Mülheim. Der Unternehmerverband mahnt erneut neue Haushaltspolitik an. Zur Krise der großen Industrieunternehmen fallen beim Katerfrühstück nur wenige Worte.
Die Sorge um die Zukunft des industriellen Sektors ist der eine, die große Vorfreude auf die Eröffnung der neuen Hochschule in Broich der andere Pol, zwischen denen sich die Stimmungslage der heimischen Wirtschaft derzeit bewegt. Dies wurde am Aschermittwoch beim Katerfrühstück deutlich, zu dem der Unternehmerverband Vertreter aus Wirtschaft und Politik ins Haus der Wirtschaft an der Wiesenstraße eingeladen hatte.
Hanns-Peter Windfeder als Vorsitzender des Unternehmerverbandes mochte als Gastgeber wohl nicht zu sehr die Stimmung trüben, dass er nur wenige Worte zur Krise der großen Mülheimer Industriebetriebe verlor. Dass sehr viel Skepsis vorherrsche beim Blick in die Zukunft, habe am Tag zuvor noch die Konjunkturumfrage der IHK offenbart. Dort hatte es geheißen, dass gar rund ein Viertel der Mülheimer Unternehmen wegen schlechter wirtschaftlicher Aussichten mit dem Abbau von Stellen rechnet.
Debatte über Zukunft der Industrie bisher nicht im Gang
In den Betrieben macht sich große Unruhe breit. Betriebsräte etwa vermissen, dass der Erhalt von Industriearbeitsplätzen in der Stadtgesellschaft bislang überhaupt noch nicht breit und öffentlich thematisiert wird. Mancher spricht von einem neuerlichen, tiefgreifenden Strukturwandel, der der Stadt drohe. Windfeder ließ gestern klare Worte dazu vermissen. Mülheim habe „natürlich keinen Einfluss auf die Weltwirtschaft“, sagte er nur. In der Stadt sei man aber aufgefordert, an jenen Stellschrauben zu drehen, die örtlich zur Verfügung stünden.
Die Haushaltspolitik war da, neben der Gewerbeflächennot, wieder sein Thema. Sie mache der Wirtschaft „sehr große Sorgen“, es fehle ein Konzept fernab von fortlaufenden Steuererhöhungen. Oberbürgermeister Ulrich Scholten sei gefordert, die Ratspolitik endlich zu einer Diskussion über Prioritäten zu führen. „Wir rennen in die falsche Richtung“, so Windfeder.
Flüchtlinge: Großes Lob für Stadt und Ehrenamtliche
Ein Lob verteilte er an die Stadt, aber auch all die Ehrenamtler für „die hervorragende Organisation“ der Flüchtlingsaufnahme. Dass Mülheim hier von Beginn an mit Verstand und Fleiß vorangegangen sei, stellte Windfeder in Aussicht, könne sich lohnen. So habe der Verein Deutscher Ingenieure Mülheim im Auge für ein Pilotprojekt, durch das Migranten mit ingenieurtechnischem Vorwissen an die Arbeitswelt herangeführt werden sollen. In Mülheim seien auch die Unternehmen gefordert, zum Zwecke der Nachwuchsförderung zu helfen, dass vor allem auch Kinder aus den nördlichen Stadtteilen bessere Bildungschancen als heute haben.
Zwei positive Entwicklungen stellte Windfeder besonders heraus. Einerseits sei die bevorstehende Ansiedlung der Hochschule in Broich „eine fantastische Erfolgsgeschichte“. Der zur Stadt hin offene Campus sei zukunftsweisend. Es gelte noch mehr als aktuell schon die Chance zu nutzen, Wirtschaft und Wissenschaft zum Austausch zu bringen. Andererseits böten die jüngsten Investitionen in der Innenstadt Anlass, „optimistisch zu sein, dass Mülheim wieder in die Spur kommt“.