Köln. . Es hätte eine lahme Jubelveranstaltung werden können, mit viele Nettigkeiten und wenig Substanz. Es sollte anders kommen. Als Ex-WDR-Chefin Monika Piel den Staffelstab an ihren Nachfolger Tom Buhrow übergab, nutzten beide die Gelegenheit zu grundsätzlichen Worten.

Der WDR nahm auf, was Intendant Tom Buhrow unmittelbar nach seiner Wahl durch den Rundfunkrat versprochen hatte. „Ich bringe die Liebe mit“, hatte die rheinische Frohnatur verkündet. Und so spielte das WDR-Rundfunk-Orchester, das demnächst als Funkhaus-Orchester firmiert, zum Amtsantritt des bekennenden Marathon-Manns den Klassiker der Neuen Deutschen Welle. Tatsächlich könnte den Sender bald so etwas wie eine neue Welle erfassen, wenn Buhrow meint, was er sagt: mehr Experimente.

Piel äußerte sich zu den Gründen ihres Rückzugs

Doch bei der Staffelstab-Übergabe im Funkhaus Wallraf-Platz äußerte sich zunächst die überraschend nach sechsjähriger Amtszeit ausgeschiedene Intendantin. Piel ließ erstmals konkreter durchblicken, warum sie sich für nahezu alle Beteiligten überraschend von ihrem Amt zurückgezogen hatte – und das kurz vor Beginn ihrer zweiten Amtszeit. Bei einem medizinischen Check-Up sei ihr die gelbe Karte gezeigt worden, bekannte die Rundfunk-Managerin, die die erste Frau auf dem WDR-Chefsessel und die erste ARD-Vorsitzende war.

Piel wirkte im Vergleich zur Schlussphase ihrer Amtszeit erholt, entspannt, ja witzig. Die Gremien-Vorsitzenden, Ruth Hieronymi vom Rundfunkrat und Ludwig Jörder vom Verwaltungsrat, dankten ihr für Offenheit und Kooperationsbereitschaft.

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„Tom Buhrow, passen Sie gut auf den Sender auf“

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) attestierte Piel überdies, sich uneitel auf die Sache konzentriert zu haben.

Buhrow würdigte seine Vorgängerin, sie habe die Qualität der Sender-Inhalte gehalten, obwohl sie habe sparen müssen.

Piel wiederum nutzte die Gelegenheit, Buhrow ins Gewissen zu reden. Er solle nicht vergessen, Frauen in die Führungsetage zu holen. Zudem solle auch künftig die Bedeutung von Hörfunk sowie Klangkörpern - sprich: Chor, Orchester, Big Band - zu schätzen wissen. Piel: „Tom Buhrow, passen Sie gut auf den Sender auf!“

Buhrow nahm die Vorlage auf und bekannte sich demonstrativ zu Hörfunk und den mobilen Musikeinheiten des Senders. „Die Klangkörper müssen im Land sichtbar sein“, sagte er im Hinblick auf Konzerte zwischen Rhein und Weser.

„Wir wollen kein Mittelmaß“

Der neue Intendant skizzierte vor Würdenträgern aus dem Sender, aber auch aus der Politik, wo er Schwerpunkte setzen will. So ermutigte der Senderchef seine Mannschaft zu mehr Experimenten. Es dürfe auch mal etwas schiefgehen. Doch als Gesamtziel formulierte Buhrow: „Wir wollen kein Mittelmaß, wir wollen was wagen.“ Wobei er weiß: „Die Zukunft ist crossmedial.“ Das heißt: Buhrow weiß, dass sich die Grenzen zwischen den klassischen Medien Fernsehen, Hörfunk und Internet zunehmend auflösen. Den Zeitungsverlegern bot Buhrow Kooperation an. Als Gegner sieht er nicht näher bezeichnete „Global Player“ auf dem Medienmarkt. Es liegt nahe, dass Buhrow dabei an Unternehmen wie Google und Facebook denkt.

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Zugleich ist sich Buhrow klar darüber, dass die Gebühren-Einnahmen nicht wachsen werden. Im Gegenteil: „Wir werden mittel- und langfristig sparen müssen.“ Dabei setzt er auf Gespräche mit dem Personalrat. Nebenher sandte Buhrow die Botschaft aus, an der Qualität der Inhalte zuletzt sparen zu wollen. Gut gemeint, gewiss. Was Buhrow von seinen guten Absichten tatsächlich umsetzen kann, bleibt abzuwarten. Sein Erfolg hängt auch von der Zusammenarbeit mit den Gremien ab.

Intendant sieht sich als „Botschafter des WDR“

Die Vorzeichen stehen gut. Kommunikationstalent Buhrow wurde mit breiter Mehrheit gewählt. Und er sieht sich selbst auch als „Botschafter des WDR“. Der Mann, der im Nebenfach Rheinische Landeskunde studierte, will nicht nur im Funkhaus Präsenz zeigen, sondern auch bei den Gebührenzahlern, im Rheinland wie in Westfalen. Verwaltungsratsvorsitzender Jörder vernahm die Botschaft gern. Er kommt aus Dortmund.