Essen. Die Schweizer Firma “The Archive“ musste im Fall Redtube erneut eine Niederlage hinnehmen. Das Landgericht Hannover erklärte die Ansprüche des Unternehmen für ungültig. Das Urteil stärkt auch die Rechte von Internet-Nutzern. Sogar der Konsum von illegal eingestellten Filmen kann demnach legal sein.

Opfer der Redtube-Abmahnwelle können wohl endgültig aufatmen. Bei einem Prozess vor dem Landgericht Hannover verlor die Schweizer Firma The Archive AG auf voller Linie. Das Gericht stellte fest, dass die Abmahn-Ansprüche von The Archive im Fall Redtube unberechtigt sind. Darüber hinaus wurden die Rechte von Streaming-Nutzern deutlich gestärkt.

Somit ist genau das Gegenteil von dem eingetreten, was The Archive eigentlich erreichen wollte. Denn im Auftrag der Schweizer Firma hatte die Anwaltskanzlei U+C erst vor wenigen Monaten eine beispiellose Abmahnwelle gegen die Nutzer des Porno-Streaming-Portals RedTube losgetreten. Über 20.000 User waren abgemahnt worden, weil sie durch das Ansehen der Videos angeblich die Verwertungsrechte von The Archive verletzt hatten.

The Archive hat keinen Anspruch auf Abmahnung

Aber es zeigte sich schnell, dass das zuständige Landgericht in Köln die Daten der betroffenen Redtube-Nutzer wohl gar nicht hätte herausgeben dürfen. Die Abmahnwelle brach daraufhin wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Sogar die Abmahnkanzlei U+C versucht längst ihre Verbindungen zu The Archive zu kappen.

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Im aktuellen Prozess hatte die Klägerin beim Landgericht Hannover eine so genannte negative Feststellungsklage eingereicht. Das Gericht musste deshalb klären, ob The Archive die finanziellen Ansprüche von 250 Euro aus der Abmahnung überhaupt geltend machen durfte. Tatsächlich entschied das Gericht zugunsten der Abgemahnten. Sie muss also keinen Cent an The Archive überweisen.

Streaming ist laut Gericht grundsätzlich legal

Die Ansprüche der Schweizer Firma wurden dabei ziemlich klar abgeschmettert. Denn laut Gericht spiele es nicht einmal eine Rolle, ob The Archive tatsächlich die Rechte an den veröffentlichten Filmen hält. Die Abmahnung sei ohnehin zu weitreichend formuliert.

Außerdem sei das Streaming von Videos im Internet grundsätzlich legal – zumindest so lange die angebotenen Videos nicht offensichtlich rechtswidrig eingestellt wurden. Redtube sei aber keine offensichtlich rechtswidrige Plattform, urteilten das Landgericht. Auch den Hinweis auf ein fehlendes Impressum ließen die Richter nicht gelten. Dies sei eine substanzlose „Behauptung ins Blaue hinein“.

Nur der Konsum topaktueller Filme ist offensichtlich rechtswidrig

Nach dem Urteil des Landgerichts Hannover kann also sogar der Konsum illegal eingestellter Videos auf Streaming-Portalen legal sein. Denn dass ein Video offensichtlich rechtswidrig eingestellt wurde, sei laut Urteil „nur dann anzunehmen, wenn eine rechtmäßige Veröffentlichung vernünftigerweise ausgeschlossen werden kann.“

Damit bezieht sich das Landgericht etwa auf Filme oder Serien, die schon vor oder kurz nach ihrer Erstausstrahlung in Deutschland auf Streaming-Plattformen zu finden sind. In allen anderen Fällen sind Internet-Nutzer laut Urteilsbegründung auf der sicheren Seite: „Der durchschnittliche Internetznutzer kann davon ausgehen, dass die Betreiber eines Streaming-Portals die erforderlichen Rechte an den Filmen erworben haben.“