Essen. Wohlfühlen sollen sich die Kunden beim Einkauf bei Rewe und Edeka. Dafür zahlen sie gerne auch mal mehr. Das lohnt sich allerdings nicht immer, wie der „ARD-Markencheck“ jetzt zeigt. Hinter dem schönen Schein verstecken sich nämlich allerlei Verkaufstricks, die manchmal an die moralische Grenze gehen.

Der schöne Schein versteckt sich im Kittel des Verkäufers hinter der Fleischtheke, auf dem Boden neben dem Salatkopfsortiment und vor allem auf Augenhöhe eines jeden Regals. Doch obwohl diese Psychotricks schon lange bekannt sind, wundert sich der Kunde darüber, wie leicht er zu manipulieren ist. Besonders die Kunden der Supermarktketten Rewe und Edeka. Jetzt hat ARD diese beiden Geschäfte im „Markencheck“ genau unter die Lupe genommen.

Sie dürfen O-Saft schlürfen und Käsewürfelchen naschen: Die Testpersonen für den Verkaufsmaschen-Test haben die ARD-Redakteure dieses Mal in der Essener Innenstadt gefunden. Es wundert nicht, dass der Orangensaft und der Käse, die beide aus einem niederländischen Supermarkt stammen, den Probanden nicht immer gleich schmeckten. Stand Rewe oder Edeka auf der Herkunftstafel, war der Saft auf einmal „fruchtig, aber nicht zu süß“ und der Käse „würzig und nicht zu weich“. Im Grunde genommen aßen die Essener Passanten keine Lebensmittel, sondern nur ihre Vorstellung davon. „So funktionieren Marken“, erklärt Marketingexperte Achim Fringes. Ein ernüchterndes Ergebnis, das auch in den anderen Versuchen belegt wird. Ein bisschen schämt man sich hier für seine Dummheit.

Wie Rewe und Edeka die Kunden hinters Licht führen

Verführung oder Lüge – der Grad ist schmal. Im Grunde genommen haben Edeka und Rewe ein erfolgreiches Kunststück gemeistert: Den Kunden das Gefühl geben, dass ihre Waren mehr wert sind. Daran ist nichts Verwerfliches. Und doch fühlt man sich als Kunde – gelinde gesagt – hinters Licht geführt.

Dummerweise sind die Produkte der beiden Supermärkte laute der ARD-Testergebnisse nicht qualitativ hochwertiger als die ihrer günstigeren Discounter-Konkurrenten Lidl oder Aldi. Der Feldsalat gammelt im gleichen Tempo vor sich hin und auch die braunen Stellen an den Zucchini sind nach fünf Tagen alle gleich groß. Im Geschmackstest, bei dem ein Sternekoch Gerichte aus Produkten der jeweiligen Anbieter kredenzt, liegt sogar Aldi vorne.

ARD-Markencheck zieht Vergleich mit Aldi und Lidl

Glücklicherweise ist ein Besuch bei Rewe oder Edeka nicht zwangsläufig teurer als im Discounter. Vorausgesetzt man lässt sich beim Schlendern durch die angenehm ausgeleuchteten Gänge nicht von diversen Sonderangeboten verführen. Das taten nämlich die Testkäufer, angeblich sogar ganz bewusst. Greift man auf die Hausmarkten „Gut und Günstig“ oder „Ja!“ zurück, kommt man sogar auf den Cent genau so günstig weg wie bei einem Besuch bei Lidl oder Aldi.

Denn dort, so erklärt Edeka-Kaufmann Heinz Wilhelm Paschmann im ARD-Markencheck, seien die Filialen an den Discounterpreis gebunden. Sprich: Wird die Butter bei Aldi billiger, wird sie es ein paar Stunden später auch bei Rewe und Edeka. Die meisten Produkte der günstigen Eigenmarken sind übrigens dieselben wie die der edlen Eigenmarken. Hier kann man als Zuschauer und höriger Kunde ganz kurz aufatmen bis die ARD-Redaktion zum Fairness-Test überleitet.

Schlimme Bedingungen bei der Produktion

Und obwohl in Punkto Fairness kein Großkonzern einen leichenlosen Keller hat, wundert man sich hier aufs Neue. Rewe wirbt mit dem „Pro Planet“-Logo dafür, dass sich das Unternehmen bei den Erzeugern der Lebensmittel, hauptsächlich in Spanien, für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzt. Ob man es eine Verbesserung nennen kann, wenn Lohnarbeiter in Wellblechhütten mitten auf den Gemüseplantagen wohnen? „Hier drin lebt man wie ein Sklave, nachts werden die Tore geschlossen und man kommt nicht raus“, erzählt ein Betroffener.

Auch die Erntehelfer, die in einen Haus mit vier Wänden wohnen, berichten Schlimmes von den Bedingungen in den Produktionen: Sei jemand krank, werde er entlassen, ebenso, wenn man zu lange auf der Toilette sei. Fairness sieht anders aus. Und wieder erlebt der Zuschauer einen Pressesprecher, der sich nur unzureichend rausreden kann.

Hinter dem Supermarktregal versteckt sich eben doch eine ganze Menge "Dreck"

Aber mal ehrlich: Spanien ist doch weit weg. Sofern die Angestellten der beiden Supermarktketten Rewe und Edeka hier in Deutschland gut behandelt werden, ist doch alles in Ordnung. Nur leider trifft auch das nicht immer zu. Der Kochschinken beim Rewe-Zulieferer Wilhelm Brandenburg werden von rumänischen Leiharbeitern mit Werksverträgen für 7,50 Euro die Stunde gewürzt. Verkäuferinnen in Filialen berichten im ARD-Markencheck davon, dass sie vertraglich zu unbezahlten Überstunden verpflichtet sind. Hinter dem angenehm beleuchteten Supermarktregal versteckt sich eben doch eine ganze Menge Dreck. Kann uns aber doch egal sein, solange der Preis stimmt.