Berlin. . Telefonieren, mailen, Arztbesuche: Rechtlich ist im Büro fast alles verboten, was der Arbeitgeber nicht eigens erlaubt. Im Ernstfall drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Immerhin: Eine Freiheit aus analogen Vorzeiten ist den Arbeitnehmern geblieben.

Alle tun es, kaum einer darf es: Arbeitnehmer, die am Arbeitsplatz private Telefongespräche führen, E-Mails schreiben oder im Netz ihren Bankgeschäften nachgehen, müssen sich im Ernstfall auf arbeitsrechtliche Konsequenzen einstellen. Streng genommen ist praktisch alles verboten, was die meisten Beschäftigten über den Tag nebenher an Privatangelegenheiten erledigen – und nicht explizit vom Chef, durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag erlaubt wurde.

Privates Telefonieren ist im Allgemeinen nicht erlaubt

Mit privaten Handytelefonaten fängt es an: „Sie sind nicht erlaubt, auch ohne ein ausdrückliches Verbot durch den Chef“, erläutert die Stiftung Warentest. Die Begründung im einschlägigen Urteil des Arbeitsgerichts ist simpel und lautet frei übersetzt: Die ausgiebige Beschäftigung mit Handy und Smartphone zieht Zeit und Konzentration von der eigentlichen Arbeit ab, für die Arbeitnehmer ja bezahlt werden. Für das Landesgericht Rheinland-Pfalz gehört es deshalb zu den „selbstverständlichen Pflichten des Arbeitnehmers, während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Nutzung des privaten Handys abzusehen.“ Weder jemanden anrufen noch Anrufe entgegennehmen ist also erlaubt.

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Es sei denn, alle im Büro quasseln seit Jahren ohne Hemmungen und der Vorgesetzte schreitet nicht ein. Dann hat sich eine „betriebliche Übung“ herausgebildet, die das Unternehmen aber jederzeit wieder einkassieren kann. Ohne Angabe von Gründen. Und ohne Mitsprache des Betriebsrats, der beim Thema Handy in Arbeitnehmerhand nichts zu melden hat. Wenn der Chef es will, stehen alle Handys still. Die Allianz Rechtsschutz hat beobachtet, dass immer mehr Arbeitgeber ein Handyverbot aussprechen, um der grassierenden Handyritis bei der Arbeit Einhalt zu gebieten.

Wer sein Handy ohne Erlaubnis auftankt, stiehlt Strom

Je strenger die Regeln, desto wichtiger sind die Ausnahmen. In unbezahlten Pausen, bei Notfällen oder wenn der Chef kurzfristig Überstunden anordnet, darf telefoniert werden – in den letzten beiden Fällen sogar vom Firmentelefon aus. Vorsicht mit dem Ladegerät: Wer ohne Erlaubnis sein Handy an der Firmensteckdose betankt, stiehlt Strom. Unter normalen Umständen stört sich da zwar niemand dran, sucht der Chef aber einen Grund für eine Abmahnung, hat er ihn hier gefunden.

Arbeitnehmer, die nicht unbedingt das beste Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber haben, sollten also vorsichtig sein, wollen sie sich nicht angreifbar machen. Es reichen oft Kleinigkeiten. In Erinnerung ist der Fall Emmely, bei dem eine Supermarktkette einer Kassiererin wegen zwei eingesteckten Pfandbons im Wert von 1,30 Euro nach 31 Dienstjahren fristlos die Tür wies. Am Ende kassierte zwar das Bundesarbeitsgericht die Bagatell-Kündigung. Aber: Aus rechtlicher Sicht kommt es meist nicht darauf an, wie hoch der entstandene Schaden für den Arbeitgeber ist.

Pakete ins Büro schicken lassen: Vorher den Chef fragen

Deshalb droht auch Arbeitnehmern eine Kündigung, wenn sie etwa private Kopien im Büro anfertigen oder ausrangierte Leitz-Ordner mitnehmen. Ohne Erlaubnis ist das schlicht verboten – und aus arbeitsrechtlicher Sicht auf jeden Fall ein Grund für eine Abmahnung. Spätestens bei der nächsten Verfehlung kann die Kündigung ins Haus flattern. Das gilt zum Beispiel auch bei exzessivem E-Mail-Verkehr. Wer Mails liest, arbeitet nicht – und muss im Ernstfall mit einer Abmahnung oder Kündigung rechnen.

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Auch Arbeitnehmer, die sich regelmäßig Pakete von Versandhändlern ins Büro schicken lassen, sollten es nicht übertreiben – und besser den Chef fragen, ob das in Ordnung ist. Ein wenig Fingerspitzengefühl hilft: Regelmäßige Paketzustellungen stören womöglich den Arbeitsablauf und sollten deshalb vermieden oder wenigstens auf ein Minimum reduziert werden. Auch hier gilt: Das Maß ist entscheidend – wer unsicher ist, sollte fragen.

Mit Kind und Hund zum Arbeitsplatz

Kinder oder Hunde im Büro? Auch das ist nur möglich, wenn der Chef es erlaubt. Ebenso wie das Rauchen. Einen Rechtsanspruch auf Zigarettenpausen gibt es nicht. Sind Rauchpausen gestattet, müssen Arbeitnehmer, so es verlangt wird, für ihren Nikotin-Kick ausstempeln, schließlich ist die Zigarette reines Privatvergnügen. Abmahnung und fristlose Kündigung sind nach Auffassung der Arbeitsgerichte sonst rechtens.

Alles verboten also? Nicht alles. Kurioserweise darf der Chef das Radiohören seit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1986 bei der Arbeit zumindest nicht generell verbieten – solange der Arbeitsablauf und die Kollegen dadurch nicht gestört werden.

Die zehn größten Irrtümer zum Arbeitsrecht