Köln. Einst galt sie als Sexsymbol schlechthin. Dann kamen Alkohol und Depressionen. Heute muss Ingrid Steeger (65) ihre Rente mit Theaterspielen aufbessern. Aber sie tut es gerne.
Vor etwa vierzig Jahren wurde Ingrid Steeger als Deutschlands Sexsymbol gefeiert, vor Millionen zeigte sie ihre schön gestrapsten Schenkel. Der Boulevard war ihr Leben, der sie auch dann vereinnahmte, als es bergab ging: Ingrid Steeger am Ende, Hartz IV, Alkohol und Depressionen. Ein Nummerngirl, das in der Gosse saß – welch ein gefundenes Fressen. „Es war ein Schock, so etwas über sich lesen zu müssen.“
Wie oft hatte sie diesen Satz gesagt, in all den Talkshows, als sie krampfhaft versucht hatte, aus der Versenkung wieder ins Rampenlicht zu gelangen. Doch gebracht hat es ihr nichts. Im Fernsehen zogen sich längst andere aus. Und als seriöse Schauspielerin wollte sie auch keiner so recht besetzen.
Leckerlis für die Hündin
Jetzt steht sie da in ihrem dicken Parka. Graue Wollmütze auf dem Kopf. Eine kleine Frau, 65 Jahre alt. Es ist Mittagszeit, das Theater am Dom, wo sie zur Zeit im „Kurschattenmann“ spielt, ist noch leer. Sie stellt die Tasche ab, kramt drin herum, holt ein Plastikdöschen heraus. Leckerlis für Eliza. Die Yorkshire-Terrierhündin ist in bester Gesellschaft: Grete Weiser, Heidi Brühl, Gunther Philipp, Claus Biederstaedt lächeln auf großen Fotos von den Wänden herab.
Ingrid Steeger legt die große Sonnenbrille ab, die ihr seltsamerweise nichts Glamouröses, sondern eher etwas Verlorenes verleiht. „Ich spiele mit Simone Rethel, Beatrice Richter und Volker Brandt“ – sie spricht die Namen mit einem gewissen Trotz aus, als wollte sie sagen: Geht doch! Die Vorstellungen sind gut besucht. Dabei möchte sie am liebsten alles bewenden lassen, bloß nicht über ihre Geschichte reden. „Das ermüdet mich“, sagt sie. Aber sie arbeitet an einer Biografie, die sie verkaufen will. Da kann sie jetzt nicht einfach dichtmachen.
„Ich habe einige Krisen durchgemacht.“ Drei Monate Hartz IV, weil das ganze Geld weg war. Meist für andere, sagt sie. „Ich hatte immer ein Helfersyndrom.“ 70 000 Euro weg, weil die Steuerberaterin sie betrogen habe. Viel Geld weg für Bedürftige. Und das meiste Geld weg für die Männer, die sich von ihr aushalten ließen. Die Männer! So, wie sie aussah, standen die Schlange. Künstler aller Art, Schauspieler, Fotografen, und auch ein Indianer war dabei. Gut ausgegangen ist keine Beziehung. Für Regisseur Dieter Wedel war sie über Jahre nur die Zweitfrau. Wenn sie „Männer“ sagt, kriegt ihr immer noch schönes Gesicht etwas Hartes. Nichts als Enttäuschungen. Michael Pfleghar, der sie zu „Klimbim“ holte und mit dem sie auch zusammen war, habe den Humor aus ihr herausgeprügelt, sagte sie einmal in einem Interview. In die ganze Branche sei sie doch nur zufällig reingerutscht.
Raus aus der Luxuswohnung
Aber was hat die Steeger dann für einen Klamauk ins TV gebracht, ihr Schlitz-im-Kleid ist legendär. Doch Klimbim ging in die Binsen. Als 2004 die „Klimbim-Familie“ fürs Theater reanimiert wurde, war bald wieder Schluss. Elisabeth Volkmann, Horst Jüssen tot. Peer Augustinski erlitt einen Schlaganfall. Wieder stand die Steeger da. Kleine Rente, dicke Zahlung für die Krankenversicherung — das hieß: raus aus der Luxuswohnung, rein ins kleine Apartment in München. „Welcher Künstler hat denn früher ans Alter gedacht?“
Jetzt steht sie im Keller vor dem Spiegel in ihrer Garderobe. „Eine Frau, die sagt, dass sie das Alter schön findet, lügt. Der Körper verändert sich, außen wie innen.“ Sie räuspert sich, hofft, dass die Stimme trägt. „Als Schauspielerin darf man nicht krank werden. Am Theater wird pro Vorstellung bezahlt.“ Sie wirkt abgekämpft.
Doch oft gehe es in ihrem Job um mehr als ums pure Geldverdienen. Wie im Theaterstück „Gatte gegrillt“. Die Geschichte eines Mannes, der seine Frau nach Strich und Faden betrügt, ist ihr ans Herz gewachsen. „Das ist mein Stück. Eine Art Tragikomödie.“