San Francisco. Google will mit Musik aus der Internet-Wolke punkten. Mit einem Abo-Dienst fordert der Online-Riese junge Streaming-Anbieter und Apple heraus. Aus der Internet-Suche soll eine Wissens-Maschine werden. Außerdem frischt Google seine populären digitalen Karten auf.
Google prescht voran: Der Internet-Riese hat am Mittwoch in San Francisco einen Online-Musikdienst sowie Verbesserungen bei Internet-Suche und seinen populären Karten vorgestellt. Die Neuerungen sollen Google den Platz auf allen Arten von Computern sichern.
An der Börse kam der Kurs gut an: Die Google-Aktie sprang schon vor Beginn der Entwicklermesse Google I/O erstmals über 900 Dollar und hielt sich auch während der über dreistündigen Präsentation darüber - auch weil Google-Chef Larry Page sich nach langer Zeit wieder bei einem großen öffentlichen Event sehen ließ und Fragen aus dem Publikum beantwortete. Am Dienstag hatte Page den zeitweisen Verlust seiner Stimme mit einer Stimmbandlähmung begründet.
Chrome spricht mit dem Nutzer
Vor dem Auftritt von Larry Page verkündete der für die Google-Suche zuständige Manager Amit Singhal in San Francisco provokant "das Ende der Internet-Suche, wie wir sie kennen". Die Suchmaschine soll verstärkt in ganzen Sätzen formulierte Fragen der Nutzer beantworten. Im hauseigenen Web-Browser Chrome kann man sie jetzt auch über das Mikrofon stellen und eine gesprochene Antwort bekommen.
Dafür stellt Google seit Jahren riesige Wissens-Datenbanken zusammen. Um die Funktion zu aktivieren, spricht man den Computer mit "Okay, Google" an. Wenn persönliche Informationen wie Termine, Kontakte oder Reisepläne bei Google gespeichert sind, funktioniert Chrome wie ein persönlicher Assistent.
Die runderneuerten Karten will Google stärker auf einzelne Nutzer anpassen. Dafür kommen unter anderem Empfehlungen und Bewertungen von Lokalen stärker in den Vordergrund. Außerdem werden Informationen über Unfälle auf den Straßen direkt in Google Maps eingebunden - aber auch Sonderangebote von Geschäften. Die Ansicht der Karten auf Tablet-Computern wurde erneuert.
Songs direkt aus dem Netz
Bei dem neuen Streaming-Musikdienst werden die Songs direkt aus dem Netz abgespielt. Das Abo-Angebot mit dem Namen Google Play Music All Access ist zunächst in den USA verfügbar, kündigte der Internet-Konzern auf der Entwicklekonferenz Google I/O in San Francisco an. Für 9,99 Dollar im Monat gibt es uneingeschränkten Zugriff auf das Musik-Angebot. Außerdem kann man sich Songs, die zum eigenen Musikgeschmack passen könnten, von Google auswählen lassen. Der Konzern spricht vom "Radio ohne Regeln". Weitere Länder sollen folgen.
Google konkurriert damit mit bisherigen Streaming-Anbietern wie Spotify, Rdio oder Pandora. Apple arbeitet laut Medienberichten ebenfalls an einem Internet-Radio, steckt demnach aber in zähen Rechteverhandlungen mit der Musik-Branche fest. Mit der Download-Plattform iTunes ist Apple der weltgrößte Musik-Verkäufer.
Google I/O ist die jährliche Konferenz für Software-Entwickler, auf der der Internet-Riese wichtige Neuheiten vorstellt.
Zocken in der Cloud
Zunächst standen vor allem neue Möglichkeiten für App-Entwickler im Mittelpunkt. Unter den ersten am Mittwoch vorgestellten Neuerungen war die Möglichkeit, Spielstände in der Cloud zu speichern, um nahtlos auf verschiedenen Geräten spielen zu können. Außerdem gibt es jetzt eine Schnittstelle, über die Apps sich unterschiedlich verhalten können, je nachdem ob der Nutzer geht, rennt oder mit einem Fahrrad unterwegs ist. Auch können sie bis zu 100 sogenannte Geofencing-Punkte pro App einbauen - virtuelle Zäune, die bestimmte Funktionen aktivieren, wenn ein Nutzer einen vorgegebenen Ort erreicht.
Dem Online-Netzwerk Google+ verpasste der Konzern ein neues Aussehen mit drei Spalten nebeneinander. Von den 41 neuen Funktionen haben viele mit Fotos zu tun. So werden Bilder jetzt in Auflösung hochgeladen und gespeichert. Außerdem wurden Möglichkeiten zur Online-Bearbeitung integriert. Unter anderem kann man jetzt Falten minimieren.
Page richtete sich auf der Konferenz mit grundsätzlichen Bemerkungen an die Entwickler. "In jeder Geschichte, die ich über Google lese, geht es um uns gegen irgendeine andere Firma." Darum gehe es in Wirklichkeit aber gar nicht. "Wir sollten Sachen bauen, die bislang gar nicht existieren." Mit einem negativen Ansatz könne man keinen Fortschritt erzielen. "Und nicht jede neue Technologie ist ein Null-Summen-Spiel." (dpa)