Essen. . In dem bunten Märchenfilm “Cinderella“ von Regisseur Kenneth Branagh mimt Lily James Aschenputtel – und Cate Blanchett ist die böse Schwiegermutter.
Gerade erst wurde wieder der Internationale Welttag der Frau begangen, wo ernste Themen diskutiert und wertvolle Belange angemahnt wurden. Und nun kommt als romantischer Gegenentwurf der Spielfilm „Cinderella“ in die Kinos, der ein gleichermaßen berühmtes wie beliebtes mitteleuropäisches Märchen in bewegte Bilder übersetzt.
Die Heldin heißt Ella und ist die glückliche Tochter eines erfolgreichen Kaufmanns und seiner schönen Frau. Die Mutter aber fällt viel zu früh einer tückischen Krankheit zum Opfer, was die Liebe zwischen Vater und Tochter nur umso fester verschweißt. Das ändert sich auch nicht, als der Vater eines Tages Lady Tremaine zur Frau nimmt, eine verwitwete Edeldame, die zwei Töchter ihr eigen nennt und recht bald die Verhältnisse im Hause nach ihrem Gusto zu gestalten beginnt.
Ella wittert in all dem Treiben kein Ungemach, aber als der Vater auf einer Reise schwer erkrankt und schließlich stirbt, zeigt sich bald, welch falsches Herz in der Ladys Brust schlägt. Ella wird immer mehr ihrer Rechte beraubt und sieht sich unausweichlich zur Dienstmagd erniedrigt. Weil sie auch in der Kohleasche neben dem Herd schlafen muss, wird Ella zur Cinderella.
Der Konter des Disney-Studios
Knapp einen Monat nach Rob Marshalls ironischem Märchen-Musical „Into the Woods“ kontert das Disney-Studio mit einem Märchenfilm, der sich ganz und gar den Buchstaben der Erzählung verpflichtet und diesen in bonbonbunt bebilderten Kostüm- und Ausstattungsprunk auskleidet.
Der Ire Kenneth Branagh, filmischer Wächter über Shakespeares Schriften und neuerdings mit „Thor“ auch der Blockbuster-Muse nicht abgeneigt, verschmilzt in seiner aktuellen Regiearbeit das Bedürfnis des Disney-Studios nach vermarktungstauglichem Kitsch in Haribo-Color mit einem interessanten inhaltlichen Schulterschluss. Denn seine Cinderella bedient sich nicht nur beim Aschenputtel der Brüder Grimm, sondern auch bei der lieblichen Cendrillon des Franzosen Charles Perrault.
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Helena Bonham Carter als Cinderellas Tante
Wenn also Helena Bonham Carter nun als Cinderellas Tante den Zauberstab zückt und einen Kürbis zur Kutsche umwandelt, aus Mäusen ein Pferdegespann und aus Eidechsen Lakaien werden lässt und eindringlich warnt, dass der ganze Zauber nur bis Mitternacht Bestand haben wird – dann ist das ebenso der französischen Variante geschuldet wie der gläserne Schuh, der Cinderella als des Prinzen Traumfrau erkennbar machen wird.
Der ausstrahlungsfreie Richard Madden
Was bedeutet das alles auf der Leinwand? Branaghs Regie besetzt das Strahlemädchen Lily James in der Hauptrolle, nimmt als Prinzen den ausstrahlungsfreien Richard Madden, Derek Jacoby ist der König, Stellan Skarsgard sein intriganter Innenminister und Cate Blanchett trägt als böse Stiefmutter zentimeterdicke Schminke, aber auch vorzüglich geschneiderte Kleider und in zwei Szenen Hüte, die dem Film eine Nominierung für den Kostüm-Oscar 2016 sichern werden.
Alles sonst an diesem Film ist dicker Pinselstrich und Zuckerguss aus der Disney-Konditorei für Softeis-Romantikerinnen in der Rosa-Phase. Klarere Geschlechterzuweisung in der Zielgruppenidentifizierung scheint da kaum noch vorstellbar. Ein Schlag ins Gesicht für alle, die um ein modernes, zeitgemäßes Frauenbild kämpfen. Aber für die wurde der Film ja nicht gemacht.
Wertung: drei von fünf Sternen