Weltstars rocken für die Opfer von Hurrikan „Sandy“
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New York. Weltstars wie Bruce Springsteen, Jon Bon Jovi, Paul McCartney und die Rolling Stones haben in New York für die Opfer des Wirbelsturms „Sandy“ gesungen. Rund zwei Milliarden Menschen konnten das Benefizkonzert weltweit mitverfolgen.
Als am frühen Donnerstagmorgen im New Yorker Madison Square Garden nach sechsstündigem Marathon das vorläufig größte Benefiz-Konzert der Popmusikgeschichte ausklang, wurden einer kleinen Frau in Toms River/New Jersey die Augen feucht. Pam Rose hat bei der Sturm- und Flutkatastrophe, die „Sandy“ vor sechs Wochen an der amerikanischen Ostküste anrichtete, alles verloren.
Aus einem nahe gelegenen Kino verfolgte die 43-Jährige bis zur letzten Minute mit anderen Leidensgenossen die Show, die von gut 250 Fernseh- und Radiostationen weltweit übertragen und schätzungsweise von bis zu zwei Milliarden Menschen verfolgt wurde. „Wow, ich bin sprachlos. Vielleicht können wir doch noch halbwegs anständig Weihnachten feiern“, sagte sie dem Reporter einer Lokalzeitung.
Weltstars für "Sandy"-Opfer
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Pam Rose wie Zigtausenden anderen Hurrikan-Opfern sollen ab sofort die Einnahmen zufließen, die ein selten erlesenes Staraufgebot von den Rolling Stones über The Who und Eric Clapton bis hin zu Bruce Springsteen, Billy Joel und Paul McCartney in die Kasse der Robin Hood-Stiftung spielte. Jener renommierten Hilfsorganisation, die nach den Terror-Anschlägen 2001 in New York ins Leben gerufen worden war. Wie Davis Saltzmann, Chef der Stiftung, sagte, traten alle Künstler ohne Gage auf. Für die aufwändige Produktion stand eine Groß-Bank ein. Durch den Verkauf der 13.500 Karten (regulär zwischen 150 und 2500 Dollar, auf dem Schwarzmarkt bis zu 36.000 Dollar) und Sponsoren waren bereits 32 Millionen Dollar zusammengekommen, bevor in der berühmten Arena in Manhattan der erste Akkord erklang.
Fast jeder Song eine Ode an den Überlebenswillen
Springsteen gab ideell den Takt mit „Land Of Hope And Dreams“ vor. Nahezu jedes Lied geriet in der Interpretation zur Ode an den Überlebenswillen der Menschen. "Wir kommen zurück, größer und stärker als je zuvor", sagten die Moderatoren Billy Crystal, Jimmy Fallon und Jon Stewart - und dann zieht euch warm an.
Vergleiche mit wahrlich weltumspannenden Charity-Konzerten wie „Live Aid“ hinken trotz der XXL-Dimension des im Internet in Echtzeit debattierten Abends. „12-12-12“, benannt nach dem Veranstaltungstag, war ein regionales Konzert, dass die Reichen, Schönen und Berühmten für die Toten, Beladenen und vom Schicksal gebeutelten Menschen ausrichteten, denen der Sturm die Existenz weggeweht hat. Wohlgemerkt: denen in den USA. Von Sturmopfern in Haiti oder auf Kuba war waren nirgends die Rede.
Gleichwohl hielt sich die zynische Betroffenheit, mit der Stars gelegentlich ihre Stimmen guten Zwecken zur Verfügung stellen, in engen Grenzen. Für viele Künstler, ob Bruce Springsteen, Jon Bon Jovi, Billy Joel oder Alice Keys, ist die Region um New York, in der „Sandy“ am heftigsten gewütet hat, Heimat und Inspiration. Wer als Kind über die nicht mehr vorhandene Strandpromenade von New Jersey gestolpert ist, verspürt mehr als nur Phantomschmerz.
Ein goldener Moment: die umwerfende Paul-McCartney/Nirvana-Mixtur
Musikalisch gibt es von Nummernrevueshows dieser Gattung normalerweise nie besonders viel zu berichten. Superstars singen Superhits. Wenn es besonders gut läuft, entsteht die überraschende Dynamik eines goldenen Moments. Die „Sandy“-Show hielt mehrere solcher Augenblicke bereit. Wobei Springsteens beseeltes Duo mit Jon Bon Jovi („Born To Run“) den Anfang machte und eine umwerfende Paul-McCartney/Nirvana-Mixtur den Schlusspunkt setzte. Mittendrin bar jeder Vollständigkeit: ein lecker rauhbeiniger Ober-Stone Mick Jagger („Jumpin’ Jack Flash“, kraftvolle The Who („Pinball Wizard“ und „Baba O’Riley“) und das sehr gelungene „Losing My Religion“-Gemeinschaftwerk von Chris Martin (Coldplay) und dem inzwischen bärtigen R.E.M.-Rentner Michael Stipe.
Sandy: Szenen der Verwüstung
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Über weite Strecken glich die Veranstaltung einem Veteranen-Treffen etablierter Wohltäter. Dienstältester: Eric Clapton. Der Meister der „Crossroads“ bekam bereits an gleicher Stelle vor 41 Jahren für die notleidenden Menschen in Bangladesch den Blues. Was die Frage aufwirft: Wo war eigentlich die jüngere Generation? Jay-Z, Taylor Swift, Rihanna, Adele, Frank Ocean, Eminem, David Guetta, Cee Lo oder Bruno Mars – alle keine Zeit gehabt? Abseits der Musik hatte der Abend seine stärksten Szenen in den Verbeugungen der Promis vor den Polizisten, den Feuerwehrleuten, den Notärzten und Katastrophenhelfern, die in den ersten Stunden nach dem Sturm mit anpackten. Pam Rose in Toms River hat ihnen ihr Leben zu verdanken.
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