Berlin. Horst Schlämmer kann Kanzlerkandidat - aber nur im Film, Schätzelein. Die Botschaft des Films? Ach, gehnse’ weg. Der Bestseller-Autor Kerkeling wollte einfach zeigen, dass alle Promis springen, wenn er ihnen nur das Stöckchen hinhält, nur um sich formvollendet selbst in die Pfanne zu hauen.

Am Ende bleibt ein rheinischer Gesichtsausdruck in diesem oft kurz- und zu oft langweiligen Klamauk am längsten im Gedächtnis haften. Als Hape Kerkeling alias Horst Schlämmer Jürgen Rüttgers eröffnet, dass er, der überbissige, schmierlappige, grunzende und schnappatmende Grevenbroicher Lokaljournalist Bundeskanzler werden will, steht dem sich selbst spielenden Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens für einen Moment grabkalte Angst auf der Stirn.

Was, wird der sprachlose Rüttgers gedacht haben, wenn der republikweit beliebte Spaßarbeiter und Rollenanverwandler (oder ein anderer mit Volkstribunpotenzial, Mario Barth vielleicht...?) es eines Tages tatsächlich machen würde?

Ein etwas anderes Programm

Und sonst?

Ach, so. Die „HSP“ kommt am Ende im Film bei der Bundestagswahl auf 0,37 Prozent der Stimmen.

Kanzler werden andere. Und Schlämmer geht zu Boden. Diesmal. In der Schlussszene fährt Formel-1-Oldie Michael Schumacher im roten Ferrari vor und macht Schlämmer den Chauffeur. Der verspricht: „In vier Jahren probiere ich es wieder.“ Eine Drohung, die man ernst nehmen muss. „Isch kandidiere“. Ab 20. August im Kino. Weisse Bescheid!

Was Rüttgers und all die anderen im nagelneuen Kerkeling-Film „Horst Schlämmer - Isch kandidiere“ real existierenden und gnadenlos als Schlaftabletten oder krampfige Labertaschen vorgeführten Politiker während der Dreharbeiten nicht wissen konnten, eine Hamburger Illustrierte hat's inzwischen eilfertig ermittelt: Träte die „Horst Schlämmer-Partei“ (HSP) am 27. September an, sie könnte wohl mit 18 Prozent der Stimmen rechnen.

Was nicht an Schlämmers fettgrauer Toupet-Tolle, dem zu engem Hausmeisterkittel und dem speckigem Herrenhandtäschchen liegen kann, mit dem der deutsche Borat-Vorläufer ständig unterwegs ist. Sondern am Programm. Die HSP, im Profil „konservativ, links und liberal“, verspricht kostenfreien Besuch auf der Sonnenbank, die Abschaffung der Flensburger Verkehrssünder-Kartei, Schönheits-OP’s auf Rezept und den Bundeshasen als neues Wappentier.

„Wat die nich können, dat kann ich auch!“

Das Programm des Kandidaten ist knackig sinnentleert: „Es ist alles weniger geworden, es sollte mehr sein.“ Und: „Wat die nich können, dat kann ich auch!“

Auf die ganze Berliner Weltpremieren-Filmdauer von über 90 Minuten gerechnet, wirkt dieser Idiotenstadl („Ich will Brücken sprengen und Mauern bauen“), den Kerkeling mit Regisseur und Lebenspartner Angelo Colagrossi fabriziert hat, fad wie altes Knäckebrot. Weil die Jagd nach dem Kalauer und das Demaskieren von politischen Halb-und Viertelprominenten, die sich von Schlämmer erschreckend bereitwillig auf die Lachbank führen und dort mit Seitenhieben niederstrecken lassen, zum aufgeblähten Endlos-Sketch gerät.

Da wird die Botschaft von US-Präsident Obama „Yes, we can“ zu „Yes, weekend“ - schönes Wochenende! Da will Schlämmer, der auf die Parteifarbe Ockergelb steht, im Falle eines Wahlsieges mit den Grünen eine „Fango-Koalition“ eingehen und Claudia Roth, die man auch im Film an den Biogurkenscheiben auf den Augen erkennt, zur Außenministerin machen. Da gibt es einen jugendartgerechten Anti-Politikverdrossenheits-Rap, den Schlämmer mit dem Berliner Getto-Kid Bushido im Studio aufnimmt. Und? Nix und.

Der Fremdschäm-Effekt

Unions-Angehörige kriegen es in dieser Hanswurstiade, die ständig zwischen Pein und Posse wabert, seltsamerweise überaus dicke ab. Angefangen von der sprachlos machenden Grevenbroicher Freizeitpolitikerin Ursula Kwasny (real) und NRW-Ministerpräsident Rüttgers (sehr real) bin hin zu CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla und Kanzlerin Angela Merkel (beide zum Niederknien von Kerkeling überaus sehr real persifliert). Sozialdemokraten bleiben dagegen als Spottzielscheiben weitgehend verschont.

Den größten Fremdschämer-Effekt, abgesehen von Gastauftritten einiger Szene-Knallchargen wie Gunter Gabriel, Frau Effenberg, Ex-CSU-Rebellin Gabriele Pauli, Jürgen Drews und Bernhard Brink, löst die Nicht-Schauspielerin Alexandra Kamp aus, die als „First Lady“ an der Seite Schlämmers durch ihre Szenen irrlichtert. Am Ende, geschieht ihr recht, hat sie Herpes.

Die Botschaft des Films? Ach, geh'n se weg. Der Bestseller-Autor Kerkeling („Ich bin dann mal weg“) wollte einfach zeigen, dass mittlerweile alle, wirklich alle Promis springen, wenn er ihnen nur das Stöckchen hinhält, damit sie sich formvollendet selbst in die Pfanne hauen. Freundlicher Beifall.