Essen. . Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte der Verbraucher im Internet gestärkt: Vergessen muss auch im Netz möglich sein. Europas Bürger könnten von Google verlangen, bestimmte Seiten aus den Suchergebnissen zu streichen. Experten erwarten nun eine Klageflut. Die wichtigsten Antworten zum Urteil.

Manche tun alles, um im Internet bekannt zu werden. Andere wollen, dass Google und andere Internet-Suchmaschinen heikle Daten löschen. Zu Recht, urteilte jetzt der Europäische Gerichtshof. Die Luxemburger Richter stärkten mit einem aktuellen Urteil die Position der Netz-Nutzer, die sensible Daten aus ihrer Vergangenheit nicht für alle Zeiten gespeichert und öffentlich zugänglich sehen wollen. Die wichtigsten Punkte des überraschenden Urteils:

Worum ging es?

Es geht dabei um Verweise (Links) auf Internetseiten, die bei der Suche nach einem Namen bei Google in der Trefferliste auftauchen. Etwa Seiten, die von anderen veröffentlicht wurden und persönliche oder intime Informationen über die Person enthalten.

Google muss diese Links in Zukunft löschen, wenn seit der Veröffentlichung Jahre vergangen sind oder die Informationen nicht mehr relevant sind. Ausnahmen sind laut Gericht nur bei Personen des öffentlichen Lebens möglich – Politiker, Prominente – bei denen ein besonderes öffentliches Interesse an den Informationen besteht.

Wer hatte geklagt?

Ein Spanier, dessen Grundstück vor mehr als 15 Jahren zwangsversteigert wurde. Die amtliche Bekanntmachung über die Pfändung wurde 1998 in einer spanischen Zeitung und im Internet veröffentlicht.

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Der Mann wollte verhindern, dass Google bei der Eingabe seines Namens einen Link zu diesen Informationen heute noch anzeigt und forderte, den alten Artikel zu löschen. Die Pfändung sei erledigt und verdiene keine Erwähnung mehr. Der Spanier wollte vermeiden, dass sein Name auch weiterhin mit der Pfändung in Verbindung gebracht wird – was womöglich Banken bei Kreditanfragen abgeschreckt hätte.

Wie begründen die Luxemburger Richter ihren Spruch?

Sie schreiben, mit der Eingabe eines Namens bei einer Suchmaschine könne man „ein mehr oder weniger detailliertes Profil der gesuchten Personen erstellen“. Dies sei ein Eingriff in die Rechte der betroffenen Person.

Die Ergebnisse seien nichts anderes als eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. „Wegen seiner potenziellen Schwere kann ein solcher Eingriff nicht allein mit dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers an der Verarbeitung der Daten gerechtfertigt werden“, heißt es.

Was bedeutet das Urteil für Betroffene?

Nach dem Urteil kann jeder Google dazu verpflichten lassen, Links zu unangenehmen Daten aus seiner Vergangenheit löschen zu lassen. Sie würden dann nicht mehr in der Liste der Suchergebnisse auftauchen. Doch Vorsicht: Die Informationen wären damit nicht komplett aus dem Internet verschwunden, nur schwerer zu finden.

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Was muss man tun, wenn man Links entfernen lassen will?

Zuerst muss man sich an Google wenden, wenn man einen Eintrag loswerden will. Lehne Google ab, wäre der Datenschützer die nächste Adresse. Google hat in Hamburg eine Niederlassung, daher liegt es nahe, sich auch an den Hamburger Datenschutzbeauftragten zu wenden. Er könnte dann im Namen aller Betroffenen klagen.

Google sitzt in den USA, muss sie das Urteil interessieren?

Der Europäische Gerichtshof hat nach Auffassung von Justizminister Heiko Maas (SPD) klargestellt, dass das Datenschutzrecht des Landes gilt, in dem der Nutzer den Dienst in Anspruch nimmt. Weltweit agierende Unternehmen dürften somit nicht einfach europäischen Regeln umgehen indem sie die Daten außerhalb Europas bearbeiteten.

Was sagt Google?

Die Firma zeigte sich enttäuscht. Sie hatte argumentiert, nicht für die Inhalte der verlinkten Seiten verantwortlich zu sein. Experten erwarten, dass nun eine Flut von Löschanfragen auf den IT-Riesen zurollen könnte.

Googles Richtlinien zum Entfernen von Inhalten finden sich hier.