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Blues, Pop und sogar Dixieland: Eric Clapton legt ein neues Studioalbum mit erlesenem Personal, aber ohne roten Faden vor. JJ Cale ist mehrfach mit dabei, Wynton Marsalis trompetet und mit Sheryl Crow duettiert sich der Musiker auf „Clapton“.

Schlicht „Clapton“ (Reprise) hat der gute alte Eric sein am Freitag erscheinendes 19. Studioalbum genannt. Vielleicht soll das deutlich machen, dass in dieser CD all das drinsteckt, was im großen Slowhand-Kopf so alles umherschwirrt. „Ich habe die Dinge einfach so laufen lassen“, bekennt der 65-Jährige jedenfalls per Waschzettel der Plattenfirma. Wenn man dem Werk folglich eines bescheinigen darf, dann dies: Es hat keinen roten Faden. Es ist vielmehr ein mit erlesenem Personal eingespieltes stilistisches Sammelsurium. Das hat durchaus seinen Reiz, zumal man Clapton von ganz eigentümlichen Seiten her kennenlernt. Aber es dürfte selbst den geneigten Fan mitunter auch in Rage bringen. Hören wir doch mal rein...

„Travelin’ Alone“: Ein irritierender Auftakt. Das Lied des Texas-Bluesers Little Son Jackson pulsiert auf einem einzigen Basston. Das ist ein sehr gewöhnungsbedürftiger Sound, die Raffinesse des Arrangements erschließt sich erst beim dritten Hören.

„Rockin’ Chair“: Dieser alte Standard könnte in diesem Unplugged-Arrangement zum Clapton-Klassiker von morgen werden. Die Schaukelstuhlballade vermittelt genau dieses entspannte Gefühl, wenn man sommerabends mit der Klampfe auf der Veranda sitzt und einen raushaut. Clapton in gitarristischer Hochform, obwohl auf dem Griffbrett gar nicht so viel passiert.

„River Runs Deep“: Eine typische Cale-Nummer, Blues mit leichtem Baldrian-Geschmack. Meister JJ stand dabei höchstselbst hinterm Mikrofon, vom Feeling her weit nach Mitternacht...

Schlendernder Jazz, rollende Rhythmusgruppe

„Judgement Day“: Ein entspannter Bluessong, bei dem insbesondere die Rhythmusgruppe um Jim Keltner (Schlagzeug) und Willie Weeks am Bass mächtig ins Rollen kommt.

„How Deep Is The Ocean“: Eine schlendernde Jazznummer mit Streichern und einem wunderbaren Trompetensolo von Wynton Marsalis.

„My Very Good Friend The Milkman“: Jetzt müssen Clapton-Fans zum ersten Mal ganz stark sein. Slowhand tatsächlich mit Dixielandkapelle und Saloonklavier (gespielt von Allen Toussaint). Ziemlich heftige Kost.

„Can’t Hold Out Much Longer“: Eine Anspielung auf die alte Clapton-Nummer vom „Ocean Boulevard”-Album? Jedenfalls bietet Clapton eine traditionelle Elektrobluesnummer mit einer hübsch sägenden Harp von Kim Wilson.

„That’s No way To get Along“: Das Ding köchelt sumpfig-schön, wieder ist JJ Cale dabei, bei den Soli gniedelt der Mitproduzent Doyle Bramhall II - auch nicht von schlechten Eltern.

Mitschwingende 60er, dann plötzlich eine Popballade

„Everything Will Be Alright“: Ein treibender Cale-Song mit Schweineorgel, in dem schwer die 60er mitschwingen. Clapton klingt wie ein Jazzgitarrist.

„Diamonds Made From Rain“: Plötzlich eine Popballade. Sheryl Crow duettiert sich mit Clapton. Ein schönes Ding, fast ohne Blues-Erdung. Clapton lässt die Gitarre singen. Ganz sicher ist: Bei der nächsten Tour gehen an dieser Stelle die Feuerzeuge an.

„When Somebody Thinks You’re Wonderful“: Was ist denn jetzt los? Das ist Musik für den nächsten Jazzfrühschoppen in Wuppertal-Elberfeld. Clapton knödelt mit der Dixielandkapelle. Dazu ein E-Gitarrensolo, das überhaupt nicht reinpasst. Gruselig.

„Hard Time Blues“: Dieser Song hätte gut zur Unplugged-Platte gepasst. Clapton bedient die Mandoline! Bemerkenswertes Slide-Solo von Bramhall.

„Run Back To Your Side“: Fraglos das Highlight des Albums - und ein tanzbares dazu. So entspannt und funky können’s halt nur alte Hasen wie Clapton. Eine Nummer, die sofort in die Beine geht.

„Autumn Leaves“: Claptons urspüngliche Planung war ja, eine Platte mit Jazzstandards aufzunehmen. Dieser hier gelingt ihm besonders gut und zuckerwatteweich. Clapton spielt ein streichergestütztes Zaubergitarrensolo, und der düstere Gesang klingt fast wie Abschied. Wollen wir mal nicht hoffen...

Fazit: Eine Platte, die zwar nicht genau weiß, wo sie hin will, aber wenigstens abwechslungsreich ist.