Essen. . Eine Kleinstadt-Schönheit wirkt wie eine Wiedergeburt der Hollywood-Diva. Dann wird sie tot aufgefunden. Ein Krimiautor will nicht hinnehmen, dass es Selbstmord gewesen sein soll. Der französische Mystery-Krimi „Who Killed Marilyn?“ hat das Zeug zum Überraschungshit dieses Sommers.

Was die große Liebesgeschichte dieses Films hätte werden können, scheitert daran, dass die Angebetete bereits zu Beginn tot ist. Das Kleinstadt-Starlet Candice Lecoeur (Sophie Quinton), das so gern wie Marilyn Monroe sein wollte, wird leblos aufgefunden im tiefen Schnee. Selbstmord, heißt es. Das aber will der Krimiautor Rousseau (Jean-Paul Rouve) nicht einfach so hinnehmen. Er ist einer vermeintlichen Erbschaft wegen an diesen kältesten Punkt Frankreichs gereist, der allein seines Käses („Bele du Jura“) und seiner bitterkalten Winter wegen Bekanntheit erlangt hat. Die Erkundung der Todesumstände im Fall Candice, so glaubt der Schriftsteller, werde ihm auch helfen, seine Schreibblockade zu durchbrechen.

Der Film ist noch keine 15 Minuten alt, da spürt man, dass dem Regisseur und Drehbuchautor Gérald Hustache-Mathieu hier ein erzählerischer und filmischer Coup gelungen ist. Was nicht nur daran liegt, dass man sich gleich zu Beginn an David Lynchs bedrohlich-schräge Fernsehserie „Twin Peaks“ erinnert fühlt. Der anreisende Fremde, das friedliche Gesicht der Toten im Schnee, das seltsame Verhalten der Einheimischen, das sind alles vertraute Versatzstücke. Später tauchen dann auch noch übersinnliche Momente auf, wenn Rousseau allmählich zu glauben beginnt, dass zwischen Candice und der Monroe eine Art Schicksalsband existiert.

Tatsächlich hat der Regisseur dafür gesorgt, dass nichts an diesem Hinterwäldlerdorf Mouthe an die Neuzeit erinnert. Die Geschichte könnte ebenso gut in den Sechzigern spielen, in jener Zeit also, als auch der Tod der Monroe nur schwer erklärbar schien. Dazu will es Rousseau, aller Widerstände der örtlichen Polizei zum Trotz, in diesem Fall nicht kommen lassen. Woher stammen die Blutergüsse in dem schönen Gesicht? Warum liegt die Leiche ausgerechnet im administrativen Niemandsland? Und warum eigentlich ermittelt die Polizei nicht? Es gibt viel zu tun.

Man denkt an David Lynch

Der Betrachter wird sanft auf einen spannenden Mystery-Krimi vorbereitet, in dem sich der ungeliebte Ermittler plötzlich auch noch mörderischen Attacken ausgesetzt sieht. Gleichzeitig aber muss er erkennen, dass auch Tote noch sehr gegenwärtig sein können. Als Rousseau endlich das Tagebuch von Candice entdeckt hat, ist es die Stimme der Verstorbenen, die uns selbst Seite für Seite vorliest und damit den Weg frei macht für viele erhellende Rückblenden. Hier sehen wir den allmählichen Aufstieg der Toten, deren Karriere mit TV-Werbung für den lokalen Käse beginnt und als Mätresse im Schlafzimmer des Ministerpräsidenten der Region endet.

Der Zuschauer hat inzwischen längst erkannt, dass es in der Tat so etwas wie eine übersinnliche Verbindung zwischen der Dorfschönheit und dem Hollywood-Idol zu geben scheint. Als sei jeder, der wie Marilyn wirken will, dazu verflucht, ihr Leben mit all seinen Qualen erneut zu durchleben. Da braucht es wahrlich nicht der Überdeutlichkeit, mit der dieses Phänomen vom Regisseur immer wieder auch noch erklärt wird. Das aber ist auch schon das einzige Manko in einem Film, der zum Überraschungshit dieses Sommers werden könnte.