Essen. Nicht alle singen gerne das Lied der Gema - Abgaben an den Musikrechte-Verwerter Gema machen Veranstaltern zu schaffen. Über 100 000 Konzertveranstalter, Musiker und weitere Kulturschaffende unterschrieben eine Petition an den Bundestag und machten ihrem Ärger Luft.

Live-Musik Adieu! So müsste das Wuppertaler Stadtteilfest „Barmer Herbst” an diesem Wochenende (4.9.09) eigentlich überschrieben sein. Schließlich werden die Besucher, die an Bauernmarkt, Kunsthandwerk und Karussell entlang schlendern, höchstens von Musik aus der Konserve berieselt. Der Veranstalter verzichtet in diesem Jahr auf das musikalische Bühnenprogramm, weil niemand die hohen Gebühren des Musikrechte-Verwerters Gema bezahlen will.

Das Fest in Wuppertal-Barmen ist längst kein Einzelfall mehr. In einer Petition an den Bundestag machen 106 575 Konzertveranstalter, Musiker und weitere Kulturschaffende ihrem Ärger über die Gema Luft. Sie fordern, dass die Arbeit des Musikrechte-Verwertes „auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, Vereinsgesetz und Urheberrecht überprüft wird.” Hinter dieser trockenen Formulierung verbirgt sich der Vorwurf, die Verwertungsgesellschaft, die treuhänderisch die Urheberrechte ihrer 63 000 Mitglieder verwaltet, würde absurde Summen verlangen. Harter Tobak, der den Petitionsausschuss des Bundestages im November beschäftigen wird.

„Die Gema benutzt eine willkürliche Abrechnungsmethodik, die nur ihrer Gewinnmaximierung dient”, kommt aus den Reihen der Interessengemeinschaft (IG) Barmen harsche Kritik. Die Einzelhändlergemeinschaft, die den „Barmer Herbst” veranstaltet, hält in ihrem Fall Gebühren in Höhe von rund 600 Euro für angemessen. Die Gema würde jedoch in etwa das Zehnfache fordern. Grund für diese gravierende Diskrepanz ist die unterschiedlich Auffassung über die Bemessungsgrundlage: Die IG bezieht ihre Rechnung auf den Platz, auf dem die Bühne steht, und der beschallt wird. Die Gema schließt jedoch die gesamte Fußgängerzone, rund 13 400 Quadratmeter, in ihre Rechnung mit ein. „Haarsträubend ist das. So wird Kulturleben zerstört”, meint ein IG-Mitglied dazu.

Kein gutes Haar an der Gema

„Ich kenne keinen Veranstalter, der nicht über die Gema stöhnt”, fasst Mark Schulz von der Veranstaltungsagentur Stamm & Belz die Stimmung in der Musik-Branche zusammen. „Wenn wir in der Essener Zeche Carl eine Party mit Musik aus der Konserve veranstalten, müssen wir schon 300 Euro bezahlen”, erklärt er. Die Gebühr berechne sich nach Eintrittspreis und Größe der Halle. Dabei greife diese sogenannte Gema-Pflicht für eine Veranstaltung, sobald dort ein einziges Gema-pflichtiges Musikstück gespielt werde. „Da ist schon ein bisschen Abzocke dabei.”

Kein gutes Haar an der Gema lässt auch Marcus Gloria. Er veranstaltet das eintrittsfreie Stadtfestival „Bochum Total”, das sich im Wesentlichen über Sponsoren, Getränkeverkauf und Standgelder finanziert. In diesem Jahr flatterte eine Forderung in Höhe von 15 000 Euro auf seinen Schreibtisch. Wie soll das funktionieren?”, fragt Gloria. Dass aufgrund der Wetterkapriolen an zwei von vier Veranstaltungstagen nur wenige Besucher den Weg nach Bochum fanden, berücksichtige die Verwertungsgesellschaft überhaupt nicht.

„Wo bleibt der Rest der 15 000 Euro?”

Was ihn so richtig auf die Palme bringt, ist die undurchsichtige Umverteilung: „Selbst wenn alle Künstler auf dem Festival Gema-Mitglieder wären, würden sie insgesamt nur 1000 Euro erhalten”, erläutert Gloria. Dabei gebe es bei dem Festival kaum Bands, die bei ihren Auftritten auf Songs anderer Künstler zurückgreifen würden. „Wo bleibt also der Rest der 15 000 Euro, die wir als Veranstalter zahlen sollen?”

Nach Ansicht Glorias verfolge die Gema mit ihrem „Tarif-Dschungel”, in dem sich bis vor kurzem auch die Sparte „Zirkusveranstaltungen mit Liliputanern” verbarg, eine bewusste Verschleierungsstrategie: 70 Prozent der Gema-Auszahlungen gingen an die kleine Gruppe ihrer stimmfähigen Mitglieder (3251). Der Rest der 63 000 Mitglieder würde benachteiligt.