Essen. Nach einem Jahrzehnt selbstverordneten Plattenschweigens hat die Hamburger Rockgruppe "Selig" wieder ein Album aufgenommen. Und das ist verdammt nochmal gut so.

Zehn Jahre sind genug. Nach einer selbstverordneten Dekade des Plattenschweigens ist Selig endlich wieder zurück – kratzig, abgebrühter, experimentierfreudiger als zuvor. Dass uns die Hamburger Rockband gefehlt hat, merken wir bereits beim ersten durchhören der CD mit dem typisch für Selig unbescheidenen Titel: „Und endlich unendlich.”

Den größten Wiedererkennungswert bietet freilich die selbst bei schnellen Stücken melancholisch-rotzig eingefärbte Stimme von Frontmann Jan Plewka. Großartig, nach so langer Zeit wieder von ihm zu hören - und zwar nicht im Rahmen einer seiner vielen Projekte, wie etwa als Papageno in Christoph Hagels „Zauberflöte“ im immer noch unfertigen Berliner U-Bahnhof „Bundestag“, sondern mit den Helden der Grunge-Ära namens Selig. Der Band, die, wie ihre Mitglieder sagen, nicht länger bereit war „dem sinnlichlichkeitsverschlingenden Hochgeschwindigkeitsdruck des Erfolgs nachzugeben“. Jetzt also endlich unendlich. Die Clubtour im Frühjahr war, kaum angekündigt, ausverkauft.

Immer wieder

Und die CD? Höhepunkte, weil frech gestrickt und eingängig gesungen, sind zweifelsohne die Lieder „Schau, Schau” und „Immer wieder”. Hier ist Bassist Leo Schmidthals der den Takt der Songs vorantreibt, die man tatsächlich immer und immer wieder hören mag. Raffinierter als der aktuelle Hit „Wir werden uns wieder sehen“ sind sie allemal. Und wenn jetzt der Einwand kommen sollte, dies alles klinge arg nach Rio Reiser... geschenkt!

Der Junimond ist untergegangen, ja, aber er hat glücklicher Weise fast zwei Generationen von Musikern inspiriert. So können wir hoffnungslose Romantiker mit Seligs „Lang lebe die Nacht” ein Lied lang Scherben ins Glück der Liebe schütten. Das funktioniert, weil hier keine Geigen am liederlichen Verliebtenhimmel hängen, hier greift Gitarrist Christian Neander ins Beziehungsgetümmel von Plewkas Songzeilen, um sie rau wie die Wirklichkeit selbst zu machen.

Den Rest besingt das Lied „Traumfenster”. Diese CD gehört unbedingt gehört.