Mülheim. Die Sparkasse Mülheim-Heißen zieht um, das ehemalige Rathaus ist verkauft. Spannende Frage: Wer füllt die neue Leere auf dem alten Marktplatz?
Die Tage der Sparkassen-Filiale auf dem Heißener Marktplatz sind gezählt. Anfang April zieht sie um, verlässt das ehemalige Rathaus und bezieht einen Neubau an der Hingbergstraße 319, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Aldi und Lidl. Im historischen Herzen des Stadtteils leert sich ein markantes Gebäude.
Sparkassen-Kundinnen und -Kunden, die die Treppe zum denkmalgeschützten Backsteinhaus nehmen, laufen an knallroten Transparenten vorbei, die am Geländer hängen. Sie kündigen den Umzug an: Bereits ab dem 5. April ist das SB-Center hier außer Betrieb. Die Filiale wird am Freitag, 8. April, geschlossen und am Montag, 11. April, neu eröffnet. „Es wird ein nahtloser Übergang“, verspricht Sparkassen-Sprecher Frank Hötzel.
Moderne Sparkassen-Filiale in Mülheim-Heißen eröffnet am 11. April
Den künftigen Standort, vielleicht 500 Meter entfernt, nennt er „die neue Heißener Mitte“. Dort sitzt die Sparkasse inmitten mehrerer Einzelhandelsgeschäfte, direkt neben einem Tabak-/Presseshop und einer Apotheke. Bereits im Herbst 2021 war die neue Filiale angekündigt worden: gut 240 Quadratmeter auf zwei Etagen, moderne, geräumige Büros. Das Heißener Team soll unverändert bleiben, ebenso die Öffnungszeiten. Als weitere Pluspunkte nennt die Sparkasse: „zahlreiche Parkmöglichkeiten“ und einen „barrierefreien Zugang“.
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Auf dem Heißener Markt endet damit eine lange Historie, und Sparkassenvorstand Frank Werner räumte im Zusammenhang mit dem Umzug „auch ein bisschen Wehmut“ ein. Doch das denkmalgeschützte Gebäude entspreche nicht mehr modernen Anforderungen. Es ist schlicht veraltet, und es lässt sich auch nicht einfach ummodeln. Der Anspruch an eine Sparkassenfiliale habe sich grundsätzlich gewandelt, heißt es. Das Servicegeschäft werde zunehmend über Online-Banking, Hotline und SB-Automaten abgewickelt. „Mehr Raum brauchen wir aber für intensive Beratungsgespräche mit unseren Kunden“, erläutert Sprecher Frank Hötzel. Sieben Büros gibt es dafür in der neuen Filiale.
Sorge: „Das Gebäude bleibt leer und vergammelt“
Doch die ungewisse Zukunft des alten Gebäudes und generell der Heißener Mitte ruft auch Sorgen und Kritik hervor, selbst bei Sparkassen-Kunden. So fürchtet Werner Müller, der ganz in der Nähe wohnt: „Das Gebäude bleibt leer und vergammelt“ – wie andere Immobilien in der Stadt. Denn ein Nachfolgeunternehmen mit Publikumsverkehr hätte ja ähnliche Probleme – barrierefreier Umbau nicht möglich. Müller erkennt vor Ort eine ungute Entwicklung: „Erst hat schon die Post den Ortskern von Heißen verlassen. Es folgte ein großes Fahrradfachgeschäft, die Textilreinigung ist auch verschwunden und jetzt die Sparkasse.“ Andere würden wohl noch nachziehen. „Es verödet nicht nur die Mülheimer Innenstadt“, meint der Heißener, „jetzt geht das auch in den Randbezirken los“.
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Ähnliche Bedenken äußert ein anderer Sparkassen-Kunde, der seit drei Jahrzehnten in Heißen lebt und sich weder mit einem Leerstand anfreunden könnte noch mit einer privaten Nutzung, wie bei der alten Bürgermeistervilla auf demselben Platz. Er meint: „Repräsentative Gebäude wie dieses sollten öffentlich genutzt werden, nicht privat.“ Negativbeispiel ist aus seiner Sicht der Verkaufsbeschluss für das alte Bürgermeisteramt in Dümpten. Auf dem Heißener Marktplatz könnte er sich eine Bücherei vorstellen oder eine andere städtische Anlaufstelle – Barrierefreiheit müsste dann im Baudenkmal allerdings auch hergestellt werden.
Neuer Eigentümer will Vielfalt der vorhandenen Firmen und Geschäfte steigern
Die Zukunft des historischen Heißener Rathauses liegt auf jeden Fall nicht mehr in den Händen der Sparkasse Mülheim, denn sie hat das Gebäude nach eigener Auskunft verkauft. Neue Eigentümerin ist die DGFO-Gruppe mit Mülheimer Wurzeln und Sitz in Essen.
Dort ist momentan noch nichts Konkretes zur künftigen Nutzung des Baudenkmales zu erfahren. Man befinde sich „in Gesprächen mit verschiedenen Interessenten“, heißt es auf Anfrage. „Durch unsere unternehmerischen Wurzeln in Mülheim-Heißen ist uns jedoch sehr daran gelegen, einen Mieter zu finden, welcher durch seinen Einzug in die Bürgermeisterei zu einer Steigerung der Vielfalt der dort vorhandenen Unternehmen und Geschäfte beiträgt.“
Häuser mit Historie
Nach Informationen des Stadtarchivs, die auch auf der Homepage der Stadt Mülheim nachzulesen sind, wurde das ehemalige Heißener Rathaus im Jahr 1879 fertiggestellt und bezogen.
Im Obergeschoss wohnte der Bürgermeister. Später wurde für ihn im Rathausgarten eine Villa als Dienstwohnung gebaut. Beide Gebäude sind als Mülheimer Baudenkmäler geschützt und erhalten.
Nach Auflösung der Bürgermeisterei Heißen (1910) wurde das ehemalige Rathaus noch bis in die 60er-Jahre für Verwaltungszwecke genutzt.
Später wurde das Gebäude durch die Sparkasse originalgetreu restauriert. 1979 eröffnete die Filiale, die Anfang April 2022 ausziehen wird.