Essen. Apple ist auf dem besten Weg, das wertvollste Unternehmen der Welt zu werden und dem bisherigen Branchen-Primus Microsoft die IT-Krone abzujagen. Und der Betriebssystem-Bastler aus Redmond kann (fast) nur tatenlos zusehen.
Als Apple 1998 die erste Generation seines Alles-in-einem-Computers „iMac” auf den Markt brachte, wirkte das wie der letzte verzweifelte Versuch, den Rettungsanker auszuwerfen. Der Computer-Pionier aus dem kalifornischen Cupertino stand kurz vor dem Aus, ein schwerfälliger IT-Tanker in rauer See. Und der Meeresgott, der den Sturm besorgte, hieß Microsoft. Jetzt aber scheint sich das Blatt zu wenden. Apples Aktienkurs ist nicht mehr zu bremsen, die Firma könnte in Kürze das wertvollste Unternehmen der Welt werden. Und Betriebssystem-Bastler Microsoft, bisheriger Branchen-Primus, muss tatenlos zusehen.
Apple war erfinderischer
Viel zu oft hat man bei Microsoft die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Internet, Mobilfunk, Suchmaschinen. Bei Apple war man erfinderischer. Weg vom alleinigen Computer-Schrauber hin zum Technologie-Konzern, dessen Produktneuvorstellungen von Fans herbeigesehnt werden, ja gar zu Heiligen Messen der Computer-Industrie avancieren. Und der Weihrauch-Schwenker heißt Steve Jobs.
Überhaupt Jobs: Als der Manager 1997 zum Apple-Konzern zurückkehrte, den er 1976 mit aus der Taufe gehoben hatte und 1985 nach einem Machtkampf verlassen musste, jubelte die Fan-Gemeinde. Und der lang ersehnte „Messias” sollte den Erwartungen gerecht werden. Er entrümpelte die Produktpalette und brachte Apple zurück auf die Erfolgsspur. iMac, iPod, iPhone: drei Produkte, deren Namen (fast) jeder kennt. Der iPod ist der meistverkaufte MP3-Player der Welt und das Synonym für tragbare digitale Musikabspieler, das iPhone die Nummer zwei der Smart-Phones (30 Prozent Marktanteil), ein tragbares Minibüro. Zudem versteht es Apple aufs Trefflichste, seine Geräte mit Software-Angeboten zu kombinieren. All das lässt in Cupertino die Kasse klingeln.
Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht
Ergebnis dieser beispiellosen Unternehmensstrategie: Apple ist zurzeit über 180 Milliarden US-Dollar wert, steigerte seinen Umsatz allein im letzten Quartal um 25 Prozent auf 9,9 Milliarden Dollar. Eine Aktie ist mittlerweile rund 210 Dollar wert, etwa 140 Euro. Und Analysten sehen das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. 300 Dollar sind durchaus drin, prognostizieren Beobachter.
Microsoft kommt gerade mal auf einen Marktwert von 75 Milliarden Dollar, hat im letzten Quartal 14 Prozent Umsatz eingebüßt (12,9 Milliarden). Dem Unternehmen fehlen die Ideen. Alle Hoffnungen liegen im PC-Betriebssystem Windows 7. Floppt es wie Vorgänger Vista, könnte das Microsoft massiv in Bedrängnis bringen. Denn der Konzern muss sich auch in anderen Märkten immer öfter geschlagen geben.
Beispiel Internet-Suchmaschinen: Google beherrscht den Markt, Microsoft hat lang tatenlos zugesehen – und startete erst kürzlich seine eigene Maschine Bing. Beispiel Software: Auch hier treten Konkurrenten auf den Plan, machen Microsoft bei Bürosoftware (Office) Konkurrenz. Beispiel Hardware: Computermäuse und Tastaturen aus dem Hause Microsoft haben zwar den Ruf, von hoher Qualität zu sein. Doch eine Maus ist nicht das, womit sich viel Geld verdienen lässt.
Umsatzsprung mit iPhone im Großformat
Während man bei Microsoft darauf hofft, Windows 7 möge der Welt gefallen, tüfteln Apple-Techniker an immer neuen Produkten, mit denen sie ihre Anhänger-Schar vergrößern. Im Internet hält sich seit September 2007 hartnäckig das Gerücht, Apple arbeite an einem Tablet-PC, einem vollwertigen Computer mit berührungs-empfindlichem Bildschirm für unterwegs, quasi ein iPhone in Großformat.
Der auf Apple spezialisierte US-Analyst Gene Munster rechnet damit, dass ein solcher Computer Apples Umsatz noch einmal um 1,2 Milliarden steigern könnte. Bislang fehlt nur noch eine Kleinigkeit: das Gerät selbst. Schon im ersten Quartal könnte Apple laut Munster ein solches Gerät auf den Markt bringen. Und damit Microsoft ein weiteres Mal ein Schnippchen schlagen.