Essen. . Colin Firth spielt in der britischen Agenten-Parodie “Kingsman: The Secret Service“ ganz hinreißend die Rolle des tadellos gekleideten Actionhelden.
Eigentlich ist es ja unmöglich, James-Bond-Filme zu parodieren, weil die Originale selbst bereits derart viel Ironie beinhalten, dass jeder Scherz auf Kosten von 007 eigentlich peinlich und überholt wirken muss. Dass Matthew Vaughns Action-Comedy „Kingsman: The Secret Service“ trotzdem ganz wunderbar funktioniert, obwohl Colin Firth hier wie eine Art Über-Bond agiert, liegt vor allem an der Kunst des Regisseurs.
Der präsentiert zwar einen Film, in dem Zitate sich nur so stapeln, angefangen von „Mit Schirm, Charme und Melone“ über „Get Smart“ bis zu den Harry-Palmer-Filmen mit Michael Caine, der sich aber stets derart unberechenbar und respektlos zeigt, dass große Unterhaltsamkeit garantiert ist.
Tafelrunde als Vorbild
„Kingsman“ basiert auf einem Comic des „Kick Ass“-Autors Mark Millar, den Vaughn jedoch für seine Zwecke gründlich umgebaut hat. Im Zentrum steht eine unabhängige Spionage-Organisation, die weltweit für Frieden arbeiten will. Als Vorbild gilt die legendäre Tafelrunde von König Artus, alle sorgfältig ausgesuchten Mitglieder tragen Codenamen, die an die großen Rittergestalten dieser Gruppe erinnern.
Der Kopf des Unternehmens heißt verständlicherweise Arthur und wird von Michael Caine verkörpert. Colin Firth spielt den Agenten Galahad, der gerade dabei ist, den jungen Kleinkriminellen Eggsy (Taron Egerton) als Nachfolger des so tragisch aus dem Leben geschiedenen Lancelot vorzuschlagen. Dafür muss der Jüngling ein Ausleseverfahren mit mehreren Konkurrenten durchlaufen, bei dem Ausscheiden gleichzeitig auch Ableben bedeutet.
Vaughn, der auch schon „Kick Ass“ verfilmt hat und darin ein minderjähriges Mädchen als waffengeile Killermaschine präsentiert, bleibt in „Kingsman“ seinem Ruf treu. Dem Spaß kann auch hier immer gleich das Entsetzen folgen, wenn beispielsweise Lancelot von einer Frau blitzschnell in zwei Teile zerlegt wird, weil die Dame statt Beinen extrem scharfe Messer besitzt, mit denen sie nicht nur die Luft zerschneidet.
Diese Auftragsmörderin mit Namen Gazelle ist die rechte Hand des Multimilliardärs Richmond Valentine (Samuel L. Jackson), der sich sehr schnell als der Bösewicht des Films zu erkennen gibt: Er will die Welt retten, indem er die Bevölkerung drastisch reduziert. Weltweit hat er deshalb bereits kostenlos Handys unters Volk geworfen, die durch ein Satellitensignal Menschen in tödliche Bestien verwandeln können.
Samuel L. Jackson als moderner Superschurke
Vermutlich hat der Regisseur mit diesem völlig durchgeknallten Valentine den modernen Superschurken für diese unsere Zeit geschaffen, die nichts Besseres mehr verdient hat. Er stinkt vor Geld, trägt aber nur Sneakers und Baseballkappe zu viel zu große Hosen, lässt teuersten Rotwein zu Fast Food servieren, ist für jeden Massenmord zu haben, kotzt aber beim Anblick von Gewalt. Er ist die wandelnde Unkultur schlechthin, und ist zu allem Überfluss auch noch mit einem deutlich hörbaren Sprachfehler auf die Welt gekommen.
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Einen ersten Feldversuch seiner Entvölkerungspläne startet er in einer Kirche in Kentucky, wo Gottesdienstbesucher sich plötzlich in wilde Bestien verwandeln, die ihrem Nächsten von jetzt auf gleich die Gurgel durchschneiden wollen, statt ihm die Hand zu reichen. Die besten Szenen des Films allerdings sind jene, in denen man das Zusammenspiel von Galahad und seinem Zögling Eggsy studieren kann. Colin Firth, der eine solche Actionrolle noch nie gespielt hat, ist dabei hinreißend als Gentleman-Bond, dessen Anzug selbst nach wildesten Kämpfen noch völlig untadelig wirkt.
Wenn er dem neuen Lancelot den Regenschirm erklärt, der nicht nur Kugeln abfangen, sondern auch zurückschießen kann, dann meint man bei diesem Schauspieler auch ein wenig Melancholie zu spüren. Er sieht, wie gut Eggsy der neue Anzug steht, spürt den Sex-Appeal des Jünglings und wie gut er seine Sache macht. Die nächste Generation der Tafelrunde wirft ihre Schatten voraus.
Wertung: vier von fünf Sternen