Köln. Nach dem Erfolg der Pseudo-Doku „Berlin – Tag und Nacht“ legt RTL 2 mit „Köln 50667“ nach. Der NRW-Ableger setzt auf den bewährten Mix aus Partys, Tattoos und frei assoziierenden Beutelmützenträgen. Erstaunlich ist nur die kluge Internet-Einbindung von “Köln 50667“ – sie weist in die Zukunft.
Schade, dass die Quotenmessgeräte nicht erfassen, wer ernsthaft fernsieht und wer ironisch. Im Falle von „Köln 50667“ würde man sich wundern. Wer meint, die neue RTL-2-Serie würde bevorzugt von amüsierten Studenten im Trash-Modus geguckt, täuscht sich. Dagegen spricht vor allem die Facebook-Seite. Hier werden die „Handlungsstränge“ in Echtzeit diskutiert. „Wie künstlich die lacht!“, echauffiert sich Nutzerin Yeliz unter einem Foto der Hauptdarstellerin. „Meike, du bist dumm“, findet auch „Nana“ ein paar Einträge später. Zuschauerin Anna schreibt: „Meike, keiner will dich in Berlin und keiner will dich in Köln!“ Soviel zum ironischen Gucken.
"Köln 50667" ist ein Facebook-Phänomen
Mehr als 340 000 Personen gefiel die Facebook-Seite von „Köln 50667“ am Wochenende. Da war noch nicht eine Folge bei RTL 2 gelaufen. Bei aller Bräsigkeit der Serie – das Social-Media-Konzept ist clever und funktioniert. Ein paar Beispiele: Wenn der geldgeile Max im Fernsehen ein Handyfoto seiner Freundin schießt, landet es im Netz. Barbesitzer Alex kündigt die nächste Party samt Special Guest bei Facebook an, während seine aus Berlin hinzugezogene Freundin per Video von ihrem mauen Empfang am Rhein erzählt. Ein Großteil der Internet-Fans diskutiert das, als sprächen sie über reale Freunde – oder Feinde.
Die "Stars" aus "Köln 506667"
Bewusst oder unbewusst zeigt „Köln 50667“, wie gut das Format der Doku-Soap zu Facebook passt. Ultraschlichte Story und Holzschnittfiguren sind plötzlich von Vorteil. Wer nur mit einem Auge hinguckt (weil das andere im Internet hängt), hat so gut wie nichts verpasst und kommt schnell wieder rein. Auch die Charaktere passen zu den Social-Media-Optionen. Aus „gut“ und „böse“ wird „Gefällt mir/gefällt mir nicht“. Letzteres drückt man halt im Kommentarkasten aus. Das Prinzip der Live-Kommentare, das sich bei manchen „Tatorten“ schon bemerkbar macht, treibt RTL 2 bei „Köln 50667“ auf die Spitze. Hier wird quasi durchgehend auf zwei Monitoren geguckt.
Trash-Format "Köln 50667" wird die TV-Landschaft beeinflussen
Für Kulturkritiker ist diese Art zu schauen - wie bei „Köln 50667“ - wahrscheinlich die nächste Eskalationsstufe im ADS-Zeitalter. Befürworter werden die Multitasking-Fähigkeit einer neuen Generation loben. Tatsache ist: In der Social-Media-Einbindung stecken auch interessante Möglichkeiten für Serienschreiber. Zuschauer-Feedback könnte zurückwirken auf die Handlung; Charaktere könnten twittern oder posten. Ob man das für Schnickschnack hält oder nicht – einen Teil der TV-Landschaft wird diese Entwicklung beeinflussen. Nicht nur das Trash-Fernsehen.