Essen. Man kann Peer Steinbrück nicht vorwerfen, dass er nicht alles versucht. Nach dem “Stinkefinger“-Titelbild vom Freitag ist der SPD-Spitzenkandidat am Montag vor der Bundestagswahl im „Circus Halligalli“ auf ProSieben beim Moderatoren-Duo Joko und Klaas zu Gast gewesen.
Wahlkampf mit allen Mitteln: SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück hat sich tatsächlich zu ProSiebens selbsternannten Spaß-Propheten gesellt. Fünf Tage vor der Bundestagswahl. Nur kurz nach der vielleicht peinlichsten, vielleicht ehrlichsten Wahlkampfpose in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik. Klaas Heufer-Umlauf setzte alles daran, seine Show-Adjutanten auf den Spitzenpolitiker-Besuch einzustellen.
„Weil wir beide ein nettes Bier getrunken haben“, das sei der Grund also für den Besuch. Aha. Und auch übers Bier konnte danach lustig gespaßt werden. Wahlkampf-Tour extrem bei Steinbrück, nach gefühlt fünf Millionen Hausbesuchen also nochmal Jungwähler akquirieren. Steinbrück, und das können selbst seine größten Kritiker nicht leugnen, weiß, wie er vor Kameras ankommt. Ein lustiger Spruch über seine Redegeschwindigkeit. Dann über die populären „Klartext“-Reden. Humor hat er.
Steinbrück kontert pubertäre Witze mit trockenem Humor
Das merkte man auch an seinen Reaktionen auf die meist pubertären Einspieler vom Comedy-Duo Heufer-Umlauf und Winterscheid. Mit dem prickelnden Bierchen auf der Sessellehne nahm er auch die Spitzen gegen Parteichef Gabriel nicht böse, konterte wieder mit einem bekannt trockenen Humor. Dass direkt im nächsten Einspieler an einem Sonntagmorgen in Berlin fast ausschließlich betrunkene Jugendliche genau den Parteipunkten der Sozialdemokraten entsprachen, mag die SPD freuen: Denn immerhin öffnen die Wahllokale ebenfalls am 22. September zu einer solchen Uhrzeit.
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Doch auch im direkten Schlagabtausch bewies Peer Steinbrück Schlagfertigkeit: Schlandkette? Ist doch nichts gegen die „Fahrradkette“. Wahlniederlage? „Ist doch nicht meine Schuld?“ Westerwelle im Big-Brother-Haus, Steinbrück bei „Halligalli“ - „Haben Sie nichts gelernt?“, war die Frage, „Qualitätsunterschied!“ die selbstbewusste Antwort.
Auch wenn nicht sicher ist, wer die Gags für den Kanzlerkandidaten geschrieben hat, eines muss man ihm lassen: Wieder einmal zeigte Peer Steinbrück, dass er sehr viel unorthodoxer als die Bundeskanzlerin sein kann. Damit punktet er sicherlich bei jugendlichen Erstwählern, eben den knapp 20 Prozent Marktanteil der ProSieben-Sendung. Dass er sich bei vielen anderen Wahlberechtigten nur noch weiter ins Abseits manövriert, kann ihm hingegen fast egal sein. Denn diese haben die Sendung mit Sicherheit nicht verfolgt.