London. . Ihre Rolle in „Fluch der Karibik“ machte die britische Schauspielerin Keira Knightley weltberühmt. Doch in den letzten Jahren war sie in schweren Charakterrollen zu sehen. „Can A Song Save Your Life?“ ist ein romantischer Musikfilm. Im Interview spricht sie über die neue Leichtigkeit ihres Seins.

Weltberühmt wurde die britische Schauspielerin Keira Knightley durch die Piratenfilme „Fluch der Karibik“. Doch der Disneysierung ihrer Karriere hat sie sich bald entzogen. In den letzten Jahren war sie vor allem in schweren Charakterrollen zu sehen. Jetzt hat sie einen leichtherzigen Sommerfilm gemacht: „Can A Song Save Your Life?“ Das Besondere daran: Keira Knightley singt die Songs selbst und spielt dazu Gitarre. Ein Gespräch über frühen Ruhm, das Verlassen der Komfort-Zone und die neue Leichtigkeit des Seins.

Kann man anhand Ihrer Filme eigentlich Rückschlüsse auf Ihren Bewusstseinstand ziehen?

Keira Knightley: Ja, seit etwa zehn Jahren - seit ich meine Filme selber auswählen kann. Seitdem mache ich bei jedem Projekt, das mich interessiert, vorher eine Art Seelenerforschung. Ich höre sehr intensiv in mich hinein, um herauszufinden, ob es mich gerade wirklich interessiert und ob ich mich damit auch künstlerisch auseinandersetzen will. Bei „Can A Song Save Your Life?“ war meine Entscheidungsfindung sehr einfach. Den Film wollte ich unbedingt machen.

Und warum?

Nach einer fünfjährigen Periode; in der ich meistens sehr düstere und schwere Filme gemacht habe, hatte ich das starke Bedürfnis, endlich mal in einem echten Feel-Good-Movie mitzuspielen. Ein Movie, das ich meinen Freundinnen mit den Worten empfehlen kann: „Wenn ihr euch den Film anschaut, werdet ihr eine gute Zeit haben. Und es gibt auch noch was zu lachen.“ Ich finde den Film jedenfalls wunderbar leicht und positiv. Und es gibt sehr viel Hoffnung darin: Hoffnung auf Glück, auf ein gutes Leben. Und das war mir vor allem wichtig. „Can A Song Save Your Life?“ kommt zwar als romantische Komödie daher, bedient aber so gut wie kein Klischee dieses Genres. Das war für mich ein weiteres, sehr entscheidendes Kriterium. Denn zu den typischen Beziehungskomödien fühle ich mich wenig hingezogen. Nicht mal als Zuschauer. Sie sind mir meist zu seicht.

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Was hat denn Ihre neue „Leichtigkeit des Seins“ bewirkt?

Nun, ich habe zum Beispiel letztes Jahr geheiratet (lacht). Aber ich glaube, so neu ist diese Leichtigkeit gar nicht. Ich bin in den letzten Jahren immer lockerer geworden. Was sicher damit zu tun hat, dass mein Privatleben auf einem sehr guten Kurs war. Aber auch, dass sich diverse schwere Schleier in meinem Leben gelichtet haben.

Von welchen Schleiern sprechen Sie?

Ich habe lange Jahre viel beruflichen Ballast mit mir herumgeschleppt. Vieles in diesem Job hat mich verunsichert. Ich habe zwar schnell gelernt, mir eine ziemlich taffe Fassade aufzubauen, aber wie es dahinter aussah…

Es ist sicher nicht leicht unter dem Vergrößerungsglas der Medien aufzuwachsen.

„Nicht leicht“ ist ziemlich untertrieben. Es grenzte schon manchmal an Wahnsinn. Na ja, vielleicht übertreibe ich jetzt etwas, aber es ist mir doch oft an die Nieren gegangen. Ich bin jemand, der dem Celebrity-Aspekt der Schauspielerei so gut wie nichts abgewinnen kann. Klar ist es mal schön, in einem Designer-Kleid über den roten Teppich zu flanieren und von den Fans bejubelt zu werden. Aber deshalb bin ich nicht Schauspielerin geworden, sondern weil ich mich brennend für Literatur interessiere.

„Das Lebensgefühl von uns modernen Frauen ist in den meisten Filmen völlig unterrepräsentiert“, sagten Sie vor kurzem…

… und das stimmt doch auch! Das liegt zum guten Teil daran, dass es viel zu wenig Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen und Produzentinnen gibt. Auf 100 Schauspieler in England kommt etwa eine Schauspielerin – und die ist dann meist nur der Sidekick für den männlichen Helden. Und ich habe leider nicht das Gefühl, dass sich das in den letzten Jahren wirklich verändert hat. Deshalb gefällt mir auch meine Rolle als Gretta in „Can A Song Save Your Life?“ so. Denn Gretta ist eine Person, die auf ihren eigenen Füssen steht.

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Im Film geht es auch darum, wie Erfolg einen verändert. Gibt es da Parallelen zu Ihrem Leben?

Ja und nein. Ja, weil mich der Erfolg natürlich verändert hat. Nein, weil mein Erfolg, wie gesagt, sehr früh kam und Gretta ja schon um die 30 ist. Mein Erfolg hat sozusagen den Grundstein für meine Karriere gelegt. Und dadurch natürlich auch meine Persönlichkeit beeinflusst. Und wenn er ausgeblieben wäre? Ich kann mir heute nicht mehr vorstellen Maurer zu sein. Aber ich wäre sicher immer noch ich – nur eben anders. Letztlich sind solche Gedankenspiele wie „Was wäre wenn…?“ doch müßig. Es ist so, wie es ist. Und ich hoffe, ich habe das Beste aus meinen Möglichkeiten gemacht. Was viele Leute mit der Frage nach dem Erfolg aber eigentlich verbinden, ist eine Unterstellung.

Im Sinne von: großer Erfolg und viel Geld verderben automatisch die Persönlichkeit?

Ganz genau. Klar, es gibt Leute, die sich davon blenden lassen und total ausflippen. Oder richtige Ekelpakte werden. Aber wenn man so wie ich mit beiden Beinen auf dem Teppich geblieben ist, dann hält sich der Schaden in Grenzen (lacht). Wenn man genügend Geld hat, um sich nicht mehr täglich und seinen Lebensunterhalt sorgen zu müssen, hat das auch etwas sehr Befreiendes. Und der größte Vorteil ist vielleicht, dass man viel öfter „Nein“ sagen kann.

Trotz Millioneneinkommens von 40.000 Euro im Jahr gelebt 

Stimmt es eigentlich, dass Sie sich in den letzten Jahren nur ein – gemessen an Ihrem Millionen-Einkommen – ziemlich mageres Tagesgeld von 40.000 Euro im Jahr zugestanden haben?

(Lacht) Ja, das kommt so ungefähr hin. Und ich kann Ihnen versichern: Ich konnte sehr gut davon leben. Sehen Sie, ich habe einen sehr kleinen, engen und über die Jahre gewachsenen Freundeskreis. Und ich will meine Freunde nicht damit vor dem Kopf stoßen, dass ich mit Geld um mich werfe. Das ist auch gar nicht nötig. Denn wir haben alle – auch ohne viel Geld - sehr viel Spaß zusammen. Und die meisten meiner Freunde haben mit dem Filmbusiness sowieso rein gar nichts zu tun.

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Ist die Gefahr eigentlich groß, dass eine etablierte Schauspielerin wie Sie künstlerisch immer öfter auf „Nummer Sicher“ geht?

Auf mich trifft das ganz und gar nicht zu. Ich bin nämlich immer dann am besten, wenn ich meine Komfort-Zone weit hinter mir gelassen habe. Wie bei diesem Film auch. Da singe ich immerhin vor laufender Kamera diverse Songs. Für jemanden, der sich allenfalls mal total betrunken in einer Karaoke-Bar zu singen traut, ist das doch gar nicht so schlecht, oder? (lacht)

Die Film-Songs wurden zum Teil live auf Straßen, Plätzen und Dächern von New York eingespielt.

Was total außergewöhnlich war. Für mich ist New York wie ein zusätzlicher Hauptdarsteller im Film. New York ist eine so auf-regende, vibrierende Stadt, mit einer wahnsinnigen Energie. Und wir mussten uns bei jedem dieser Live-Auftritte höllisch beei-len, dass wir nicht den Zorn der New Yorker auf uns zogen. Das war manchmal ziemlich heftig. In England stehen die Leute immer sehr interessiert am Drehort herum, sind sehr leise und zuvorkommend. Und wenn man sie bittet nicht ins Bild zu laufen, sagen sie: „Oh, ja, natürlich. Sorry“. In New York heißt es stattdessen: „Get the fuck out of the way!“

Sie sind mit einem Rock-Musiker verheiratet. Hat er die Musikszene im Film wiedererkannt?

Mein Mann (James Righton, Keyboarder der Indie-Rockband The Klaxons, Anm. d. Red.) meinte, dass unser Film eine sehr saubere Version des Musik-Business zeigt. In Wirklichkeit ist es wohl sehr viel schlimmer. Gerade für Newcomer. Zum Glück ist James mit seiner Band schon lange sehr erfolgreich. Ich habe keine Ahnung, wie ein junger Künstler von seiner Musik überhaupt leben kann - es sei denn, er ist ein großer Star, der Stadien füllt.

Ist das Filmbusiness nicht genauso hart?

Und ob. Es dreht sich doch überall immer nur ums Geld.

Im Film überwirft sich Gretta mit der Musik-Industrie und stellt ihre Songs zum Downloaden ins Netz. Für einen Dollar. Hand aufs Herz: Würden Sie je einen Film für einen Dollar Gage machen?

Ja, ich glaube schon - wenn die Rolle wirklich toll wäre. Aber das wäre vermutlich keine gute Idee. Ich sehe schon die Schlagzeile: „Keira Knightley ist für einen Dollar zu haben!“ Das wäre wohl das Ende meiner Karriere (lacht).