Berlin. Gute Quoten, steigende Online-Abrufe, Top-Thema bei Twitter und Facebook: Die ARD-Reihe “Tatort“ war selten so beliebt wie zuletzt. Am Sonntag (23.6.) läuft die letzte Erstausstrahlung der Saison 2012/13. Ein paar “Tatort“-Stichwörter, um nicht den Überblick zu verlieren.
Die "Tatort"-Saison geht an diesem Sonntag (23.6.) zu Ende - die neue Saison mit Erstausstrahlungen geht erst am 18. August wieder los - mit einem Schweizer "Tatort". Selten war die ARD-Reihe so beliebt wie 2012/2013.
Und selten war so viel los. Gleich vier neue Ermittler starteten: in Dortmund (Jörg Hartmann als Faber), in Saarbrücken (Devid Striesow als Stellbrink) sowie zweimal in Hamburg (Til Schweiger als Tschiller und Wotan Wilke Möhring als Falke).
Erfolgreich war an zwei Adventssonntagen auch der Charlotte-Lindholm-Doppelkrimi, in dem Maria Furtwängler skrupellosen Strippenziehern der Zwangsprostitution auf der Spur war. Die Filme "Wegwerfmädchen" und "Das goldene Band" erinnerten ein bisschen an den Dominik-Graf-Mehrteiler "Im Angesicht des Verbrechens" von 2010.
Was sonst noch wichtig war in dieser "Tatort"-Saison, anhand einiger Stichwörter:
Höhepunkt: Als einziger "Tatort" der Saison war der BR-Krimi "Der tiefe Schlaf" für den Grimme-Preis 2013 nominiert. In dem sonderbaren Film von Alexander Adolph (Erstausstrahlung: 30.12.) bekam der Zuschauer den phantomartigen Mädchenmörder nie zu sehen. Mit ständig neuen Hypothesen nervte der neu zugewiesene Assistent Gisbert (Fabian Hinrichs) die Kommissare Leitmayr und Batic (Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec).
Tiefpunkt: Der SR-"Tatort" mit dem Titel "Eine Handvoll Paradies" (7.4.) wurde zu einem vieldiskutierten Film. Der Krimi rund um eine Rocker-Gang gehört in der Rangliste der Fan-Seite "tatort-fundus.de" zu den meistkommentierten Folgen überhaupt. Der zweite Fall der Figur Jens Stellbrink (Devid Striesow) kommt dort in der Bewertung nur auf einen der letzten Plätze von inzwischen fast 900 "Tatorten".
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Quoten: Es war ein Duell mit Ankündigung. Alle Fans erwarteten, dass der erste actionreiche Til-Schweiger-Tatort "Willkommen in Hamburg" von Regisseur Christian Alvart eine hohe Quote holt und womöglich besser abschneidet als die klamaukigen Krimis aus Münster. Und so kam es dann auch - gut 12,6 Millionen sahen den Krimi am 10. März, mehr als den münsterschen Fall "Das Wunder von Wolbeck" im November. "Fulminante "Tatort"-Premiere für Til Schweiger" lobte sich der NDR. "Der neue Hamburger "Tatort" ist der erfolgreichste seit zwei Jahrzehnten." Zwei Wochen später (24.3.) schlug der WDR jedoch mit "Summ, summ, summ" zurück - und holte 12,8 Millionen Zuschauer, so viele, wie kein "Tatort" seit September 1993 hatte. Die Münster-Stars Axel Prahl und Jan Josef Liefers hatten prominente Unterstützung von Roland Kaiser, der einen Schlagerstar namens Roman König mimte. Und so war der Schweiger-Rekord rasch gebrochen.
Team-Inflation: Selbst bei ARD-Oberen gibt es inzwischen Unmut über die gewachsene Zahl von "Tatort"-Ermittlern. Ende Mai sagte SWR-Intendant Peter Boudgoust. "Wir kommen jetzt an eine Grenze. Man sollte auch nicht die Reihe "Tatort" überstrapazieren." Mit den beiden noch dieses Jahr startenden Teams gibt es zurzeit 21 verschiedene "Tatorte" - einige laufen mehrmals, andere nur einmal pro Jahr. Wenn keiner aussteigt und der Bayerische Rundfunk 2014 noch seinen Franken-"Tatort" realisiert, den er im Oktober ankündigte, gibt es bald sogar 22 Teams.
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Personalien: In Frankfurt steht schon wieder ein Wechsel an (der letzte war erst 2011): Am 28. Mai wurde bekannt, dass Joachim Król seine Rolle als Kommissar Frank Steier aufgibt. Er soll im November seinen letzten, insgesamt siebten Fall drehen. "Langsam wird die Dienstquittiererei seltsam", meinte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Bereits im Oktober hatte Nina Kunzendorf angekündigt an Króls Seite als Ermittlerin Conny Mey aufzuhören. Der letzte Fall mit ihr lief am 14. April. "Nina fehlt mir", sagte Król laut Mitteilung. Der Hessische Rundfunk (hr) hat bereits die Schauspielerin Margarita Broich, die Frau des Leipziger "Tatort"-Stars Martin Wuttke (alias Keppler) verpflichtet. Sie wird nicht mit Król zusammen drehen und wohl 2014 antreten.
Deja-vu-Effekte: Manchem Zuschauer fällt beim "Tatort" die scheinbar begrenzte Zahl von deutschen Schauspielern auf - immer wieder tauchen dieselben Gesichter auf. Sylvester Groth zum Beispiel, sicherlich ein hervorragender Darsteller, war diese Saison dreimal zu sehen: als Gefängnischef im Frankfurter Fall "Wer das Schweigen bricht" (14.4.), als ominöser Spediteur im Leipziger Krimi "Schwarzer Afghane" (17.3.) und als verzweifelter Ehemann im Bodensee-"Tatort" "Die schöne Mona ist tot" (3.2.). Auch Bernhard Schir spielte in drei "Tatort"-Krimis mit: im NDR-Doppelkrimi "Wegwerfmädchen"/"Das goldene Band" (9./16.12.) sowie im Leipziger Fall "Die Wahrheit stirbt zuerst" (16.6.). Und auch der neue, milchtrinkende NDR-Kommissar Wotan Wilke Möhring, der mit seinem Einstiegs-Fall "Feuerteufel" (28.4.) gleich 10 Millionen Zuschauer erreichte, stellte wenige Wochen davor noch einen Verdächtigen dar.
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Themen: Als gesellschaftlich relevant fielen wieder "Tatort"-Krimis aus Wien, Kiel oder Frankfurt auf, etwa "Zwischen den Fronten" (17.2.) über Verstrickungen von Verfassungsschutz und Rechtsterrorismus in Österreich, "Borowski und der freie Fall" (14.10.) mit Anleihen an die Barschel-Affäre oder aber "Im Namen des Vaters" (26.12.) über die Tücken des Beichtgeheimnisses. Als besonders gruselig blieb der Kieler Fall "Borowski und der stille Gast" (9.9.) in Erinnerung mit einem fulminanten Lars Eidinger als Psychopath. Manche Themen und Motive gab es in den vergangenen Monaten doppelt. Um Kindesentführung ging es einmal in Köln ("Trautes Heim", 21.4.) und einmal in Berlin ("Machtlos", 6.1.). Brennende Menschen kamen einmal in Leipzig ("Schwarzer Afghane", 17.3.) und einmal in Kiel vor ("Borowski und der brennende Mann", 12.5.).
Ausblick I: Der MDR beschert dem Publikum in der zweiten Jahreshälfte zwei Premieren: Am 17. November soll der erste "Tatort" aus Erfurt laufen. Es ermitteln die Kommissare Henry Funck (Friedrich Mücke) und Maik Schaffert (Benjamin Kramme) sowie die angehende Staatsanwältin und Polizei-Praktikantin Johanna Grewel (Alina Levshin).
Ausblick II: Zu Weihnachten dann, am 26. Dezember, soll die neue Tradition des Weihnachts-"Tatorts" aus Weimar starten: Der im April gedrehte MDR-Film (voraussichtlicher Titel "Die fette Hoppe") dreht sich um eine Entführung und um Thüringer Rostbratwurst. Akteure: das Duo Kira Dorn und Lessing (Nora Tschirner und Christian Ulmen). (dpa)