Mülheim. Mülheims Haus der Wirtschaft, einst Zentrale des Thyssen-Konzerns, hat eine neue Eigentümerin. Der MWB hatte das Haus vor dem Verfall gerettet.
Die alte Thyssen-Zentrale, heute besser bekannt als Mülheims „Haus der Wirtschaft“, hat eine neue Eigentümerin. Der Mülheimer Wohnungsbau (MWB) trennte sich von dem Traditionsgebäude, für dessen Sanierung und Etablierung als Gründerzentrum die Stadt dem MWB seinerzeit umfangreiche finanzielle Sicherheiten gegeben hatte. Die neue Eigentümerin kommt aus Düsseldorf.
Das Gebäude an der Wiesenstraße ist mehr als 100 Jahre alt und denkmalgeschützt. Erbaut hatte es 1911 der Stahlkonzern Thyssen als Verwaltungssitz mit repräsentativer Eingangshalle für seine Maschinenfabrik Thyssen & Co.. Von 1910 bis 1926 nutzte der einst größte Montankonzern Europas die vom Düsseldorfer Architekten Otto Engler erbaute Immobilie.
Neue Eigentümerin ist eine Vermögensverwaltung aus Düsseldorf
1995 sanierte und revitalisierte der MWB in Kooperation mit der Stadt das Gebäude, das über einen imposanten, festlichen Lichthof verfügt. Ziel war es, im „Haus der Wirtschaft“ Platz zu schaffen für Gründer. Auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Mülheim & Business“ richtete im Haus ihre Zentrale ein, bis sie zum Jahresende 2020 aufgelöst worden ist.
Nun verkündeten MWB und der Gewerbeimmobiliendienstleister Ruhr Real den Eigentümerwechsel des Gebäudes. Der MWB verkaufte die denkmalgeschützte Immobilie zu einem nicht genannten Preis an die Markus Mertens Vermögensverwaltungsgesellschaft aus Düsseldorf. Das Unternehmen kauft unter anderem Gebäude unterschiedlichster Nutzungen auf, um sie in Objektgesellschaften zu bündeln, die Anlegern „schwankungsresistent“ eine feste Verzinsung versprechen.
Das Haus der Wirtschaft ist vollvermietet
Das Haus der Wirtschaft sei vollvermietet an die neue Eigentümerin übergegangen, heißt es vom Immobiliendienstleister Ruhr Real. Es steht eine Bürofläche von rund 5160 m² zur Verfügung, rund 8275 m² beträgt die Grundstücksfläche, es gibt 75 Parkplätze.
Die Markus Mertens Vermögensverwaltungsgesellschaft will die junge Geschichte im Haus der Wirtschaft fortführen und ebenfalls Bürofläche für Unternehmen und Start-ups bieten. „Die MWB hat eine vielfältige und gesunde Mieterstruktur geschaffen. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit mit den Unternehmen und Start-ups, die im Haus der Wirtschaft angesiedelt sind“, sagt Inhaber Markus Mertens. „Dass nun die ehemalige Thyssen-Zentrale Teil unseres Portfolios ist, erfüllt uns mit Stolz.“
MWB-Vorstand: Wir sind nicht der geborene Betreiber eines Hauses der Wirtschaft
„Wir haben lange und intensiv mit verschiedenen Kaufinteressenten gesprochen, ehe wir uns für die Markus Mertens Vermögensverwaltungsgesellschaft entschieden haben. Uns war es sehr wichtig, das Haus der Wirtschaft an einen verantwortungsvollen Käufer zu übergeben”, ließ sich MWB-Finanzvorstand Dominik Steffan zum Deal zitieren. MWB-Vorstand Frank Esser unterstrich im Gespräch mit dieser Zeitung, dass es der örtlichen Genossenschaft wichtig gewesen sei, das Gebäude in Hände eines Eigentümers zu übergeben, „der nachhaltig damit umgeht“.
Als Grund für den Verkauf nannte Esser, dass der MWB als Wohnungsgenossenschaft „nicht der geborene Betreiber eines Hauses der Wirtschaft ist“. Er betont, dass das seinerzeitige Engagement seines Unternehmens, der alten Thyssen-Zentrale eine Perspektive zu eröffnen, aber nicht zu bereuen sei. „Durch das Haus der Wirtschaft hat Mülheim ein dringend benötigtes Gründerzentrum erhalten, und viele dynamische Start-ups haben hier die ersten Schritte zum geschäftlichen Erfolg getan.“
Stadt gab seinerzeit dem MWB eine Mietbürgschaft
Stadt hat noch Mietvertrag bis Ende 2025
Im Haus der Wirtschaft hat die Stadt rund 500 Quadratmeter Büros und Sitzungsräume für die Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Mülheim & Business“ angemietet. Während die Gesellschaft nun aufgelöst ist und die Wirtschaftsförderung ins Technische Rathaus umziehen soll, hat der Mietvertrag laut Kämmerer Mendack noch eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2025.
„Die Seminarräume im Haus der Wirtschaft werden bei Bedarf vermietet“, so Mendack. „Ob eine (vorzeitige) Abmietung der Räumlichkeiten notwendig ist, war bereits Gegenstand von Gesprächen, die nun mit dem neuem Vertragspartner zu führen sind.“
Die Stadt sicherte dem MWB dereinst für die Investition in die alte Thyssen-Verwaltung zu, bei Leerständen für Mietausfälle aufzukommen. Für die ersten zehn Jahre war laut Stadtkämmerer Frank Mendack eine Mietbürgschaft auf 280.000 Euro pro Jahr taxiert, mit Verlängerung des Mietvertrags von „Mülheim & Business“ im Jahr 2015 sei die Summe auf 35.000 Euro pro Jahr begrenzt worden.
Die Bürgschaft, ursprünglich bis 2020 gewährt, sei im Jahr 2018 im Zuge einer weiteren Vertragsverlängerung vorzeitig ausgelaufen. Laut Mendack hat die Stadt zwischen 2005 und 2013 Mietausfälle in Höhe von insgesamt 180.000 Euro an den MWB erstattet.