Oberhausen. Die Pandemie hat den Wunsch von Jüngeren gesteigert, ein schöneres Zuhause zu finden. Doch das ist schwer. Man kann die Chancen aber verbessern.
Wer in den vergangenen Jahren versucht hat, aus seiner mageren Mietwohnung in das eigene Traumhaus zu ziehen, weiß schmerzlich, wie schwierig es im Immobilienboom ist, keine Bruchbude zu überteuerten Preisen angedreht zu bekommen. Die Corona-Pandemie hat den Wunsch nach einem komfortablen Zuhause weiter befeuert.
„Die Nachfrage ist gewaltig, es wird fast alles gekauft, was auf den Markt kommt“, beobachtet der erfahrene Oberhausener Geschäftsführer der Sparkassen-Vermietungs- und Immobilien-Vermittlungs-GmbH, Hans-Joachim Riehle. Zugleich aber würden im Stadtgebiet zu wenige Ein- und Mehrfamilienhäuser gebaut. „Seit einigen Jahren ziehen die Preise spürbar an, eine Überhitzung ist aber im Ruhrgebiet nicht zu sehen.“
Familien und Paare, auch verblüffend viele jüngere Jahrgänge, gerade mal aus dem Nest des Elternhauses entflogen, bestürmen in diesen Monaten die lokalen Immobilienmakler nach Grundstücken, Häuser und Wohnungen. Veröffentlicht Romina Geilenkothen, regionale Immobilienspezialistin des Commerzbank-Partners Planethome AG, ein Haus-Angebot in Oberhausen, ist sie erst einmal lahmgelegt – Telefonanruf folgt auf Telefonanruf. „Wir haben so viele Anfragen, die ein Haus ansehen wollen, dass wir die Zahl der Besucher begrenzen müssen.“ Hartmut Leser, Oberhausener Commerzbank-Marktbereichsleiter, kann darüber immer wieder neu staunen: „Das geht dann Schlag auf Schlag, das ist unvorstellbar.“
Unser Corona-Check, die bekannte Umfrage der Funke Mediengruppe im gesamten Verbreitungsgebiet der WAZ, beweist, wie wichtig den Menschen in der Pandemie das eigene Reich geworden ist: Jeder fünfte der Unter-40-Jährigen hat beim langen Blick auf die eigene Wohnung festgestellt, dass sie den Ansprüchen und Anforderungen nicht mehr genügt: „Ich würde meine Wohnsituation gern verändern.“ Über alle Altersgruppen hinweg sind immerhin zwölf Prozent der Umfrage-Teilnehmer unzufrieden mit ihrer jetzigen Wohnlage.
Doch wie erhöht man die Chancen, seine Traumimmobilie zu finden? Wir fragten bei den drei oberen Fachleuten des Oberhausener Immobilienmarktes hartnäckig nach – und präsentieren hier die Erkenntnisse ihrer zusammen jahrzehntelangen Erfahrung in Finanz- und Hausgeschäften.
Hohe Nachfrage nach Häusern und Wohnungen: Die Gründe
Unflexibel, Ärger mit Handwerkern, viel Arbeit im Garten und Haus – Immobilien waren nicht in allen Generationen begehrt. Doch diese Einstellung hören die Makler nicht mehr. „Kunden verbinden Betongold mit der Sicherheit als stabile Wertanlage auch in Krisen, mit Freiheit in den eigenen vier Wänden, mit Heimatgefühl und eine im Vergleich zu Anleihen und Sparbriefen lukrative Anlage“, sagt Commerzbank-Fachmann Hartmut Leser. „Eigentum statt Miete rechnet sich langfristig – und ich werfe nicht irgendeinem Vermieter Geld hinterher.“
Dabei ist sogar der übliche Handtuch-Garten wieder aus dem Trend, man will wieder gerne im Garten eigenes Gemüse ziehen. Die Zahl der Einwohner in Oberhausen ist zwar mit rund 210.000 seit 2013 nicht nennenswert gestiegen, doch die Zahl der Haushalte mit vier Prozent auf 105.000 schon – es gibt immer mehr Singles, die Wohnraum beanspruchen, aber nicht im gleichen Maße steigt die Zahl neuer Wohneinheiten. Der Markt ist überschaubar: Nur 1300 bis 1400 Objekte wechseln in Oberhausen jährlich den Eigentümer.
Woher haben die Menschen so viel Geld?
Alle drei Fachleute berichten, dass im Unterschied zu früher auch jüngere Pärchen auf teurer Haussuche sind. Sie haben oft Geld von der Eltern- und Großeltern-Generation erhalten – als vorweggenommene Erbschaft. In Zeiten, in denen sogar Negativzinsen auf Erspartes drohen, sind die Älteren gerne bereit, ihr Geld an die nachfolgenden Generationen rechtzeitig abzugeben. Und: In der Pandemie ging es eben nicht allen Branchen schlecht, viele Arbeitnehmer haben keine Gehaltseinbußen.
Mit welchen Preisen muss man rechnen?
Seit vielen Jahren steigen die Preise für Neu- und Altbauten kontinuierlich, seit sieben Jahren aber ziemlich deutlich. Von 2013 bis 2020 zogen die Quadratmeter-Preise für Eigentumswohnungen nach den Median-Daten der BNP Paribas in Oberhausen von 1040 Euro auf 1300 Euro (Bestandsimmobilien, plus 25 Prozent, also 3,6 Prozent pro Jahr) bzw. von 2200 auf 3200 Euro an (Neubau, plus 45 Prozent, also plus 6,4 Prozent). Der Preisanstieg beim Neubau ist allerdings nicht nur der guten Nachfrage geschuldet, sondern auch den höheren energetischen Bauauflagen für den Klimaschutz. Die Sparkasse beobachtet seit 2017 erhebliche Preissprünge: Wurde im Jahr 2017 ein durchschnittlicher Kaufpreis von 229.000 Euro beurkundet, so lag dieser Wert im Jahr 2019 bereits bei ca. 251.000 Euro und liegt aktuell bei etwa 280.000 Euro.
Wie realistisch gehen die Immobilieneigentümer der Zukunft an die teure Aufgabe heran?
Nicht wenige junge Paaren und Familien überschätzen ihre finanzielle Leistungsfähigkeit und unterschätzen die Nebenkosten eines Immobilienkaufs und Renovierungskosten eines Altbaus. So gehen etwa 25.000 bis 30.000 Euro alleine für Notar, Makler (3,57 Prozent) und Grunderwerbssteuer (6,5 Prozent) drauf – bei einem Durchschnittshaus in Oberhausen zum Preis zwischen 250.000 bis 300.000 Euro.
Der Modernisierungsstau bei Altbauten, meist entstanden in den 50er Jahren, ist nach Kenntnis von Sparkassen-Immobilienfachmann Hans-Joachim Riehle gewaltig. „Die Häuser gehörten 80 bis 90 Jahre alten Menschen, die seit 30 bis 40 Jahren nichts mehr am Haus gemacht haben. Bringt man die auf den heutigen Stand, ist man schnell 100.000 Euro an Renovierungskosten los bei einem Haus, das beim Verkaufspreis wie ein Schnapper aussieht.“
Das ist nach Beobachtung der Commerzbank auch der Grund, warum der Quadratmeter-Preis von Bestands-Eigentumswohnungen so viel niedriger ist wie die neu gebauten. Zusätzlich zu den Renovierungskosten hat man auch noch plötzlich mehr Räume und mehr Wünsche: „Man sollte sich nicht auf den letzten Pfennig ausziehen“, rät Leser. „Die Leute wollen es sich ja schön machen und nicht in einer Bruchbude leben.“ Vorhänge, neue Fußbodenleisten, die neue Küche – all das geht ins Geld.
Wie viel Geld sollte man selbst gespart haben?
Immer wieder erleben die Baukreditsachbearbeiter, dass ganze Familien Stein und Bein schwören, sich ganz leicht einschränken und die Monatsrate von 700 Euro leicht abzwacken zu können. Bedauerlichweise hat das Paar aber bisher noch nichts gespart – und der jährliche Urlaub soll natürlich auch künftig finanziell möglich sein. Solchen Paaren raten seriöse Finanziers lieber erst einmal vom Immobilienkauf ab und zeigen einen Weg auf, mit Sparförderung Eigenkapital anzusammeln – mindestens die Nebenkosten des Hauskaufs sollten selbst gespart sein.
Das ist aber absolutes Minimum. Denn zusätzlich zum Hauskauf kommen noch jährliche Absicherungskosten, die kaum ein Immobilien-Novize im Blick hat: Die Gebäudeversicherung, aber auch die Absicherung des einzigen Alleinverdieners der Familie. „Wir möchten, dass nach dem Kauf alle gut schlafen können“, meint Riehle. Spätere Finanzkatastrophen schätzen auch provisionshungrige Verkäufer von Häusern und Kredit-Geldern nicht.
Wie erhöht man seine Chancen auf die Wunsch-Immobilie?
Erstens: Nicht zu eng suchen. Wenn der Alstadener auf keinen Fall nach Sterkrade ziehen will und nur im Süden Oberhausens schaut, hat er in der Regel kaum Erfolgschancen. „Das Gute an Oberhausen: In jedem Stadtteil gibt es wunderschöne Ecken, es gibt keine schlechten“, wirbt Sparkassen-Mann Riehle. Zweitens: Sich an seriöse Makler wenden, sich mit einem Baufinanzierungsberater über seine finanziellen Möglichkeiten beraten lassen, sich in Listen eintragen. „Man sollte persönlich vorsprechen und abklären: Wie viel Immobilie kann ich mir erlauben?“ Drittens: Den Markt durch Besichtigungen sondieren. „Erst nach einem guten Dutzend Besichtigungen hat man ein Gefühl, ob der Kaufpreis gerechtfertigt ist.“
Bau- und Finanzexperten der Banken und Sparkassen, aber auch Makler vor Ort, helfen dabei: Sie kennen den Markt, sie versprechen, grobe Baumängel zu erkennen und den Renovierungsstau über den Daumen gepeilt abschätzen zu können. „Wir wissen, ob da versucht wurde, die Braut ein wenig aufzuhübschen“, versichert Riehle. Übrigens: Die Schlangen anderer Kaufwilliger sollte niemanden dazu bewegen, spontan und ohne nähere Überlegung eine Immobile zu erwerben. „Man muss das 15. Haus genauso prüfen wie das erste.“ Sonst droht die Gefahr, ins Unglück zu stürzen.
Kann man auch ungewöhnlich vorgehen, um bei Hausverkäufern aufzufallen?
Ja, die Commerzbank-Fachfrau Romina Geilenkothen von der Planethome AG empfiehlt dringend, allen möglichen und unmöglichen Leuten zu erzählen, dass man auf Wohnungssuche ist – ob bei Freunden oder Bekannten der Umgebung, im Verein oder im Betrieb. Wenn man ein Haus sieht, dass einem gefällt, sollte man auch ruhig einen netten Brief schreiben und dort in den Briefkasten werfen: „Wir sind eine junge Familie, ihr Haus ist sehr schön, wollen Sie es vielleicht verkaufen?“ Der eine oder andere hat damit einem älteren Eigentümer-Paar durchaus schon den entscheidenden Anstoß gegeben, das zu groß gewordene Haus loszuwerden und sich kleiner zu setzen. Gewinner gibt es dann auf allen Seiten.
Wie wird sich der Immobilienmarkt in den nächsten Jahren entwickeln?
Die Immobilienfachleute sehen keine Blase, keine Überhitzung des Marktes in Oberhausen und Umgebung – eher erhebliche Nachholeffekte im Vergleich zu den seit langer Zeit heiß laufenden Märkten in Großstädten wie Köln, Hamburg, Berlin oder München.
Die Preise auf dem Immobilienmarkt in Oberhausen
Die Preise eines Hauses oder eines Einfamilienhauses hängen natürlich von vielen Faktoren ab – von der Lage, der Ausstattung, dem Baujahr, dem Renovierungsstau, den Schäden und Mängeln, der Grundstücksfläche oder der Gesamtwohnfläche. Trotzdem hat die „Sparkassen Vermietungs- und Immobilien-Vermittlung GmbH Oberhausen“ (Wörthstraße 12) einmal aufgelistet, mit welchen Preisen man für Häuser und Wohnungen im Stadtgebiet rechnen muss.
So kostet ein freistehendes Einfamilienhaus im Bestand zwischen 250.000 und 500.000 Euro. Eine Doppelhaushälfte ist mit 230.000 bis 400.000 Euro zu kalkulieren. Bei einem Reihenhaus ist man mit 190.000 bis 370.000 Euro Kaufpreis dabei. Die selbstgenutzte Eigentumswohnung kostet pro Quadratmeter zwischen 800 und 2000 Euro. Der Preis für ein Mehrfamilienhaus wird mit einer Jahresnettokaltmiete multipliziert mit dem Faktor 14 bis 20 errechnet.
Bei Neubauten liegen die Preise naturgemäß noch viel höher. Ein freistehendes Einfamilienhaus: ab 600.000 Euro; eine Doppelhaushälfte ab 400.000 Euro, ein Reihenhaus zwischen 350.000 und 400.000 Euro, eine Eigentumswohnung 2900 bis 3600 Euro pro Quadratmeter – und der Preis eines neuen Mehrfamilienhauses beträgt etwa das 22-fache der Jahresnettokaltmiete und mehr.
Sie gehen im Ruhrgebiet von weiter steigenden Haus- und Wohnungspreisen aus. Nach der Einschätzung der Stadtsparkasse ist der Oberhausener Immobilienmarkt völlig intakt und stabil. „Insofern sehen wir in unserem Tätigkeitsgebiet in Oberhausen und den angrenzenden Regionen absolut keinen drohenden Preisverfall, sondern eher das Gegenteil. Es wird zu keinem spürbaren Nachfragestopp oder -einbruch bei Wohnimmobilien kommen.“