Berlin. Zahlt die größte deutsche Supermarktkette ihren Mitarbeitern immer häufiger nur Niedriglöhne? Die Gewerkschaft Verdi sagt Ja. Sie spricht von gezieltem Lohndumping. Edeka weist die Kritik zurück.

Zwischen der Supermarktkette Edeka und der Gewerkschaft Verdi ist Streit um die Ausgliederung von Filialen aus dem Edeka-Verbund entbrannt. Edeka verwahrte sich am Montag gegen den Vorwurf, eine Übergabe von Märkten an Selbständige diene dem Lohndumping. Wenn ein Kaufmann einen Markt übernehme, blieben "die tarifvertraglichen Rechte der Arbeitnehmer mindestens für ein Jahr bestehen", erklärte Edeka in Hamburg. Die Regionalgesellschaft Hannover-Minden habe sogar drei Jahre Bestandsschutz für Tarifverträge vereinbart.

Verdi bemängelte dagegen, dass die größte deutsche Supermarktkette die Ausgliederung von Filialen zum Aufbau eines Niedriglohnbereichs nutze. "Edeka übergibt immer mehr eigene Filialen an selbstständige Händler, und danach werden häufig Tarif- durch Dumpinglöhne ersetzt", sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft. Nach der Privatisierung von Filialen seien Tarifverträge dort nur noch ein Jahr gültig.

Fast die Hälfte der Edeka-Beschäftigten arbeitet für selbständige Händler

Nach übereinstimmenden Angaben von Edeka und Verdi sind derzeit 140.000 der 306.000 Edeka-Mitarbeiter bei selbstständigen Händlern tätig. Edeka privatisierte demnach seit dem Jahr 2003 rund 1.050 vorher zum Verbund gehörende Filialen. Durch die Privatisierungen hätten die Beschäftigten der Filialen oft den Schutz von Tarifverträgen oder Betriebsräten verloren, sagte die Gewerkschaftssprecherin weiter.

Edeka bezeichnete allerdings die von selbstständigen Kaufleuten geführten Märkte als Kerngeschäft der Kette. Der Verbund habe die Erfahrung gemacht, "dass Lebensmittelmärkte in der Hand von selbstständigen Kaufleuten sich wirtschaftlich langfristig deutlich besser entwickeln", erklärte die Kette. Dort liege auch die Entlohnung in der Verantwortung der selbstständigen Kaufleute.

Zudem legt Edeka nach eigenen Angaben Wert auf partnerschaftlichen Austausch mit den Gewerkschaften. Allen Mitarbeitern sei es möglich, Betriebsräte zu gründen, betonte die Kette. Der Verbund habe aber keinen Einfluss darauf, wenn Mitarbeiter dies nicht im von Verdi gewünschten Maß machen wollten.

Auch die Handelskette Rewe wird von Verdi kritisiert

Die Verdi-Sprecherin bemängelte, dass die Übergabe von Märkten an selbstständige Händler oft mit der Flucht aus dem Tarifvertrag einhergehe. Die gleiche Strategie verfolge jedoch auch die Handelskette Rewe. Dort habe der Niedriglohnbereich allerdings nicht das gleiche Ausmaß wie bei Edeka.

Die Gewerkschaft will am 7. November eine Broschüre mit dem Titel "Neue schöne Handelswelt!?" online veröffentlichen. In der Broschüre werden die privatisierten Filialen als neues Betriebsformat des Einzelhandels bezeichnet. Das habe zum Ergebnis, "dass ca. 250.00 Beschäftigte ohne tariflichen Schutz und ohne den Schutz von Betriebsräten direkt oder indirekt von Dumpinglöhnen betroffen sind".

Schwarzbuch warf Lidl Verletzung von Arbeitnehmerrechten vor

Verdi hatte im Jahr 2004 in einem Schwarzbuch Verletzung von Arbeitnehmerrechten beim Discounter Lidl kritisiert. Vor drei Jahren warf die Gewerkschaft der mittlerweile vom Markt verschwundenen Drogeriekette Schlecker vor, im Zuge der Gründung neuer XXL-Märkte Tarifverträge auszuhebeln.

Die Verdi-Sprecherin betonte aber, dass gegen Edeka keine Kampagne geplant sei. Die Broschüre kritisiere eine im gesamten Lebensmittelhandel verbreitete Praxis. (dapd)