Essen. Wie man Menschen zum Lachen bringt, hat René Steinberg u.a. von Oliver Welke, Dietmar Wischmeyer und Oliver Kalkofe gelernt.

„Freuwillige vor!“ heißt das aktuelle Programm des Mülheimer Comedians und Kabarettisten René Steinberg. Pandemiebedingt kann er derzeit damit nicht auf der Bühne stehen, doch Fans wie Künstler hoffen auf ein baldiges Wiedersehen. Stefan Moutty blickte mit dem 47-Jährigen, der für WDR 2 Serien wie „Die von der Leyens“ produziert hat, zurück, aber auch voraus.


Herr Steinberg, wann haben Sie zum letzten Mal Menschen live zum Lachen gebracht?

René Steinberg: Am 21. Oktober – am letzten Abend, an dem das noch möglich war. Es war im Savoy in Düsseldorf. 500 Besucher passen da, glaube ich, rein, 80 waren erlaubt. Trotzdem war es eine tolle Atmosphäre. Das ist eine Erfahrung, die ich im ganzen letzten Jahr gemacht habe – wo Shows noch möglich waren, haben die Menschen für die, die nicht mehr reindurften, mitapplaudiert. Anfang Juni hatte ich nach dem ersten Lockdown meinen ersten Auftritt vor echten Menschen in Kleve. Ich muss sagen, sowohl beim Auftrittsapplaus als auch beim großen Schlussapplaus kostete es Kraft, sich zusammenzureißen. Das ging einem wirklich zu Herzen.

Bevor Sie Comedian wurden, haben Sie als Journalist gearbeitet, zu Anfang im Lokaljournalismus. Gibt es Parallelen?


Was mich am Journalismus fasziniert hat, war der Mensch. Gerade im Lokaljournalismus kann man ganz wunderbar hinter die Kulissen schauen, besonders gerne habe ich die Klassiker gemacht: Kaninchenzüchter, Aquarellausstellung in der Zweit-Geschäftsstelle der örtlichen Krankenkasse … Weil man dort auf Menschen trifft, die man sich nicht ausdenken kann. Von da ist es gar nicht soweit bis zum Humoristen, weil ich mich ja weiterhin mit Menschen beschäftige – und das Menschliche Allzumenschliche betrachte und bearbeite. Mit liebevollem Blick natürlich.

Später kamen Sie zum Radio und erhielten die Möglichkeit, an der ersten Radio-Comedy-Akademie teilzunehmen. Die Dozenten waren u.a. Olli Welke, Dietmar Wischmeyer und Oliver Kalkofe. Wie habe ich mir den Unterricht vorzustellen?

Auch unterhaltsam (lacht). Aber Kunst kommt von Können, und vieles ist auch in diesem Bereich Handwerk. Und dieses Handwerk kann vermittelt werden, besonders Dietmar Wischmeyer hat diesbezüglich sehr viele gute und hilfreiche Sachen erklärt. Natürlich war es sehr lustig und man hat großen Spaß gehabt. Aber hinter den Kulissen ist auch das Humor-Handwerk erst einmal schweißtreibend.

Gibt es denn eine Technik zum Schreiben von Gags? Oder braucht man einen komischen Einfall, eine Eingebung dafür?


Ich würde sagen, es sind 75 Prozent Handwerk und 25 Prozent Inspiration. Die fällt vom Himmel, sie muss aber sein, um die 100 Prozent zu erreichen. Es geht dem Humoristen wie jedem anderen Autor auch. Es gibt ein Regelwerk und Fachbegriffe – wie Fallhöhe, Gagdichte, Ausrichtung der satirischen Spitze. Alles das muss man abklopfen – und dann braucht man noch eine möglichst gute Eingebung.

Was ist zum Beispiel mit Fallhöhe gemeint?

Vereinfacht gesagt: Wie lange dauert es, bis der Groschen gefallen ist. Und je länger es dauert, umso schöner der Gag. Es geht darum, wie man Gegensätze aufbaut. Wenn ich ein aktuelles Thema zum Beispiel in einen anderen historischen Kontext ziehe, hab ich da deutlich mehr Kontrast und eben auch mehr Fallhöhe.

Sie haben anfangs auch Gags für die „Harald Schmidt Show“ geschrieben. Haben Sie Schmidt dabei näher kennengelernt?


Nein. Harald Schmidt hatte damals sechs Autoren vor Ort. Ich war Außen-Autor und hab meine Sachen eingeschickt, damals noch per Fax. Die festen Autoren haben täglich telefonisch die Themen durchgegeben, und dann hatte man ein paar Stunden Zeit, dazu Gags zu schreiben. Der feste Autor, der mich täglich angerufen hat, war übrigens Benjamin von Stuckrad-Barre.


Können Sie sich noch an einen Gag erinnern, den Sie Schmidt in den Mund gelegt haben?

(überlegt) Nein, da fällt mir gerade nichts ein. Da ist ja auch schon 25 Jahre her ... ich erinnere mich nur, dass wir mehrfach Berti-Vogts-Gags gemacht haben.

Die waren damals sehr beliebt …

Berti Vogts als Bundestrainer – das klingt so wie Matrizen im Schulunterricht gerochen haben. Ich erinnere mich aber, wie ich 1996 das gewonnene EM-Finale im Oberhausener Ebertbad gesehen und fürs Lokalradio darüber berichtet habe. Da standen Oberhausener oben auf der Brüstung und haben „Berti! Berti Vogts!“ skandiert.

Apropos Oberhausen: Für Juni haben Sie einen Auftritt im Oberhausener Stadion Niederrhein im Kalender. Sie sind ja Fußballfan, ist das was Besonderes?

Unbedingt. Das durfte ich ja schon 2020 erleben. Das war etwas sehr Besonderes. Aber der ganze Sommer 2020 war für mich wie eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme. Ich habe an Orten und unter Bedingungen gespielt, die man sich vorher nicht hätte vorstellen können.

Zum Beispiel?

Im Lüdenscheid in einem aufgeschütteten Strandbad. In Herne in einem ausgelassenen Freibad – das Wasser war raus und im Becken war die Bühne. Weil die Zuschauerzahl begrenzt war, hab ich Doppelshows gespielt. Und weil im Cabaret Queue in Dortmund der Abstand zum Publikum nicht eingehalten werden konnte, hat man eine Plexiglasscheibe vor der Bühne in­stalliert – mit dem Effekt, dass ich mich die ganze Zeit sehen konnte. Das waren alles völlig neue Erfahrungen. Für WDR 5 hab ich darüber ein Feature mit dem Titel „Ein Bühnenkünstler im Corona-Jahr“ gemacht.

Ihr aktuelles Programm ist vor der Pandemie entstanden. Wie viel Corona wird im Programm sein, wenn Sie hoffentlich bald wieder live auftreten können? Oder können Sie dem Thema gar nichts Lustiges mehr abgewinnen?


Naja, Corona selber kann man nichts Lustiges abgewinnen. Aber ganz vielen Themen drumherum – und sei es das oft zitierte Toilettenpapier kaufen. Da steckt ja Komik drin. Satirisch kann man mit dem Thema gut arbeiten – aktuell zum Beispiel, dass offenbar jeder Versandbetrieb besser arbeitet als so mancher, der bei der EU Bestellungen aufgibt.


Zu Ihrem Programm gehören immer auch Parodien. Haben Sie schon Armin Laschet im Programm?


Nein.

Muss man sich den als Parodist denn jetzt nicht draufschaffen?


Das ist eine gute Frage. Ich glaube, ich warte erst noch ab – und übe vorher vielleicht noch etwas Bayrisch.

René Steinberg live:

Ob aktuell im März geplante Termine (z.B. 6.3. Ringlokschuppen Mülheim, 12.3. Majestic Theater Waltrop) stattfinden, ist naturgemäß unsicher. Ab April stehen u.a. Auftritte in Essen (18.4. Stratmanns) und Gladbeck (22.4. M.-J.-Stadthalle) an.
Am 24.6. tritt René Steinberg in der Reihe Sommertheater im Stadion Niederrhein in Oberhausen auf. Karten für ca. 30 € auf www.ebertbad.de.
Weitere Termine und Infos gibt’s auf renesteinberg.de.