Köln. Manchmal reichen fünf Minuten, um sich sehr alt zu fühlen. Fünf Minuten von „Germany’s Next Topmodel“, zum Beispiel. Das Finale glich einem kakophonischen Ausnahmezustand, der selbst für MTV- und klingeltonsozialisierte Zuschauer schwer auszuhalten war. Was verstanden wurde: Sara hat gewonnen.

„Ist es zu schrill, bist Du zu schwach.“ Unter diesem Motto schien der ganze Abend des Finales von "Germany's Next Topmodel" zu stehen. Für die letzte Folge des Modelwettbewerbs hatten sich die Macher für eine Direkt-Übertragung aus der Kölner Lanxess-Arena entschieden. Es wurde ein Paradebeispiel dafür, dass manche Showideen nicht fürs Live-Format geeignet sind.

Die bisherigen Folgen von GNTM funktionierten stets wie eine professionell gedrehte Seifenoper. Im Gegensatz dazu bewegte sich die Live-Sendung über weite Strecke im dramaturgischen Vakuum, das mit jedem „Wow!“, „Was geht ab, Köln?“ und „Seid Ihr gut drauf?“ nur noch leerer wirkte.

Nervosität vor 15 000 Fans

Das Finale deckte zur Abwechslung mal nicht die Schwächen der Kandidatinnen auf, sondern die der Jury. Die erwies sich zum Großteil als überfordert mit der Live-Situation: Klum moderierte mit starrem Telepromterblick und einer Stimme, die sich als echter Tinnitusgenerator erwies. Auch den aufgekratzten Co-Juroren Peyman Amin und Rolf Schneider hätte man gerne den Entkoffeinierten hingestellt. Nun ist Nervosität vor 15 000 Fans und Millionen Fernsehzuschauern natürlich keine Schande. Wäre der Rest der Sendung nur nicht so schlecht gewesen.

Allen voran die Interviewfragen von Backstage-Moderatorin Charlotte Engelhardt: „Wie fühlst Du Dich?“, „Bist Du nervös?“, „Willst Du immer noch ‚Germany’s Next Topmodel’ werden?“ oder (zu einer Vorrundenkandidatin gewandt): „Hättest Du nicht auch gerne beim Finale mitgemacht?“ Fehlten nur „Was sind Deine Hobbys?“ und „Hast Du Geschwister?“

Pyrotechnik, Geflacker und Konfetti

Monumentalkulisse, Special Effects und das ständige Anpeitschen des Publikums hatten zur Folge, dass man sich irgendwann auf der Großveranstaltung einer besonders fanatischen Sekte wähnte – ein Eindruck, der an mehreren Stellen der Sendung verstärkt wurde. Etwa bei den herabschwebenden „Engeln“ am Anfang der Sendung oder beim Auftritt des (schwarzen) Fotografen Marc Baptiste, der mehr an einen Gospelprediger erinnerte. Um das Bild zu komplettieren, bezeichnete Heidi Klum die Bekanntgabe der Gewinnerin am Ende als „Verkündigung.“

Nach zwei Laufsteg-Runden, drei Bandauftritten, viel Pyrotechnik, Geflacker und Konfetti waren die Nerven endgültig gespannt wie „Bratseile“ (Rolf) – leider lag das weniger an der anstehenden Entscheidung, als eher an dem dreistündigen Warten darauf, dass mal etwas wirklich Relevantes passiert. Und so hatte der Sieg von Sara für alle etwas Erlösendes. (Womit wir ein letztes Mal beim Religions-Motiv wären.)

Für die nächste Staffel würde man sich jedenfalls wünschen, die Macher würden auf das Live-Finale verzichten. Da haben die Konserven-Folgen dieser Model-Soap doch deutlich mehr Spaß gemacht.