Essen. Fünf Tage bekifft – nach seinem umstrittenen Alkoholiker-Experiment legte Jenke von Wilmsdorff nach. Im Selbstversuch ging er den Folgen des Cannabis-Konsums nach. Und schaffte ein kleines Wunder: eine differenzierte Sendung zum Thema Drogen in 60 Minuten. Auf RTL.
Janik von Wilmsdorff ist nicht amüsiert. „Du bist voll am abkacken!“, schimpft er mit seinem Vater. Der sitzt neben ihm und zieht an einem Joint. Die beiden haben in einem holländischen Hotel eingecheckt. In dieser verkehrten Welt kiffen die Eltern und meckern die Kinder. Zum Glück ist das Ganze nur ein Experiment.
Fünf Tage auf Drogen, so lautet die Mission von Jenke von Wilmsdorff. Letztes Jahr hat er einen Monat als Pegeltrinker verbracht. Er wollte erfahren, wie es ist, Alkoholiker zu sein. Das TV-Experiment hat ihm viel Kritik eingebracht. Er mache aus einer Krankheit Fernsehunterhaltung, so lautete der Vorwurf. Nun legt er mit Marihuana und Haschisch nach. Kann das gutgehen?
Jenke von Wilmsdorff kifft, schläft und starrt
Es kann. Zumindest im Fernsehen. Wer dachte, das Ganze würde zur voyeuristischen Farce verkommen, sollte sich täuschen. Wilmsdorff bringt das Kunststück fertig, in gerade mal 60 Minuten eine differenzierte Sendung über Cannabis-Konsum, seine Folgen und die Frage der Legalisierung zu stemmen. Und das auf RTL.
Der vermeintlich „unseriöse“ Zugang über den Selbstversuch ist in diesem Fall effektiv. Fünf Tage lebt Wilmsdorff über einem Coffeeshop in Holland und dröhnt sich durch das Cannabis-Sortiment seiner Gastgeber. Es sind trostlose Tage. Wilmsdorff kifft, starrt aus dem Fenster, schläft, kifft und starrt. Ein Spaziergang durch Haarlem ist ihm schon zu viel Aufwand. Am Ende vermitteln Aussetzer, Apathie, Lach- und Schwindelanfälle mehr über die Folgen des Cannabis-Konsums als manch gutgemeintes Flugblatt in der Drogenprävention.
Bundesdrogenbeauftragte weicht im Interview aus
Dafür sprechen auch die Zuschauerreaktionen während der Sendung. Bei Twitter wird Wilmsdorffs Drogentrip zumeist als das verbucht, was er ist: ein Absturz. Der Rest der Kommentatoren macht Scherze über den RTL-finanzierten „Traumjob“ („Der soll mal 'ne Unze springen lassen“) oder schüttelt den Kopf über die neue Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler, die Wilmsdorff auf ihrem Bauernhof in Bayern interviewt. Was sie für den Job qualifiziere, so als Landwirtin, will der Fernsehjournalist wissen. „Bei mir stehen die Menschen im Vordergrund“, antwortet Mortler ausweichend. Warum werden Alkohol und Tabak nicht als Drogen verboten? „Weil es allgemeiner Konsens auf Weltebene ist, diese nicht als Suchtmittel einzustufen“, sagt die CSU-Frau.
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Die Frage nach der Legalisierung bleibt in dieser Sendung klugerweise unbeantwortet. Wilmsdorff selbst hat keinen Schaden davongetragen, sagen seine Ärzte. Aber es waren auch nur fünf Tage. Was langfristig passieren kann, zeigt er am Fall eines Cannabis-Junkies, der seit Jahren unter Wahnvorstellungen und Psychosen leidet. Der behandelnde Arzt wird ebenfalls interviewt. Er lehnt eine Legalisierung strikt ab.
Lars Scheimann raucht Joints gegen Tourette-Tics
Auf der anderen Seite zeigt Wilmsdorff das Beispiel von Lars Scheimann aus Duisburg. Er hat das Tourette-Syndrom. Früher konnte er seinen Körper kaum kontrollieren. Für ihn ist Cannabis eine Heilpflanze. 20 Joints raucht er am Tag – nicht, um high zu werden, sondern um Schmerzen zu bekämpfen. Nun setzt er sich für die Legalisierung von Marihuana zu medizinischen Zwecken ein. Einen Teilerfolg hat er schon errungen. Scheimann gehört zu den inzwischen etwa 100 Patienten in Deutschland, für die Marihuana-Besitz und Konsum nicht illegal sind.