Essen. . Autofahrer, Rentenbezieher, Mütter, Handynutzer oder Schuldner - für sie ist der 1. Juli ein wichtiger Termin. Einige gesetzliche Änderungen in Deutschland und der EU, die man kennen sollte, treten an diesem Dienstag in Kraft. Wir haben eine Auswahl zusammengestellt.

Alles neu macht der Mai? In rechtlichen Dingen ist es meist der 1. Juli. So wird sich ab diesem Dienstag auch in diesem Jahr manches bei uns ändern. Eine Auswahl:

Warnwesten werden Pflicht

Ab 1. Juli sind Warnwesten in Fahrzeugen Pflicht! Fahrer von in Deutschland zugelassenen Pkw, Lkw oder Bussen müssen mindestens eine Warnweste dabei haben. Lediglich Motorräder bleiben von dieser Regelung ausgenommen. In anderen europäischen Ländern von Frankreich bis Kroatien ist der grelle Überzug längst vorgeschrieben. Mit Blick auf die Ferien aber raten Experten: wer mit dem Wagen ins Ausland reist, sollte am besten für jeden Mitfahrer eine Weste parat haben, möglichst griffbereit im Handschuhfach.

Wie Warnwesten auszusehen haben, ist genau definiert: Sie benötigen eine 360-Grad-Sichtbarkeit, Reflexstreifen von mindestens fünf Zentimetern Breite und einen Klettverschluss. Zudem ist ein fluoreszierendes Material in Gelb, Orange oder Rot vorgeschrieben. Wer es noch genauer wissen möchte: Die Warnweste sollte nach Dekra-Angaben der Europäischen Norm EN ISO 20471:2013 entsprechen; Warnwesten mit dem Kontrollzeichen EN 471 sind laut ADAC aber ebenfalls zugelassen.

Mobil telefonieren im EU-Ausland wird günstiger 

Zum 1. Juli sinken in der Europäischen Union erneut die Preise für das sogenannte Roaming im Mobilfunk - erneut. Diese Kosten fallen immer dann an, wenn Handynutzer im Ausland über fremde Netze telefonieren, E-Mails verschicken oder abrufen oder mobil im Internet surfen. Seit 2007 hat die EU einen Absenkungspfad vorgegeben - Ziel ist die völlige Abschaffung der Zusatzkosten.

Eine Telefonminute innerhalb der EU darf ab 1. Juli nur noch rund 23 Cent pro Minute kosten (inklusive Mehrwertsteuer), eine SMS nur noch 7 Cent. Wer angerufen wird, zahlt höchstens 6 Cent. Ein Megabyte Daten kostet ab Juli noch maximal 24 Cent. Daneben dürfen die Provider aber auch eigene Auslandsoptionen anbieten. Und es gibt Anbieter, die bereits auf Roaminggebühren verzichten und europaweit den gleichen Preis berechnen wie in Deutschland. Dieses Ziel peilt die EU-Kommission ohnehin für 2015 an.

Die Umweltzonen werden verschärft 

Vom 1. Juli an sind fast alle Umweltzonen in Nordrhein-Westfalens Innenstädten für Autos ohne grüne Schadstoffplakette tabu. Die Kommunen wollen durch die strengeren Regelungen die Feinstaubbelastungen sinken. Wer noch keine grüne Plakette hinter der Windschutzscheibe kleben hat, darf ab Dienstag nicht mehr in die Innenstädte im Ruhrgebiet, und die von Bonn, Köln, Mönchengladbach, Neuss, Langenfeld, Düsseldorf, Wuppertal und Remscheid fahren - sonst droht ein Bußgeld von 80 Euro.

Rund eine Million Fahrzeuge in NRW erfülle die Bedingungen für die grüne Plakette nicht, sagt Birgit Kaiser de Garcia, Sprecherin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. "Ein Großteil davon sind Dieselfahrzeuge ohne Rußpartikelfilter, die aber meist nachgerüstet werden können". Kostenpunkt je nach Modell: 700 bis 1500 Euro.

Rentner erhalten mehr Geld 

Mehr als 20 Millionen Rentner in Deutschland erhalten etwas mehr Rente ausgezahlt. Die Bezüge steigen in den alten Bundesländern um 1,67 Prozent, in den neuen Bundesländern um 2,53 Prozent. Die Renten werden jährlich zum 1. Juli angepasst, weil sie seit mehr als 60 Jahren der Entwicklung bei Löhnen und Gehältern in Deutschland folgen.

Im vergangenen Jahr lag die Rentenanpassung für die neuen Bundesländer deutlich unter der Inflationsquote. Die damalige Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte Rentnern im Westen für 2014 eine deutliche Rentensteigerung in Aussicht gestellt. "Im Westen zeichnet sich nach den heute verfügbaren vorläufigen Daten für das nächste Jahr wieder ein spürbares Plus ab", erklärte die Ministerin damals.

Die abschlagsfreie Rente mit 63 tritt in Kraft 

Viele Rentner dürften auf den 1. Juli hoffen, denn der ist Stichtag der abschlagfreien Rente mit 63. Mit 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen kann, wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Begünstigt sind aber nur die Geburtsjahrgänge zwischen Mitte 1951 und 1963. Die Eingliederung in die vier Rententräger in NRW erfolgt überwiegend nach dem Zufallsprinzip: Bis 2005 fielen Angestellte in die Zuständigkeit der Rentenversicherung Bund mit Sitz in Berlin, Arbeiter wurden in regionalen Landesstellen erfasst. Diese Aufteilung wurde aufgehoben.

Wer allerdings auch nur einen Monat in einem knappschaftlichen Betrieb gearbeitet hat, wird weiterhin bei dem zuständigen Träger in Bochum erfasst. Die regionalen Versicherungsämter in NRW zählten eine Woche vor dem Stichtag rund 3350 Anträge. Die Zahl steige täglich. In den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf wurden bisher 1750 Gesuche eingereicht, in den Bezirken Münster, Arnsberg und Detmold sind es rund 1600 Anträge.

Die Mütterrente gilt 

Ab dem 1. Juli ist es soweit: Ab dann gibt es die sogenannte Mütterrente. Müttern oder Vätern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, wird ein zusätzliches Jahr Kindererziehungszeit angerechnet. Die geplante Mütterrente bekommen Versicherte, die einen Anspruch darauf haben, nicht immer automatisch. Denn nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund muss man unterscheiden zwischen denen, die schon in Rente sind, und denen, die noch in Rente gehen. Anspruch hat im Prinzip jeder Anspruch auf die Mütterrente, der vor 1992 ein Kind erzogen hat. Bisher wurde für sie ein Jahr als Beitragszeit auf dem Konto der Versicherten gutgeschrieben. Mit der Mütterrente soll ab dem 1. Juli für vor 1992 geborene Kinder ein zusätzliches Jahr als Kindererziehungszeit angerechnet werden.

Anspruchsberechtigte Versicherte bekommen einen sogenannten Entgeltpunkt mehr. Dies entspricht vom 1. Juli an regelmäßig einer Erhöhung der Rente von 28,61 Euro im Westen und 26,39 Euro im Osten. Allerdings sind dies Bruttowerte. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuern müssen im Zweifel abgezogen werden. Neurentner bekommen die Mütterrente in der Regel sofort. Alle, die bereits eine Rente beziehen, müssen sich noch etwas gedulden. Denn die Mütterrente wird bis zum Herbst berechnet. Die Betroffenen erhalten dann bis spätestens Ende 2014 ihre Bescheide. Gezahlt wird der Zuschlag dann aber rückwirkend.

Schuldner bekommen schneller eine zweite Chance 

Für verschuldete Existenzgründer und Verbraucher gibt es ab. 1. Juli eine rechtliche Veränderung. Der Gesetzgeber sieht das als "zweite Chance auf Neuanfang" und wollte mit der Gesetzesänderung Anreize schaffen, damit Schuldner sich mehr anstrengen, Forderungen von Gläubigern zu begleichen. Sind mindestens 35 Prozent der offenen Forderungen beglichen und die Verfahrenskosten bezahlt, wird die Dauer der "Wohlverhaltensperiode" auf drei Jahre halbiert. Zudem seien mit der Novelle, die die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung im Juli 2012 beschlossen hatte, die Rechte von Gläubigern gestärkt.

Der Mindestlohn in der Fleischindustrie? Verspätet sich... 

Hier hätte zum 1. Juli eigentlich der Mindestlohn für Beschäftigte in der Fleischindustrie eingeführt werden sollen - doch der Termin wird sich verzögern. Ein Inkrafttreten zum 1. Juli, wie ursprünglich angekündigt, sei nicht möglich, hieß es jüngst bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss (ANG). Zunächst müsse das notwendige Rechtsverordnungsverfahren abgeschlossen sein, sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums. Der Mindestlohn kann erst nach einer Veröffentlichung der Rechtsverordnung im Bundesanzeiger in Kraft treten. Eine Sprecherin der Arbeitgebervereinigung ANG erklärte Ende Juni, dass der Mindestlohn zum 1. August kommen dürfte. (dae/mit dpa)