Mülheim. Bislang blieb die Mülheimer Politik schweigsam zu den Entwürfen der Parkstadt. In der Bezirksvertretung 3 zeigte sich jedoch ein breiter Unmut.
Viel Rasen, Schatten spendende Bäume, Purzelbaum schlagende Kinder, ein ruhiger See – und irgendwo dahinter, am Rande, ein paar Häuser. So skizziert Investor Erwin Soravia nach dem städtebaulichen Wettbewerb die künftige Entwicklung des Speldorfer Tengelmann-Areals. Eine idyllische Parkstadt mit blauem Himmel – die grauen Wolken über dem Rest der City. Und bisher war die politische Stimmung durchaus heiter. Die ersten Schleierwolken aber zogen in der Bezirksvertretung 3 auf.
„Grässlich - eine reine Augenwischerei“, stieß es nach der Präsentation der Entwürfe am Donnerstagabend emotional aus Hartmut Meyer (CDU) hervor: Das könne man vielleicht außerhalb der Stadt bauen, aber doch nicht mitten in Speldorf – „in Ratingen reißen die so was gerade ab, hier baut man es auf? Ich dachte, solche Silos wären vorbei.“
Bezirksbürgermeisterin Elke Oesterwind: „Es ist noch nicht alles in Beton gemeißelt“
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Als „intelligente Mischnutzung aus Wohnen, Gewerbe und Freizeit“ hatte OB Marc Buchholz den Entwurf mit Hoffnungen verbunden, Unternehmen zum Ansiedeln zu bewegen. Zu hoch geplant, zu viel langweiliger Rasen und vor allem zu wenig Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, um dort spielen zu können, kritisierte hingegen Meyer in verblüffender Deutlichkeit. „Wir haben gerade noch über den Masterplan ,Bewegen und Spielen’ für Jugendliche gesprochen“, präzisierte Meyer gegenüber dieser Zeitung, und hier finde sich davon nichts wieder.
Bezirksbürgermeisterin Elke Oesterwind bremste die Kritik mit dem vieldeutigen Satz ein: „Es ist ja noch nicht alles in Beton gemeißelt.“ Denn zum einen gibt es noch keinen Bebauungsplan – und dieser wird in mehreren Etappen erstellt –, zum anderen wird es voraussichtlich rund 15 Jahre dauern, bis das Projekt überhaupt umgesetzt ist. Viele Details sind also noch gar nicht ausgeführt und zu bearbeiten.
Mehrheit der Politik äußert deutliche Kritik an Höhe und Dichte der Bebauung
Viel Rückenwind erhielt Meyer aus Richtung der „Partei“, von Grünen und SPD: Es habe sich „das Modell durchgesetzt, das am engsten bebaut ist“, schüttelte Roland Oder (Die Partei) den Kopf über „eine Verdichtung, die kein Mensch mehr will“. Rund 2000 Menschen sollen laut Planung hier wohnen - das macht allein gut zehn Prozent der Bürger im Stadtteil aus. Nicht nur deshalb befürchtet Oder verkehrlich schon während der langen Bauphase ein „Riesenchaos im Stadtgebiet. Ich bin sehr enttäuscht, was bei diesem Wettbewerb herausgekommen ist.“
Die Verkehrsanbindung und der geplante See stießen auch den Grünen auf. Carsten Voß befürchtet eine „Eutrophierung des stehenden Gewässers“ – also ein schnelles Ableben des Sees aufgrund des mangelnden Austausches mit Frischwasser und Versorgung mit Sauerstoff. Eine mögliche Lösung bot der Grüne an, indem man den See mit Bächen im Broicher und Speldorfer Stadtgebiet verknüpfe. Ohnehin plane ja die Stadt, Bäche zu entflechten, argumentierte Voß.
SPD will statt eines Sees ein Schwimmbad links der Ruhr
Stadt verteidigt Siegerentwurf
Der Siegerentwurf sei nicht dichter geplant als die anderen, zudem sei nur durch die hohe Bebauung mehr Grün möglich als in den anderen Entwürfen, verteidigte die Verwaltung die Präsentation in der Bezirksvertretung. Andere Investoren hätten nicht „so viel Grün“ eingeplant. Es handele sich überdies nur um einen ersten Entwurf, der in den Details noch ausgeführt werden müsse.Der steigende Verkehr sei bereits in der Planung mit einer Hauptanbindung über den Norden (Liebigstraße) berücksichtigt. Zudem will man durch eine Mobilstation und eine Anbindung an den Radschnellweg die alternative Mobilität fördern.Für den Autoverkehr seien neben Tiefgaragen auch Parkhäuser geplant, die man entsprechend zurückbauen oder anderweitig nutzen könne, wenn mehr Alternativen zum Auto genutzt würden.
In der Sitzung selbst blieb die SPD zurückhaltend, auf Anfrage der Redaktion aber zeigt sich auch die SPD-Fraktionsvorsitzende der BV1, Susanne Dodd, über verschiedene Kritikpunkte besorgt. „Wir sind als Fraktion noch in der Meinungsfindung. Wichtig sind uns aber die soziale Durchmischung, ein Anteil an geförderten, bezahlbaren Wohnungen und der Ausbau von Photovoltaik“, merkt sie an.
Doch auch die Höhe und Verdichtung, der zu erwartende zunehmende Verkehr sowie die fehlenden Freizeitmöglichkeiten für junge Menschen sind der SPD „ein Dorn im Auge“. Eine augenzwinkernde Idee anstelle des Sees hätte Dodd bereits: „Man könnte doch hier ein Schwimmbad bauen, dann hätten wir endlich auch das lang ersehnte Bad links der Ruhr.“
In den kommenden Wochen wollen die Genossen in den Austausch mit den Anwohnern gehen. Zur Offenlegung der Pläne im vergangenen Oktober äußerten einige ihre Bedenken über ein „Manhattan in Mülheim“. Eine Gruppierung – die Interessengemeinschaft Speldorf – soll sich nach Angaben des ehemaligen Vorstands, Hartmut Meyer, bereits mit großer Skepsis zu Wort gemeldet haben.