweite Wahlkampf unter Corona-Bedingungen. „Die größte Herausforderung wird dieses Mal die Müdigkeit vieler Menschen sein“, meint Dött. Die Pandemie verlange den Menschen immer mehr ab: Disziplin, Einschränkung und Durchhaltevermögen.

Zum anderen sei es gerade für sie als umweltpolitische Sprecherin nicht leicht, ihre Überzeugung darzulegen. Die Diskussion über den Klimawandel würde vielerorts nicht mehr sachlich, sondern viel zu emotional geführt, findet Dött. „Wir wollen ein Industrieland bleiben. Wir stehen für Innovation und für moderne Technik. Aber wir setzen nicht auf Verbote.“ Dies an den Mann und die Frau zu bringen, sei kein einfacher Job.

Apropos: Teilt sie eigentlich die Hoffnung ihrer Partei, in Oberhausen das Direktmandat holen zu können? Die Hoffnung ja. Aber Oberhausen sei schon wirklich ein sehr schwieriges Pflaster für Christdemokraten. „Mein Problem sind die Traditionswähler. Man wählt die SPD, weil man immer schon die SPD gewählt hat.“ Dabei kommt es gerade in diesem Jahr auf jede Stimme an, denn der Listenplatz 23 Marie-Luises Dötts ist in diesem Jahr tatsächlich nicht so aussichtsreich wie in den vergangenen Jahren. Seit 1998 ist die Oberhausenerin Bundestagsabgeordnete – eingezogen immer über den Listenplatz ihrer Partei.

Und dennoch tritt sie erneut in Oberhausen als Kandidatin an. „Ja natürlich. Sonst hätte ich Oberhausen im Stich gelassen“, sagt sie – und ergänzt selbstbewusst: „Wenn es eine schaffen kann, dann bin ich das.“