Essen. . „Conjuring - Die Heimsuchung“ ist Gänsehautspuk im klassischen Stil. Regisseur James Wan, der auch schon die „Saw“-Reihe gemacht hatte, setzt die Schockeffekte schonend ein. Dennoch gilt der Film als gruseligster Streifen des Jahres.
Wie so oft ist es ein Priester, der das Ehepaar Lorraine und Ed Warren zu Hilfe gerufen hat. Die beiden renommierten paranormalen Ermittler sollen einem jungen Paar zur Seite stehen, in dessen Haus möglicherweise Geister ihr Unwesen treiben.
Der Fall ist schnell geklärt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind dabei so banal wie naheliegend. Ein defektes Fenster auf dem Dachboden und alte Wasserleitungen haben die unheimlichen Geräusche verursacht.
Diese eine kurze Szene ist zwar nur eine Art Zwischenspiel in James Wans fast schon klassizistischem Haunted-House-Horror „Conjuring – Die Heimsuchung“. Aber sie verrät dennoch ungemein viel über die Art, in der sich der durch Filme wie „Saw“, „Death Sentence“ und „Insidious“ berühmt gewordene Genreregisseur seinem Stoff nähert.
In diesem Moment kommen nicht nur Skeptiker, die übernatürliche Phänomene grundsätzlich für irrationale Hirngespinste halten, zu ihrem Recht. Er erweist sich zugleich als idealer Hintergrund, vor dem sich die zentralen Ereignisse der Geschichte deutlich absetzen.
Die 70er-Jahre in den USA
Der Vietnam-Krieg und Richard Nixon, die Welle der Gewalt, die durch die Metropolen der Vereinigten Staaten schwappt, und die zunehmende Radikalisierung der Protestbewegungen, all das scheint unendlich weit entfernt, als Carolyn und Roger Perron (Lili Taylor und Ron Livingston) Anfang der 70er-Jahre zusammen mit ihren fünf Töchtern nach Rhode Island in ihr neues Heim, ein abgelegenes altes Haus, ziehen.
Doch schon in der ersten Nacht geschieht Unerklärliches. Carolyn wacht mit rätselhaften blauen Flecken am Körper auf. Außerdem finden sie ihren Hund, der sich geweigert hatte, das Haus auch nur zu betreten, tot auf.
Auch die Mädchen hören merkwürdige Geräusche
Etwas stimmt mit dem verwinkelten Haus, dessen Kellertür mit Brettern versperrt war, nicht. Nicht nur Carolyn, auch die Mädchen hören immer wieder auffällige Geräusche und nehmen seltsame Vorkommnisse wahr. In ihrer wachsenden Verzweiflung wendet sich Carolyn schließlich an das von Vera Farmiga und Patrick Wilson gespielte Dämonologen-Paar Lorraine und Ed Warren.
Eher widerstrebend erklären sich die Beiden, die seit einem misslungenen Exorzismus mit ihren eigenen Gespenstern zu kämpfen haben, bereit, das Haus der Perrons zu untersuchen. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft gibt es für die Ermittler keinen Zweifel mehr: Der Grund und Boden der Perrons wird von bösartigen Geistern heimgesucht.
Eine konstante Atmosphäre der Bedrohung
An simplen Schockeffekten, die nur auf direkte körperliche Reaktionen des Publikums zielen, hat James Wan kaum Interesse. Ihm geht es stattdessen eher um eine konstante Atmosphäre der Verunsicherung und Bedrohung. Ein Ball fliegt wie von selbst durch die Luft; eine unsichtbare Hand greift nach einem schlafenden Mädchen und zieht es über sein Bett; jede Nacht bleiben um 3.07 Uhr alle Uhren im Haus stehen.
Wan setzt all diese kleinen, verstörenden Details mit größter Sorgfalt in Szene und nimmt dem Betrachter nach und nach jede Sicherheit. Wie die Protagonisten des Films, die beiden letztlich gar nicht so verschiedenen Familien Perron und Warren, gerät auch das Publikum immer stärker in den Bann einer durch die Jahrhunderte wirkenden Macht.
Wan schlägt einen extrem weiten Bogen in die Vergangenheit, der bis zu den Hexenprozessen von Salem zurückreicht. Eins bleibt gewiss: Die Geister der Vergangenheit hatten die Vereinigten Staaten nicht nur in den 70er-Jahren, die Wan hier zusammen mit seinem Kameramann John R. Leonetti so liebevoll und detailgenau rekonstruiert, fest im Griff. So ist die Heimsuchung der Perrons eben doch auch ein Spiegel der politischen und sozialen Umbrüche jener Jahre.
Wertung: vier von fünf Sternen