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Paris 1942: Tausende Juden werden auf Druck der deutschen Besatzer bei einer beispiellosen Massenrazzia verhaftet und deportiert. Nur der elfjährige Jo überlebt. Rose Bosch hat die unglaubliche, aber wahre Geschichte verfilmt: „Die Kinder von Paris“.
Es war schon immer die besondere Leistung großer Filme wie großer Literatur, die besonders düsteren, schwierigen Geschichts-Kapitel für Millionen auszuleuchten. Indem sie dem Grauen ein Gesicht geben und das Unfassbare durch die Reduktion auf individuelle Schicksale für das große Publikum fassbar machen. In „Das Leben ist schön“ wird das KZ für den kleinen Guiseo zum Abenteuerspielplatz umgedeutet. In Rose Boschs „Die Kinder von Paris“ ist es der elfjährige, engelsgleiche Jo und der kleine, kulleräugige Nono, an denen sich die Empathie des Zuschauers festmachen kann.
Jo und Nono sind zwei von rund 13.000 staatenlosen Juden in Frankreich, die am 16. Juli 1942 auf Druck der deutschen Besatzer bei einer Massenrazzia im Großraum Paris verhaftet werden. Zusammengetrieben wie Vieh, vegetieren 7000 von ihnen einige Tage im Pariser Rennradstadion Vélodrome d’Hiver, wo Hitze, Durst und Krankheiten ein unmenschliches Regiment führen. Am Ende gelingt nur wenigen die Flucht, fast alle werden nach Auschwitz deportiert. Jo, Joseph Weismann, war einer der wenigen Überlebenden und hat das Filmteam bei den Dreharbeiten beraten.
Die Geschichte ist historisch verbürgt, auch wenn das Ausmaß der Kollaboration zwischen Nationalsozialisten und der französischen Vichy-Führung lange im Ungefähren blieb. Das Kino hat das Kapitel bislang nur am Rande behandelt. Auch Rose Bosch wird die politische Aufarbeitung nicht unbedingt weiterbringen. Dafür ist der Film dann doch viel zu sehr damit beschäftigt, den Mut, die Mildtätigkeit und Menschlichkeit einiger Franzosen in diesen barbarischen Zeiten hervorzuheben – groß besetzt mit Jean Reno und Melanie Laurent als aufopferndes Ärzte-Schwestern-Doppel im unermüdlichen Kampf gegen Krankheiten und Notlagen aller Art.
Krach, Gestank, Durst
Boschs größter Irrtum aber liegt vor allem in dem Glauben, die Hölle des Vélodromes – den Gestank, den Krach, die Erniedrigung – noch spürbarer machen zu müssen, indem sie die Zeit vor der Deportation quasi als Paris-Bilderbuch mit Judenstern illustriert. Es ist dieses nach Camembert- und Pastiswerbung duftende Klischeebild vom Montmartre, das einen zunächst auf Distanz gehen lässt zu diesem zweifellos wichtigen Werk.
So bleiben die Bilder aus dem Vélodrome das Eindrücklichste, was man aus diesem Film mitnimmt. Das verzweifelte Klappern der verdurstenden Menschen mit ihren Emaillebechern, die ein furchtloser Feuerwehrmann dann mit dem Löschschlauch erlöst, ist eine Szene, die sich vielleicht wirklich einbrennen wird in das visuelle Gedächtnis des Holocaust-Gedenkens.