Gelsenkirchen. Wohnungsbau bis Kita-Plätze: Gelsenkirchens OB Karin Welge hat ihr Programm für 2022 vorgestellt. Es gibt viel zu gewinnen und zu verlieren.

Corona ersticke die Leute, sie seien „fürchterlich gefangen“ in dem Thema, bedauert Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD). Bei der Vorstellung ihres Arbeitsprogramms 2022 („Wir gestalten aktiv unsere Stadt") sollte es deshalb ausnahmsweise mal nicht um die Pandemie gehen, sondern um all das, was die Stadt 2022 ansonsten beschäftigen wird. Was die OB anpacken will, wo sie groß gewinnen, aber auch verlieren kann - der Überblick:

Schulen und Kitas: „Wo viel passiert, kann auch viel schiefgehen.“

In diesem Jahr sollen 34 neue Kita-Gruppen für 660 Kinder geschaffen werden. Außerdem soll die Grundschule an der Ebersteinstraßein diesem Jahr fertig werden. Die OB hat sich zudem das Ziel gesetzt, dass bis Ende des Jahres alle Standorte für die fünf weiteren Schulen feststehen, die in den nächsten fünf Jahren gebaut werden sollen. Enttäuscht zeigte sie sich allerdings darüber, dass ihr Plan, ein Jahrzehnt des Schulneubaus in Gelsenkirchen einzuläuten, einen ersten Dämpfer bekommen hat. Verzögerungen gibt es nun sowohl an der Gesamtschule in Erle, als auch bei der Kulturschule am Schalker Verein. Welges Position: „Klar, dass mir das auf die Füße fällt. Klar aber ist auch: Seit 40 Jahren wurde keine Schule mehr in Gelsenkirchen gebaut.“ Wo viel passiere, könne auch etwas schiefgehen. Allerdings will die OB auch ihre Lehren aus den ersten Abbremsungen ziehen: „Ich würde jetzt noch mal mit einer anderen Brille auf die Pläne gucken und alle Eventualitäten früher berücksichtigen.“

Bildungscampus: Welge will Jobeinstieg für junge Gelsenkirchener optimieren

Welge plant, ihr „Bildungscampus“-Projekt 2022 deutlich voranzubringen und will damit nach eigener Aussage eine „Bildungsoffensive“ in Gelsenkirchen beginnen. Das Projekt zielt auf die Gruppe der 15- bis 25-Jährigen ab. Statt zur Berufsberatung der Arbeitsagentur gehen zu müssen, an verschiedene Ansprechpartner an Schule, Berufskolleg und Stadt für den weiteren Berufsweg verwiesen zu werden, sollen diese jungen Leute hier eine Adresse bekommen, an der ihnen auf einen Schlag bei der Karriereplanung geholfen wird. „Wir wollen ein Beratungsangebot aus einer Hand schaffen, um jungen Menschen eine bestmögliche Perspektive zu geben.“

Schrottimmobilien: 250.000 Euro für Privatleute, die Problemhäuser kaufen

Welge hat bereits vor längerer Zeit angekündigt, dass sie den Kauf von Schrottimmobilien durch Privatleute mit einem Fördertopf in Höhe von 250.000 Euro unterstützen will. Nun steht ein Zeitplan: Ein entsprechender Kriterienkatalog mit Angaben über die Förderhöhe und -bedingungen soll der Politik noch im Februar vorgelegt werden. So sollen im Sommer die ersten Anträge von Privatleuten möglich sein. Parallel dazu will die Stadt selbst weitere Problemhäuser kaufen, um sie zu modernisieren oder abzureißen – bis zum Ende des nächsten Jahres mehr als 50 Stück.

Brückenbau: Neue Kanalbrücke an der Uechtingstraße wird bald eingeweiht

Als erstes wichtiges infrastrukturelles Vorhaben im neuen Jahr nennt Welge die zeitnahe Inbetriebnahme der neuen Kanalbrücke an der Uechtingstraße am Rhein-Herne-Kanal. „Das wird vermutlich in der Bevölkerung etwas untergehen, aber das ist ein großes Projekt von 8,5 Millionen Euro, mit dem wir unter anderem das Gewerbegebiet Emscherstraße und das Gewerbegebiet Schalke miteinander verbinden.“ Auch bekommen Radfahrer und Fußgänger neue Wege.

Neue Wohnquartiere: „Wir scannen gerade das Gelsenkirchener Stadtgebiet“

Karin Welge hat sich das Ziel gesetzt, 2022 weitere Standorte für hochwertigen Wohnraum ausfindig zu machen. „Wir scannen das Stadtgebiet gerade und haben bereits Flächen vorsondiert. Denkverbote darf es dabei nicht geben, aber man muss auch sehr behutsam vorgehen.“ Konkrete Standorte konnte die OB nach mehrfacher Nachfrage allerdings noch nicht nennen, man sei hier noch in der Abstimmung.

20 neue Stellen für den Kommunalen Ordnungsdienst

In diesem Jahr werden 20 neue Stellen beim Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) geschaffen. Es ist eine erste Ausbaustufe, bis 2024 soll die Zahl der Einsatzkräfte von 50 auf 100 verdoppelt werden. Derzeit, ist der KOD überwiegend im Einsatz, um Corona-Verstöße zu ahnden. „Ich hoffe, dass wir in der zweiten Hälfte des Jahres mit Blick auf Corona so viel Entspannung haben, dass es für die Bevölkerung auch wahrnehmbar sein wird, dass der Ordnungsdienst mehr Präsenz im Quartier zeigt.“ Im Frühsommer soll Bilanz zur 24-stündigen telefonischen Erreichbarkeit der KOD-Leitstelle gezogen werden.

Bürgerbeteiligung: Stadt Gelsenkirchen plant Online-Plattform

Welge will 2022 eine „gesamtstädtische Online-Beteiligungsplattform“ errichten. Über sie sollen Stimmungen eingefangen und Ideen und Meinung abgefragt werden. Die Bezirksforen sollen 2022 fortgesetzt werden. In diesen jährlichen Veranstaltungen in den Stadtteilen können Bürger ihre Wünsche äußern und dann direkt Geld dafür erbitten.

Polizeihochschule: „Bittere Niederlage“, falls sie nicht nach Gelsenkirchen kommt

Noch in diesem Monat soll die Entscheidung fallen, ob der Neubau der Hochschule für Polizei und Verwaltung (HSPV) nach Gelsenkirchen kommt. Welge gibt zu: Sollte statt Gelsenkirchen Herne, Bochum oder Dortmund das Rennen machen, „wäre das eine ganz bittere Niederlage, aber auch ein fatales Zeichen des Landes an eine Stadt, die hier mit viel Leidenschaft und Herzblut enorm gepowert hat – trotz ihrer Strukturdaten, vielen Herausforderungen und schwierigen Finanzausstattung.“