München. . Mit dem Film “Liebesgrüße aus der Lederhos'n“ brach Anfang der 70er Jahre ein neues Filmgenre über die Bundesrepublik herein. Mit viel nackter Haut und fragwürdigem Witz lockten Lederhosen-Sexfilmchen Millionen in die Kinos. Millionen Zuschauer zogen diese Sex-Klamotten damals in die Kinos.

"Das sind die Liebesgrüße aus der Lederhos'n. Da weiß man, was bei uns steht." Mit diesem Titelsong brachen 1973 die "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" über Deutschland herein und begründeten einen heute skurril wirkenden Trend im deutschen Kino: den Lederhosenfilm mit viel nackter Haut, prallen Dirndl-Dekolletés und flachem Humor.

Laut "Spiegel Online" war der Film von Regisseur und "Softporno-König" Franz Marischka damals der bestbesuchte deutsche Film des Jahres. Zwar gab es auch vorher schon Film(s)experimente auf der Alm mit Streifen wie "Alpenröschen im Dirndlhöschen" oder "Pudelnackt in Oberbayern", der ganz große Boom aber begann mit den "Liebesgrüßen".

Ein Jahr später kam "Auf der Alm da gibt's koa Sünd" in die Kinos. 1,2 Millionen Zuschauer sahen sich die Sex-Klamotte an. "Es war zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige Genre", sagt David Spiehs, der Geschäftsführer der Produktionsfirma Lisa Film. Sein Vater Karl hat den Film und andere Klassiker des Genres produziert. "Ich bin mit diesen Filmen aufgewachsen", sagt Spiehs (Jahrgang 1974), der als Geschäftsführer von Lisa Film in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. "Heimatfilme haben in Deutschland ja schon immer gut funktioniert."

Lederhosenfilme wollten "die Angst vor Sex auf der Leinwand nehmen"

"Die Idee war, die sexuelle Revolution der späten 1960er auch kommerziell auszuschlachten und für das Kleinbürgertum aufzubereiten", sagt der Soziologe Sven Lewandowski, der ein Buch über "Die Pornographie der Gesellschaft" geschrieben hat. Während in den USA bereits die ersten Hardcore-Pornos wie der Klassiker "Deep Throat" (1972) auf den Markt kamen, habe man in Deutschland noch behutsamer vorgehen müssen.

"Man wollte die Angst vor Sex auf der Leinwand nehmen, indem man ihn mit einer Pseudo-Witzigkeit paart, wie sie in der Zeit zum Beispiel auch in Bud Spencer-Filmen vorkam." Um die Erotik der Lederhose ging es seiner Einschätzung nach dabei nicht. Schließlich feierten auch Filme wie die der berüchtigten "Schulmädchen-Report"-Reihe damals große Erfolge. "Das Rezept lautete: nackte Haut und Sex plus X."

Undatiertes Szenenfoto aus dem Film «Auf der Alm da gibts koa Sünd». Mit dem Film «Liebesgrüße aus der Lederhosn» brach Anfang der 1970er Jahre ein neues Filmgenre über die Bundesrepublik herein - der Lederhosensexfilm. (Foto: dpa)
Undatiertes Szenenfoto aus dem Film «Auf der Alm da gibts koa Sünd». Mit dem Film «Liebesgrüße aus der Lederhosn» brach Anfang der 1970er Jahre ein neues Filmgenre über die Bundesrepublik herein - der Lederhosensexfilm. (Foto: dpa)

Zahlreiche Produzenten sprangen auf den "Sexexpress aus Oberbayern" (Filmtitel von 1977) auf. Gemeinsam haben die Filme, dass zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die Lederhose runtergelassen und das Dirndlröckchen gehoben wird. Anarchisch könnte man das wohlwollend nennen - oder auch sinnbefreit. Das Frauenbild: eine Katastrophe, das Männerbild: auch. "Spiegel Online" zitiert das Heyne-Filmlexikon: "Bayerische Buam bumsen brünstige Blondinen. Ein wirklich intellektuelles Vergnügen."

Kurzes Revival im Nachtprogramm von RTL und Co.

Die "Liebesgrüße aus der Lederhos'n" brachten es auf insgesamt sieben Filme. Den letzten mit dem Untertitel "Kokosnüsse und Bananen" gab es im Jahr 1990. Da war der Höhepunkt längst vorbei. Zwar erlebten die Sexfilmchen im Nachtprogramm der Privatsender ein kurzes Revival, die große Ära des Erotik-Unsinns in den Bergen aber war vorüber.

Jasper P. Morgan vermutet in seinem bildgewaltigen Buch "Die sündige Alm - Die deutsche Sex-Komödie" auch späte Prüderie hinter dem Erlöschen des Alpenglühens. Als Beispiel nennt er den Film "Alpenröschen im Dirndlhöschen", der bei Erscheinen 1971 trotz (laut Drehbuch) minderjähriger Hauptdarstellerin, Sex mit dem Stiefvater und Sex-Geständnissen im Beichtstuhl nicht beanstandet wurde, 1985 als Videofassung aber auf dem Index landete. "Offenbar war also das Moralempfinden der Deutschen in den frühen Siebziegern wesentlich lockerer als zehn Jahre später", erklärt der Autor.

Soziologe Lewandowski sieht das anders: "Das Home-Video brachte den Zugang zu Hardcore-Pornografie außerhalb von Porno-Kinos im Bahnhofsviertel." Heute gebe es einfach keine Klientel mehr für die Sex-Filmchen. "Sie sind nicht ironisch genug und nicht pornografisch genug."

Eine Geschichte der Lederhosenfilme in elf Titeln

Liebesgrüße aus der Lederhosn

1973

Alpenglühn im Dirndlrock

1973

Auf der Alm da gibts koa Sünd

1974

Ach jodel mir noch einen

1974

Liebesgrüße aus dem Lederhöschen - Wo der Wildbach durch das Höschen rauscht

1974

Beim Jodeln juckt die Lederhose

1974

Drei Oberbayern auf Dirndljagd - Was macht die Maus im Badehaus

1975

Liebesgrüße aus der Lederhose 3: Sexexpress aus Oberbayern

1977

Wirtshaus der sündigen Töchter

1978

Liebesgrüße aus der Lederhose 6: Eine Mutter namens Waldemar

1981

Liebesgrüße aus der Lederhose 7: Kokosnüsse und Bananen

1990

1/11

Für viele Schauspieler aber war die sündige Alm die erste Stufe auf der Karriereleiter. Peter Steiner zum Beispiel, später mit seinem "Theaterstadl" berühmt, spielte zumindest gefühlt in jedem zweiten dieser Filme mit. Elisabeth Volkmann, "Klimbim"-Ulknudel und später deutsche Synchronstimme von Marge Simpson, spielte die Hedda in "Alpenglühn im Dirndlrock".

Auch Liedermacher Konstantin Wecker gab sich die Ehre in einem Klassiker des Genres: 1974 spielte er - wie übrigens auch Annemarie Wendl, die "Else Kling" aus der "Lindenstraße" - in dem Film "Unterm Dirndl wird gejodelt" mit. Reden möchte er heute nicht mehr gerne über diese Rolle. Aber er tut das einzige, was bei diesem Auswuchs des deutschen Films Sinn macht: Er nimmt es mit Humor. (dpa)